«Das Risiko gehört zum Leben»

  15.12.2018 Laufenburg

Arthur Brem liebt die Berge und Spannung

Der 69-jährige Laufenburger Arthur Brem stand seit Jugendjahren unter Spannung; entweder auf seinen Bergtouren oder in seinem Beruf. Dort war er vor seiner Pensionierung «Dirigent» eines grossen nationalen Werkes.

Bernadette Zaniolo

«Ich musste mich zuerst vom Schock erholen», so die erste Reaktion von Arthur Brem nach zwei Wochen, als ihn die NFZ für ein Porträt anfragte. Er sei doch gar nicht spannend. Diese Neugier und vielmehr, welche Fragen ihm die Journalistin wohl stellen wird, passt jedoch zum 69-jährigen Laufenburger. «Eine gewisse Unsicherheit ist spannend», sagt der gelernte Maschinenzeichner mit einem Schmunzeln. Die Lehre hat Brem bei der ehemaligen BBC in Baden gemacht. Als Mitarbeiter der Sparte Hochspannungsschalterund Trafobau stand er seit jeher unter «Spannung». Es sei faszinierend, das Mittel in der Hand zu haben, um das schweizerische Höchstspannungs-Stromnetz zu bewegen.

Sein Beruf führte den Ostaargauer nach Laufenburg. Im August 1979 trat Arthur Brem in die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg (EGL) ein und lernte den Verbundbetrieb sowie die Aufgaben als Dispatcher kennen. Nach 20 Jahren als Betriebsspezialist Dispatching ging Brem mit den Koordinationsaufgaben des Übertragungsnetzbetriebes mit in die im Jahr 2000 neu gegründete Etrans, die im selben Gebäude in der Werkstrasse in Laufenburg ihren Sitz hatte. Im Dezember 2006 folgte der Wechsel zur Swissgrid. Bis Ende Juli 2013 war Arthur Brem im Schichtbetrieb für die Netzbetriebsführung verantwortlich. Danach brachte er bis zu seiner Pensionierung (Ende 2014) sein umfangreiches Fachwissen als treibende Kraft in vielen Projekten mit ein.

Für Brem war es sehr wichtig, den fundamentalen Umbruch der Elektrizitätsbranche mitzuerleben. Grosse Freude bereitete ihm auch, neue Systemführer auszubilden. Er war für sie quasi ein «Götti». «Nicht immer läuft alles nach Plan. Kraftwerke reduzieren die Leistung oder Stromleitungen fallen aus. Dann sind wir gefordert», sagte Brem einmal zu seiner Tätigkeit im Kontrollraum in Laufenburg. Trotz Handbuch und der bis rund 99-prozentigen Vorgabe der Abläufe, war für Brem immer klar, dass ein Restrisiko bleibt. Will heissen: Das ganze Stromnetz zusammenbrechen kann.

Die Komfortzone verlassen
«Das Risiko gehört zum Leben», sagt Brem mit einer Gelassenheit und Ruhe. Sein Grundsatz ist: «Man muss sich ein bisschen mehr aus der Komfortzone bewegen. Dies bringt neue, positive Erfahrungen.» Positive Erfahrungen und Erlebnisse hatte er viele. Durch Jungwacht/Blauring lernte er seine Frau Ruth kennen und über Kollegen in der Jubla entdeckte er auch die Faszination des Kletterns, den Ausgleich zu seinem Beruf. Obwohl Brem schon auf jedem 4000er-Gipfel der Schweiz war – und das sind immerhin 48 an der Zahl – ist der Vater von drei erwachsenen Söhnen kein Gipfelstürmer.

«Es ist überall besonders»
«Als Alpinist von Hütte zu Hütte zu wandern, ist nach wie vor das Schönste». Ein Highlight war die Teilnahme an der Expedition auf den 7546 Meter hohen Muztagh Ata im Karakorum im 2005. Doch: «Es ist überall besonders». Vor allem dann, wenn auch seine Frau mitkam. Die beiden waren oft gemeinsam in den Bergen unterwegs, als Wanderer. Denn obwohl sie seit Jahren eine gute «Seilschaft» sind, ist das Klettern nicht Ruth’s «Ding». Wohl gerade deshalb funkeln die Augen der beiden, als Arthur erzählt, dass seine Frau mit ihm zusammen auf dem Kilimandscharo war; mit seinen 5895 Metern ist es das höchste Bergmassiv Afrikas.

Sehr positive Rückmeldungen
Nach 41 284 Stunden (hat eine Mitarbeiterin errechnet) im Kommandoraum oder im Cockpit (Steuerzentrale) des schweizerischen Hochspannungsnetzes hat Arthur Brem, die «Flughöhe» geändert. Auch sportlich. «Dem Alter angepasst», wie er gelassen sagt. Zusammen mit Hanspeter Meng hat er das neue Angebot der Pro Senectute Bezirk Laufenburg initiiert; das Bergwandern (die NFZ berichtete). Das Resümee nach den ersten beiden Wanderungen mit rund 30 Teilnehmern: «Sehr positiv von den Leuten, die mitgekommen sind, aber auch von Interessierten», sagt Brem. Für ihn steht nicht die Herausforderung im Vordergrund, sondern «in der Natur mit anderen Menschen unterwegs sein».

Wie Eva Schütz, Leiterin der Pro Senectute Bezirk Laufenburg, kürzlich am diesjährigen Schlusshock der Wandergruppe sagte, setzen die Teilnehmer viel Vertrauen in die Wanderleiter. Deshalb ist auch das Rekognoszieren eine wichtige Aufgabe. Dabei wird Arthur Brem oft von seiner Frau begleitet. «Nein, ich wollte nicht nach Laufenburg», verrät Ruth angesprochen darauf, ob sie damals gerne vom unteren Aaretal nach Laufenburg gezogen sei. Es war jedoch kein «Rekognoszieren». «Hier wollen wir bleiben. Uns gefällt es im Fricktal sehr gut», sagen sie unisono. Dies obwohl die beiden anfänglich festgestellt haben, dass einige Fricktaler von der österreichischen Mentalität geprägt wurden; heisst ausgesprochen obrigkeitshörig sind.

Diesen Stempel hat Arthur Brem denn auch nie seinen Söhnen aufgedrückt, so hat er sie unter anderem auch nie zum Klettern oder in die Berge zu gehen «gedrückt». Den J+S-Wanderleiter hätten jedoch alle drei Söhne auch gemacht. Besondere Freude überkam Arthur Brem, als sein Sohn Oliver vor drei Jahren auf ihn zukam und ihn darum bat, auf einen Viertausender mitgehen zu dürfen. «Es war herrlich mit zwei Söhnen», beschreibt Arthur das Erlebte. Aus Überzeugung steht er hinter der Energiewende. Als Mitdenker sorgt er auch hier für Spannung, denn zusammen mit Fachleuten will er herausfinden, wie er den Energieverbrauch – trotz erneuerbarer Energie – in seinem Einfamilienhaus noch mehr senken kann. «Hochspannend» also, dieser Arthur Brem. Ein vitaler Senior, der auch viel liest, schwimmen geht und auch das gemeinsame Guetzlibacken geniesst.


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