Der Büchermacher

  24.11.2018 Persönlich, Schupfart

Er ist ein Literaturmensch und er liebt die Ruhe der Natur: Seit drei Jahren wohnt Urs Engeler in Schupfart. Von hier aus verlegt er die Bücher von Arno Camenisch – und dies mit grossem Erfolg.

Valentin Zumsteg

Der Blick geht hinaus in die Natur. Urs Engeler wohnt mit seiner Frau seit 2015 an der Turnhallenstrasse in Schupfart, in einem Haus aus den 1960er-Jahren. Die grossen Fenster lassen viel Licht und Landschaft herein. «Ich kannte das Fricktal bereits. Uns gefällt es hier. Der Ausblick ist wunderbar – auch bei Hochnebel wie jetzt», sagt er mit einem Lachen. Er fühlt sich wohl auf dem Land. «Die Stadt überfordert mich mit ihren vielen Angeboten. Ich brauche Ruhe, um Bücher zu machen.» In diesem Haus ist sein «Engeler-Verlag» domiziliert, der es mit den Büchern des Bündners Arno Camenisch immer wieder in die Bestsellerlisten schafft.

Einmann-Verlag
«Der letzte Schnee», das aktuelle Werk von Camenisch, gehörte dieses Jahr während vieler Monate zu den meistverkauften Büchern in der Schweiz. Urs Engeler ist Besitzer des Verlags – aber auch Lektor, Setzer, Sekretär, Marketingverantwortlicher und noch vieles mehr. Der 56-Jährige macht alles selber. Es ist ein typischer Einmann-Verlag, der von der Leidenschaft des Gründers für das gedruckte Wort getragen wird.

Aufgewachsen ist Urs Engeler in Zürich und in der Agglomeration von Winterthur. Die Jugendunruhen in den 1980er Jahren unter dem Stichwort «Züri brännt» haben ihn geprägt. «Ich war ein Bewegungskind und ein Schulabbrecher. Aber irgendwann fand ich, dass es doch gut wäre, die Matura nachzuholen und Germanistik, vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie zu studieren.»

Während des Studiums wurde er zum Verleger. «Bücher und Zeitschriften haben mich immer interessiert», erzählt er. So gab er ab 1992 die Lyrik-Zeitschrift «Zwischen den Zeilen» heraus. Schon in der ersten Ausgabe veröffentlichte er Texte von Durs Grünbein und Hansjörg Schertenleib. Später gründete er den Verlag «Urs Engeler Editor», in dem er Werke von mehr als 60 Autoren veröffentlichte. 2009 schloss er den Verlag, um ein Jahr später den neuen «Engeler Verlag» zu lancieren. Dieser beschränkt sich heute vor allem auf die Bücher von Arno Camenisch. Der Verlag ist aber nicht das einzige Standbein von Engeler: Er übersetzt Literatur aus dem Englischen sowie dem Französischen und veröffentlicht unter dem Label «roughbooks» anspruchsvolle Lyrik. Vier bis fünf Titel werden jährlich an Abonnenten verschickt. Hinzukommen pro Jahr mehrere Hefte der Literaturzeitschrift «Mütze». Damit spricht er ein kleines, aber eingefleischtes Publikum an.

«Es ist für mich nicht so wichtig, ob ich zigtausende oder nur ein paar hundert Bücher verkaufe», sagt Engeler, der zu den Mitgründern des Schweizerischen Literaturinstituts in Biel gehört und dort heute als Professor tätig ist. Am Institut ist er auf Arno Camenisch aufmerksam geworden. «Nach einer Vorlesung hat er mir ein Manuskript gegeben. Daraus ist unsere Zusammenarbeit, die ich sehr schätze, entstanden.» Fast jährlich erscheint ein Werk von Camenisch im «Engeler Verlag». «Manchmal staune ich, mit welcher Souveränität er schreibt. Er schafft Klassiker um Klassiker, finde ich», so Engeler.

Der leidenschaftliche Verleger glaubt an die Zukunft des gedruckten Buches, deswegen gibt es im «Engeler Verlag» keine E-Books, auch nicht von den Camenisch-Bestsellern. «Ein Buch ist etwas Wunderbares. Man kann es in die Hand nehmen, lesen, wieder auf die Seite legen. Das Buch als Gegenstand bleibt. Das Internet hingegen ist flüchtig.» Die Schweizer Literatur empfindet er heute als sehr lebendig und bunt. Bei seiner Arbeit am Literaturinstitut stösst er immer wieder auf vielversprechende junge Autorinnen und Autoren, die häufig ihren Weg machen und mit ihren Werken für Aufsehen sorgen. «Ich staune immer wieder, wie sie sich entwickeln.»

«Grösser und reicher»
In den vergangenen 20 Jahren hat Engeler über 200 Bücher veröffentlicht: «Die Literatur macht die Welt grösser und reicher.» Er pflegt einen intensiven Kontakt mit anderen Verlagen. «Die Verlage sind wichtig für die Literatur.»

Er selber hat in jungen Jahren Gedichte geschrieben und veröffentlicht. Heute widmet er sich Essays zu verschiedenen Themen, er kommt aber nicht oft zum Schreiben. Viel mehr Zeit braucht er zum Lesen. «Mich interessiert, was andere Menschen denken und schreiben.» Das ist es wohl, was einen guten Verleger ausmacht.


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