Von Sammelleidenschaften und Oldtimern

  14.10.2018 Eiken

Marc Widmer und die Kult-Werkstatt in Eiken – ein Herz und eine Seele

Marc Widmer liebt Geschichten. Am liebsten jene über einmalige, im wahrsten Sinn des Wortes geschichtsträchtige Oldtimer. Und von diesen hat der seit 23 Jahren in Stein wohnhafte Sammler zusammen mit seinem Bruder Vital eine stattliche Anzahl zu bieten. Zu bestaunen sind die Trouvaillen auf vier oder zwei Rädern seit 2011 in der Kult-Werkstatt in Eiken. Marc Widmer hat etwas aus seinem Nähkästchen geplaudert.

Bianca Ritter

Marc Widmer aus Stein ist ein Sammler mit Leidenschaft. Seine Passion sind Oldtimer. Seit 2011 betreibt er zusammen mit seinem Bruder Vital die kultige Kult-Werkstatt in Eiken in einer ehemaligen Ford-Garage. Kultig deswegen, weil da wahre Träume mit bewegter und bewegender Vergangenheit stehen. Die Kult-Werkstatt ist eine Art Minimuseum mit einer stattlichen Anzahl an Oldtimern auf vier oder auch zwei Rädern. Ein Eldorado für wahre Kenner.


Zu jedem der geschichtsträchtigen Fahrzeuge weiss Marc Widmer etwas Spannendes zu erzählen. Da steht zum Beispiel, ein Formel-2-Fahrzeug von Ex-Rennfahrer Jo Vonlanthen. Oder – vergleichsweise fast bescheiden – ein uraltes Solex, welches von Walter Andreas Müller in einem Spielfilm gefahren und auch von ihm am Set unterschrieben wurde. Das älteste Auto vor Ort ist ein Elsässer: ein Mathis aus dem Jahr 1922. Mathis war damals eine Art Vorläufer von Bugatti. Eine spannende Story, die Marc Widmer gerne erzählt.

Der vielleicht begehrteste Ferrari
Das vielleicht edelste und speziellste Fahrzeug – ein Ferrari Rennwagen von 1953 – gehörte einst dem ersten Werkspilot von Ferrari, dem 2013 verstorbenen José Froilán González aus Argentinien. Auch diesen Namen kennt man in der «Szene», denn González wurde mit diesem Typ F2 500 (Formel-1-Wagen) Vizeweltmeister. Das Auto war bis 1991 in dessen Besitz und fand danach via England und Deutschland den Weg in die Schweiz. Und dem vormaligen Besitzer konnten Marc und Vital Widmer das Auto vor zwei Jahren abkaufen. Ein echtes altes Rennfahrzeug mit einer Geschichte. Und mit was für einer ...


Es sind solche und ähnliche Geschichten, die Marc Widmer begeistern. Ganze Bücher könnte er vermutlich schreiben über seine Oldtimer. Früher schlug sein Herz für altes Vinyl, hauptsächlich für Beatund Rockscheiben aus den Sechzigern und Siebzigern. Viele tausend LPs – darunter viele sehr, sehr rare Sachen – konnte er damals sein Eigen nennen. Und bis zum Schluss, das heisst, bevor alles verkauft wurde, hatte er internationale Kontakte und war europaweit einer der ausgewiesenen Top-Sammler. Eine Geschichte für sich...

Den Beruf zum Hobby gemacht
Nach der Veräusserung dieser Sammlung waren die Regale plötzlich leer. Marc Widmer sagt heute etwas überspitzt, dass er damals plötzlich kein Hobby mehr hatte. Zum Glück konnte er durch den Verkauf der Platten eine stattliche Summe lösen. Eine Summe, die letztlich als Fundament diente für den Erwerb von ersten Oldtimern. Und so besann er sich hobbymässig auf seine alte Tugend und machte seinen Beruf zum Hobby. Marc Widmer war ursprünglich Automechaniker. Nach der Lehre besserte er sein Einkommen dank der Mithilfe als Rettungssanitäter und Bestatter auf und fand später seine wahre Berufung und wurde Lehrer, agierte teilweise auch als Schulleiter.


Noch heute unterrichtet Marc Widmer als Klassenlehrer an der Oberstufe in Möhlin. Und zwar alles ausser Fremdsprachen oder Spezialfächer wie Hauswirtschaft etc. Sein Lieblingsfach seit eh und je: Geschichte. Dieses Fach liebte er schon als Schüler. Geschichte und Geschichten – fast wie ein roter Faden in den Erzählungen des gebürtigen Baselbieters. Die Geschichten rund um die 30 Oldtimer und 50 Töffs teilt er gerne mit anderen Menschen. Die Kult-Werkstatt, das ist noch wichtig, ist eine Nonprofit-Geschichte. Im Grunde ist es ein Raum der Begegnung für Leute mit dem gleichen Hobby. Zu diesem Zweck laden die Gebrüder Widmer immer am ersten Freitag im Monat zu einem Open House ein ab 18 Uhr. Essen, etwas trinken, fachsimpeln. Unkompliziert. Sympathisch.

«Ich bin manchmal etwas perfektionistisch»
In der Tat ist diese Kult-Werkstatt sowas wie sein zweites Zuhause geworden. Dies bestätigt auch Marc Widmers Tochter Rebecca und meint schmunzelnd, dass er ab und zu mehr in der Werkstatt «lebe» als zuhause. Im Übrigen beschreibt sie ihn als sehr umgänglich und auch witzig. Dann und wann könne es passieren, dass er sich kurz und heftig über etwas aufrege. Marc Widmer meint dazu, dass er eben ein Perfektionist sei. Und wenn dann etwas mal nicht so läuft, wie er sich das vorgestellt hat, kann es schon mal vorkommen, dass der an sich ruhige Bürger, der er zu sein scheint, etwas «unruhiger» und temperamentvoller wird. Aber alles im grünen Bereich.


Er selber sagt noch von sich, dass er ein Allrounder sei. Die Tatsache, dass er Automechaniker gelernt habe – was damals noch ein echtes Handwerk war – brachte es mit sich, dass man sich eben auch sonst viel handwerkliches Geschick aneignete. Geschick, das man im Leben immer brauchen kann; sei das beim Bau oder bei Reparaturen im eigenen Haus oder auch mal bei den allseits geliebten Campingferien, welche die Widmers auch schon mehr als einmal nach «down under» geführt haben.

Leidenschaft Flohmarkt
Marc Widmer und Rebecca lieben Flohmärkte. Schon oft waren sie an den grossen Flohmis im Wynecenter in Buchs. Und Marc Widmer wird sicher am 4. November auch wieder mit einem Stand am grossen Musik-Flohmarkt in der Vianco Arena in Birr zugegen sein, um... alte Platten zu verkaufen. So ganz losgelassen hat ihn sein erstes grosses Hobby scheinbar doch nicht. Das Fieber und das Knowhow sind noch da, wenn auch nicht mehr an vorderster Front. Aber so ist das eben mit Sammelleidenschaften. Die begleiten einen oft ein Leben lang.

www.kult-werkstatt.ch


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