Unterwegs in Herznach

  28.10.2018 Herznach

Der STV ist für viele Herznacher eine der starken Wurzeln ihrer Heimat. So auch für Petra Schmid und Timo Reichen, mit welchen sich die NFZ im Rahmen der Serie «Unterwägs dehei» zu einem «Spaziergang» trifft.

Bernadette Zaniolo

Samstag, 13 Uhr. Vor der Raiffeisenbank, die gerade umgebaut wird, treffen immer mehr Leute ein. Vorwiegend junge Menschen. Die meisten nehmen den Bus nach Frick. Einige beziehen noch rasch Geld vom Bancomaten, bevor es weiter geht oder um im nahen Dorfladen einzukaufen. In diesem ist seit dem 6. August auch die Post «integriert». Das ganze Geschehen da im Zentrum hat schon fast «Bienenhaus»-Charakter. Ein Kommen und Gehen. Einer steht etwas abseits. Es ist der 21-jährige Timo Reichen. Mit ihm und der 23-jährigen Petra Schmid hat sich die NFZ im Rahmen der Serie «Unterwägs dehei» zum «Spaziergang» durch Herznach verabredet.

Bevor es jedoch losgeht, kehren wir kurz im «Löwen» ein. «Tschau, wie geht’s», heisst es da vom Stammtisch. Dort sitzen nicht etwa – wie oft gemeint – ältere Semester, sondern junge Menschen. Auch Petra und Timo sind da meist nach dem Training im STV anzutreffen. Derweil häufen sich die Trainings, denn der Verein probt für die Turnershow im Januar. Petra Schmid, die im Januar den Hof ihrer Eltern übernehmen wird, macht schnell klar, was sie und viele andere STVler vermissen: «Wir brauchen zu 100 Prozent eine grössere Turnhalle».

Timo nickt und sagt: «Das ist definitiv so.» Vor rund zehn Jahren sei dies im Gespräch gewesen, weiss Petra. Aus finanziellen Gründen – weil das nötige Geld fehlte – habe man sich bloss für eine Sanierung entschieden.

Auf, zu den «Hotspots»
Beim Entscheid, welches die «Hotspots» sind, die sie der NFZ zeigen möchten, sind sich Petra Schmid und Timo Reichen schnell einig. Und da ein Spaziergang zu diesen zu lang wäre, ist ebenso schnell klar, dass die Tour mit dem Auto gemacht wird. Petra stellt sich sogleich als Chauffeuse zur Verfügung. Zuerst geht es Richtung Ueken, bevor wir kurz vor dem Dorfausgang, vor der Verenakapelle, nach links abbiegen. «Hier wohne ich», sagt die Kauffrau Petra, als wir rechts am Hübstelhof, den sie übernehmen wird, vorbeifahren. «Das sind unsere Obstbäume» ergänzt sie. Oben auf dem Hübstel, von wo man eine wunderbare Sicht auf das Dorf hat, ist der erste Halt. Ein wirklich lauschiger Ort. Einfach, um die Aussicht zu geniessen oder zum Bräteln und Feiern.

Geduldsprobe: Überqueren der Hauptstrasse
Nur Verkehrsgeräusche, die man bis da oben wahrnimmt, stören die Idylle. «Der Verkehr im Tal und insbesondere die Lastwagen sind abartig», sagt Petra. Das Überqueren der Hauptstrasse mit dem Auto sei mitunter eine Geduldsprobe. Dies empfindet auch der gelernte Automatiker Timo. Vor allem im Sommer, wenn man draussen sitze, sei dies schlimm. Trotzdem gefällt es ihm in Herznach. «Es ist meine Heimat geworden. Die Leute passen mir besser», so Timo, der als Lift-Monteur oft unterwegs ist. Vor achteinhalb Jahren ist er mit seinen Eltern und seiner Schwester, welche heute in Asp wohnt, von Spiez hergezogen.

Petra und Timo unterhalten sich darüber ob Spiez eine Stadt sei oder nicht. Petra hält fest: Herznach ist auch nicht so klein. Man kenne zwar die Leute im Verein, aber man kenne längst nicht alle Leute im Dorf. Ein Vorteil von Herznach sei zudem, dass man schnell in Aarau oder Basel ist.

Obwohl: in die Stadt gehen die beiden aber nicht so oft und wenn, dann ins «Kiff» (Petra) nach Aarau. Denn man hat ja den «Löwen». «Ohne Restaurant würde definitiv etwas fehlen», so die beiden. Auch die Stollenbar im alten Bergwerkstollen, welche in den Sommermonaten jeweils am ersten Freitag des Monats geöffnet ist, ist für viele junge, aber auch ältere Leute aus dem Tal ein beliebter Treffpunkt.

Eine der wichtigsten Veranstaltungen ist der Stephansball. Hier treffen sich Leute aus dem ganzen Staffeleggtal und stellen diesen Anlass auch gemeinsam auf die Beine. Das Jugendteam, in dem sich Timo auch engagiert, ist für ihn der zweitwichtigste Verein. Früher sei man entweder im Jugendteam oder im STV gewesen. Heute manchmal in beiden Vereinen.

Primarschule sollte im Ortsteil bleiben
Angesprochen auf die zurzeit laufenden Abklärungen «Intensivierung der Zusammenarbeit» oder «Fusion» der beiden Gemeinden Herznach und Ueken haben sich die beiden noch keine abschliessende Meinung gebildet. Für sie ist jedoch klar: die Primarschule sollte im jeweiligen Ortsteil bleiben. Die Idee von fünf Gemeinden im Fricktal ist für die beiden jungen Leute befremdend. «Da geht die Identität verloren», ist Petra überzeugt. Die Jungbäuerin, die mit vier Brüdern und drei Schwestern aufgewachsen ist, ist froh, dass sie auch «Ausland-Luft» geschnuppert hat. Sie bereiste während dreier Monate Neuseeland und Neukaledonien und sie arbeitete drei Monate in Kanada auf einer Farm.

Den Besuch der Bezirksschule in Frick wertet besonders Timo als positiv, denn dadurch seien die Kontakte breiter geworden. Mit der Hofübernahme ist klar, dass Petra (sie machte nach dem KV-Abschluss noch die Landwirtschaftliche Schule) weiterhin in Herznach wohnen wird. Sie verrät jedoch: «Früher, als meine Schwestern in die Stadt zogen, fand ich es toll und wollte auch weg.» Der Blick vom «Bunker», auf der Rückseite des Hübstel, zeigt, dass die «Stadt» nicht allzufern ist. Von dort hat man einen herrlichen Fernblick Richtung Frick, Schwarzwald und die nur wenige Meter entfernten Obstplantagen (Birnen und Kirschen) des Hübstelhofs. Beim «Bunker» handelt es sich um ein nicht fertiggebautes Ferienhaus. Petra erzählt, dass dem Bauherrn offenbar das Geld ausging und später wohl aufgrund von Bau- und Nutzungsordnung nicht weitergebaut werden konnte oder durfte. Mit dem Bau des Hauses wurde vor rund 50 Jahren begonnen. Heute ist es ein idealer Ort für Partys, vor allem wenn es mal lauter wird.

Die dorfinterne «Schönheits-Konkurrenz»
Unser «Spaziergang» führt nun auf die andere Dorfseite. An der Antilopen-Farm vorbei geht es hoch zur Mooshalde beziehungsweise weiter oben zum «Sarben». «Hier oder auf dem Hübstel endet manchmal der Maibummel», sagen die beiden. Schnell wird klar: von beiden Orten hat man einen herrlichen Blick auf Herznach und noch viel weiter. Ganz nach dem Motto: «Herznach – hier gefällt es mir rundum.» Auch für Timo Reichen, der erst kürzlich in eine Wohngemeinschaft (WG) gezogen ist, ist ein Wegzug aus der Gemeinde kein Thema. Und wenn, dann innerhalb des Staffeleggtals. Dabei erwähnt er, dass die Familie in den letzten Jahren mehrmals gezügelt habe, dies bedingt durch den Beruf des Vaters.


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