Telefonratgeber

  06.11.2018 Laufenburg

Ja, soll ich denn reinfahren?

Cornel Wehrli, Wehrli Partner Rechtsanwälte, Frick

Frage: Aus einem Parkplatz bog plötzlich ein Auto auf meine Fahrspur ein. Ich bremste stark und lenkte nach links, um einen Unfall zu vermeiden. Es kam zu einer Frontalkollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Mein Unfallgegner zog sich ein Schleudertrauma zu und mir wird nun fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Zu Recht?

Antwort: Nein. Grundsätzlich müssen Sie als Lenker Ihr Fahrzeug jederzeit so führen, dass Sie sicher unterwegs sind und keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährden. Von Ihnen wird somit auch in Schreckund Gefahrensituationen eine richtige, situationsangepasste Reaktion verlangt. Es ist bei dieser Beurteilung aber immer zu berücksichtigen, dass im Strassenverkehr nicht selten kritische Umstände auftreten und höchste Ansprüche an die Reaktionsfähigkeit des Fahrers stellen. Als Lenker muss man dann in Sekundenschnelle entscheiden und reagieren. Zeit, alle möglichen Szenarien durchzudenken und abzuwägen, hat man keine. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die bei einer späteren Beurteilung als «perfekte» Massnahme erkannte Handlung nicht immer mit der tatsächlichen Reaktion des Fahrers übereinstimmt. Ihnen als Lenker kann deswegen kein Vorwurf gemacht werden, wenn Ihr Verhalten als verständlich und nicht abwegig oder gar kopflos erscheint. Es muss folglich nicht perfekt, gleichwohl aber angemessen sein. Eine Strafe droht somit nur, wenn die fehlbare Handlung auf einen Fahrfehler oder eine Fehlreaktion zurückzuführen ist. In Ihrem Fall waren Sie durch das Einbiegemanöver des Autos unvermittelt mit einer Gefahrensituation konfrontiert. Die starke Bremsung und das gleichzeitige Ausweichen auf die Gegenfahrbahn erscheinen dabei als durchaus zweckdienlich und nachvollziehbar. Trotz des Unfalls haben Sie daher keine strafrechtlichen Sanktionen zu befürchten.

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