«Baudenkmal droht Verschandelung»

  29.11.2018 Kaiseraugst

Basler Architekt übt Kritik an Liebrüti-Projekt

Das geplante neue Hochhaus in der Liebrüti-Überbauung in Kaiseraugst gefällt nicht allen. Der Architekt Lukas Gruntz befürchtet eine «Verschandelung» der heutigen Siedlung.

Valentin Zumsteg

Es sind deutliche Worte, die der Basler Architekt Lukas Gruntz verwendet: «Hochhaus Liebrüti: Baudenkmal droht Verschandelung», lautet der Titel seines Beitrags auf der Internetseite von «Architektur Basel».

Bei «Architektur Basel» handelt es sich um ein Kollektiv bestehend aus jungen Architektinnen und Architekten. Ihr Ziel ist es, «das facettenreiche Architekturgeschehen in und um Basel zu dokumentieren und zu kommentieren.»

In seinem Artikel befasst sich Gruntz mit dem geplanten neuen Wohnturm, der die Siedlung «Liebrüti» in Kaiseraugst ergänzen soll. Die Eigentümerschaft plant 124 neue Mietwohnungen in einem rund 80 Meter hohen Wohnblock. Das Projekt läuft unter dem Namen «Domus». In den kommenden Wochen soll das Baugesuch in Kaiseraugst öffentlich aufgelegt werden (die NFZ berichtete).

«Das Hochhaus wirkt als Fremdkörper»
Es sind mehrere Punkte, die Gruntz am neuen Wohnturm bemängelt: «Eingeklemmt zwischen zwei bestehende Hochhauszeilen fehlt dem Hochhaus genau das, was die bestehende Überbauung auszeichnet: die räumliche Grosszügigkeit. Das Hochhaus wirkt als Fremdkörper in der äusserst harmonischen Komposition der bestehenden Bauten», schreibt Gruntz. Der architektonische Ausdruck des Neubaus lasse zudem jeden Dialog mit der umgebenden Architektur vermissen. «Banale Bänder als Antwort auf die rhythmisch gegliederten Fassaden der bestehenden Zeilenbauten. Man könnte von einer architektonischen Gesprächsverweigerung sprechen. Was auf der Vermarktungs-Webseite als ‹frischer Wind für ein Architekturdenkmal› bezeichnet wird, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als architektonisch unausgegorene Lösung», so Gruntz.

«Es sollte zwingend ein Wettbewerb durchgeführt werden»
Er kritisiert, dass bei einem so markanten Neubau kein Architekturwettbewerb ausgeschrieben wurde. «Es beschleicht den Schreibenden der Verdacht, dass hier mit einer grossen Portion Pragmatismus eine gestalterisch hochwertige Lösung bewusst vermieden wurde. Bei Hochhäusern sollte zwingend ein Wettbewerb – oder zumindest ein Studienauftrag – mit mehreren Planern durchgeführt werden», hält Gruntz fest. In Basel werde dies vom Hochhaus-Konzept vorgeschrieben.

Für Gruntz ist klar: «Die Überbauung Liebrüti gilt es in erster Linie als ein herausragendes Gesamtensemble und nicht als Einzelbauten zu bewahren. Bauliche Eingriffe oder Ergänzungen sollten mit grösster Sorgfalt geprüft werden.»

Die Eigentümerschaft nimmt die Kritik am «Domus» gelassen: «Das ist Ansichtssache», heisst es auf Anfrage der NFZ. Ein Architekturwettbewerb oder Studienauftrag sei nicht gefordert gewesen. Man habe für das Projekt mit bestehenden Partnern zusammengearbeitet. «Nach der Publikation kann jeder das Baugesuch anschauen. Es wird zum gegebenen Zeitpunkt einen Info-Event geben, an dem Fragen gestellt werden können», heisst es weiter. Für Diskussion ist jedenfalls gesorgt.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote