Wer bestimmt was?

  02.11.2018 Politik

Am 25. November entscheiden wir über die «Selbstbestimmungsinitiative»

Pro: Christoph Riner, SVP-Grossrat, Zeihen

Selbstbestimmung ist die Grundlage der direkten Demokratie

Am 25. November 2018 stimmen wir über die Selbstbestimmungsinitiative ab. Bei dieser Abstimmung geht es nicht um links oder rechts. Es geht auch nicht um irgendwelche Parteipolitik, es geht um unsere einmalige direkte Demokratie. Die Selbstbestimmungsinitiative will, dass die Bundesverfassung in der Schweiz wieder oberste Rechtsquelle ist. Ausnahme bildet das zwingende Völkerrecht. Die Menschenrechte bleiben natürlich in jedem Fall gewahrt, da sie in unserer Verfassung festgeschrieben sind. Die Selbstbestimmungsinitiative möchte eigentlich nur wieder zurück vor Oktober 2012. Damals hatte das Bundesgericht in einem knappen Entscheid dafür gesorgt, dass sich unsere Bundesverfassung künftig völkerrechtlichen Verträgen unterzuordnen hat.

Die Selbstbestimmungsinitiative sorgt dafür, dass die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger auch in Zukunft abschliessend entscheiden können. Das Volk ist der Souverän. Durch den Vorrang der Bundesverfassung gegenüber dem (nicht zwingenden) internationalen Recht wird klar definiert, dass die Volksrechte in allen Bereichen der Politik Geltung haben.

Die Mitbestimmungsrechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben uns Frieden, Wohlstand, Freiheit, Sicherheit und Lebensqualität gebracht. Sie bilden auch ein Garant für Stabilität, Rechtssicherheit und wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen und Arbeits- und Ausbildungsplätze. Die direkte Demokratie bringt weit bessere Entscheide hervor, als wenn eine kleine Gruppe von Politikern alleine bestimmen könnte. Trotz unterschiedlichen Kantonen, Ausgangslagen, vier Landessprachen und kulturellen Unterschieden, ist es uns in der Schweiz dank der direkten Demokratie gelungen, friedlich zusammenzuleben und gemeinsam Lösungen für unsere Zukunft zu erarbeiten. Diesen einzigartigen Trumpf unserer direkten Demokratie dürfen wir nicht aufgeben, abschwächen oder aufs Spiel setzen, um uns internationalem Recht unterzuordnen! Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wissen am besten, was gut ist für unser Land und die Menschen, die hier leben.

Gemeinden beklagen sich zu recht über die zunehmenden Zentralisierungstendenzen und damit über Eingriffe vom Bund in die Autonomie der Kantone und Gemeinden. Die Zentralisierung wird auch gerade durch die internationale Ebene geprägt. Die Selbstbestimmungsinitiative stellt auch hier sicher, dass Volk und Kantone nach wie vor das letzte Wort haben und bei Bedarf dieser Entwicklung Einhalt gebieten können.

Es ist wichtig, dass wir die Zukunft nicht einfach geschehen lassen, sondern sie positiv und zuversichtlich mitgestalten.

Am 25. November 2018 geht es um viel. Stehen wir ein für unser Land, halten wir trotz politischen und kulturellen Unterschieden zusammen und sagen Ja zur Selbstbestimmungsinitiative. Denken wir auch an kommende Generationen. Die Selbstbestimmung ist die Grundlage unserer direkten Demokratie.


Contra: Claudia Rohrer, SP-Grossrätin, Rheinfelden

Menschenrechte haben Vorrang

Erneut greift die rechte Seite der SVP den Rechtsstaat frontal an, die Selbstbestimmungsinitiative der SVP zielt darauf ab, in der Schweiz den Schutz der Menschenrechte aktiv abzubauen. In der Begründung wird die Angst vor angeblich fremden Richterinnen und Richtern geschürt, welche mit ihrer Rechtsprechung unsere direkte Demokratie gefährden sollen. Diese Angriffe können wir stoppen mit einem klaren Nein. Die anderen Bundesratsparteien, der Aargauische Gewerbeverband und die Aargauische Industrie- und Handelskammer haben die Nein-Parole beschlossen. Nein zu diesem Rundumschlag gegen unseren Rechtsstaat, Nein zur Isolation der Schweiz.

Die Grenzen jedes staatlichen Handelns sind die Grund- und Menschenrechte jedes einzelnen Individuums. Jeder und jede in der Schweiz kann sich auf den Schutz ihrer Grundrechte berufen. Diese werden durch unsere Verfassung garantiert, ergänzt durch die Europäische Menschenrechtskonvention. Sieht ein Individuum seine Grundrechte durch das staatliche Handeln als verletzt an, kann es sich an die innerstaatlichen Gerichte wenden. Sehen die innerstaatlichen Gerichte keine Verletzung, so ist es möglich, dass eine Einzelperson sich vor dem Europäischen Gerichtshof in Strassburg wendet. Die prozessualen Hürden sind hoch. Es gibt zwar keine Kostenvorschusspflicht, aber die Partei muss ihr Anliegen in einem klar strukturierten Verfahren darlegen. Bereits an dieser Hürde scheitern viele, bei über 6000 Beschwerden wurde nur auf ca. 170 Beschwerden in den letzten vierzig Jahren eingetreten (1.6 %). Die Verurteilungen der Schweiz sind noch seltener, was mit unserem funktionierenden Rechtsstaat zusammenhängt.

Die am Europäischen Gerichtshof tätigen Richterinnen und Richter werden von den Mitgliedern der parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt. Die Schweiz ist Mitglied des Europarats, die Mitglieder der parlamentarischen Versammlung werden von unseren nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentarier delegiert, es sind aktive Ständerätinnen und Nationalräte. Die gewählten Richterinnen und Richter sind uns somit keineswegs fremd. Aktuell ist eine Richterin von der Schweiz gestellt. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist meistens auf Individuen ausgerichtet, nur sehr selten hat ein Entscheid direkte oder indirekte Wirkung auf unsere Gesetzgebung. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel, so beispielsweise beim Namensrecht, bei der Zusprechung von Invalidenrenten an betreuende Mütter oder bei der Aufhebung der Bestrafung von Erbinnen und Erben für Vergehen der Erblasser. Die Ergänzung der eigenen Rechtsprechung bringt uns weiter, wir können uns dem objektiven Blick von aussen stellen.

Unsere direkte Demokratie ist ein Rechtsstaat, der sich mit anderen messen kann. Die Macht der Mehrheit hat immer die Grenzen an den Grundrechten der Einzelnen. Dies soll weiterhin gelten, deshalb, ein klares Nein gegen den Angriff auf unseren Rechtsstaat.


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