«Fördern, fordern, aber nicht überfordern»

  01.01.2019 Hellikon

Vor über 20 Jahren konnte er sein grosses Hobby, die Musik, zu seinem Beruf machen. Anfang 2019 übernimmt der Dirigent Giuseppe Di Simone die Musikgesellschaft Hellikon und will sie regional noch bekannter machen.

Janine Tschopp

Als Bub spielte Giuseppe Di Simone Akkordeon. Warum hat er sich ausgerechnet für dieses Instrument entschieden? «Es war eigentlich der Wunsch meiner Eltern, aber ich habe mich nicht dagegen gesträubt», schmunzelt er. Auch wenn es eigentlich das Schlagzeug war, welches es ihm angetan habe. «Ich übte immer mit zwei Knebeln auf unseren Küchenstühlen.» Di Simone, der in Buchs aufgewachsen war und heute in Brittnau wohnt, spielte während vieler Jahre im Handharmonika Klub Aarau. Parallel dazu übte er für sich weiterhin Schlagzeug und lernte vieles autodidaktisch. «Mein Vater brachte mir eines Tages ein uraltes Occasions-Schlagzeug nach Hause», erzählt er.

Mit seinem ersten 13. Monatslohn als Bankangestellter kaufte er sich ein eigenes, neues Schlagzeug. Dann begann er Unterricht zu nehmen. «Mein Lehrer war mit meiner Musikalität und dem Groove zufrieden, mit der Technik gar nicht», erzählt Di Simone. Kein Wunder: Er habe einfach probiert nachzuspielen, was er beim Fernsehen aufschnappte.

Im Erwachsenenalter konzentrierte er sich nach und nach mehr aufs Schlagzeug zu Lasten des Akkordeons. Schlagzeug spielte er auch in einer kleinen Band und gründete zusammen mit einem Kollegen, der Trompete spielte, eine Big Band. Durch ein Mitglied der Big Band kam er dazu, als Ersatz-Schlagzeuger bei der Musikgesellschaft Muhen mitzuspielen.

Vom Bankangestellten zum Berufsmusiker
Die Musik nahm in Giuseppe Di Simones Leben eine immer wichtigere Rolle ein, und bald kam der Wunsch auf, sein Hobby zum Beruf zu machen. «Mein Schlagzeug-Lehrer schwärmte von der Jazzschule in Bern.» Di Simone schaffte den Vorkurs an diese Schule und durfte beim Schlagzeug- Lehrer Billy Brooks Unterricht nehmen. Er erinnert sich noch genau an seine erste Stunde beim bekannten Perkussionisten. «Das war eine harte Schule, aber es war cool», schwärmt er.

Er absolvierte während drei Semestern den Vorkurs an der Jazz-Schule. Den Sprung ins Studium habe er nicht geschafft, was vermutlich auch damit zu tun habe, dass er zwischenzeitlich mehr in der Blasmusik als im Jazz zu Hause war. Trotzdem wollte er sein Ziel weiterverfolgen, zu unterrichten und irgendwann von der Musik leben zu können. «Heinz Müller, damaliger Dirigent und heutiger Ehren-Dirigent der Musikgesellschaft Muhen, unterstützte mich dabei, meinen Traum umzusetzen.»

Anstelle des Studiums an der Jazz-Schule in Bern besuchte er drei Dirigentenkurse beim Aargauischen Musikverband und absolvierte zudem eine methodisch-didaktische Ausbildung. Bereits nach dem ersten Kurs engagierte ihn die Jugendmusik Oftringen-Küngoldingen als Dirigent. Später kamen die Vereinigten Harmonikaspieler Küttigen sowie die Jugendmusik Klingnau dazu, bei welchen er als Dirigent einstieg. Zudem unterrichtete er an verschiedenen Musikschulen.

Nachdem er zu Gunsten der Musik bei der Bank immer weniger arbeitete, gab er die Stelle dort irgendwann ganz auf. Sein Traum, von der Musik Leben zu können, setzte Giuseppe Di Simone vor gut 20 Jahren in die Wirklichkeit um.

«Ich liebe die Musik über alles»
Bei all seinen Engagements als Dirigent war und ist ihm das Menschliche immer sehr wichtig. «Wenn es menschlich kriselt, ist es schwierig, gute Musik zu machen», ist Giuseppe Di Simone überzeugt. Beim Dirigieren seiner Musiker sei er eine Rampensau. Aber eben, es funktioniere nur, wenn auch das Zwischenmenschliche stimme. Musik sei die einzige Sprache, in welcher man nicht lügen könne. «Ich liebe Musik über alles. Das Wichtigste für mich ist, offen und ehrlich zu sein. Und ich brauche ein gutes Instrument. Mein Instrument ist der Verein, welchen ich dirigiere», so Di Simone.

In seinem Berufsleben gebe es natürlich auch frustrierende Momente: «Wenn die Musikanten gestresst in die Probe kommen und nicht geübt haben.» Die grosse Herausforderung sei, die Proben so zu gestalten, dass es für alle stimmt. Auch wenn er sehr viel fördere und fordere sei es wichtig, die Vereinskultur aufrecht zu erhalten. Man könne sich nicht nur auf die Leistung konzentrieren und dabei das soziale Gefüge kaputt machen. «Das darf nicht passieren», sagt der 49-Jährige, der sich auch im Vorstand des Aargauischen Musikverbands einsetzt und bis vor ein paar Monaten die Jugendmusik Region Laufenburg dirigierte.

In den über 20 Jahren seit er unterrichtet, hat Giuseppe Di Simone festgestellt, dass der Druck in der Schule und in den Firmen grösser geworden ist. «Das hängt auch mit der Handy-Kultur zusammen. Viele werden zu Sklaven ihrer Handys und haben dadurch viel mehr um die Ohren.» Giuseppe Di Simone und seine Partnerin, mit welcher er seit über 18 Jahren glücklich liiert ist, haben keine Handys. «Wenn ich nicht zu Hause bin, bin ich nicht erreichbar. Und wenn ich mit jemandem einen Termin ausgemacht habe, dann bin ich um diese Zeit dort. Abgemacht ist abgemacht. Ich muss vor dem Termin nicht noch von unterwegs aus anrufen. Vor 30 Jahren hat es auch ohne Handys funktioniert.»

Helliker Musik bekannter machen
Am 7. Januar 2019 hat Giuseppe Di Simone seine erste Probe mit der Musikgesellschaft Hellikon. Der Berufsmusiker freut sich auf die neue Herausforderung. Insbesondere das Jahreskonzert vom 1. Dezember, bei welchem er seine zukünftigen Musikanten «in Action» erleben durfte, gab ihm einen zusätzlichen Motivationsschub (die NFZ berichtete).

«Die Musikgesellschaft Hellikon ist es absolut Wert, dass noch mehr Leute ans Konzert kommen», sagt Giuseppe Di Simone und verrät der Journalistin, dass die Helliker Musikanten sehr viel Potential haben, und er sie noch bekannter machen will. Wie will er das erreichen? «Fördern, fordern, aber nicht überfordern.»


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