Uniform versus Talar?

  18.10.2018 Kolumne

In den Herbstmonaten herrscht «Rush Hour» im Vatikan. Die Sommerpause ist vorbei und das Programm des Papstes ist wieder voll. Voll mit Empfängen, Messen und Besuchen. Vor allem empfängt der Papst im Oktober verschiedene Gruppierungen von Ordensgemeinschaften: Jesuiten aus Japan, Benediktiner oder auch eine Schwesterngemeinschaft aus Sizilien. Religiöse Gemeinschaften sind ein grundlegender Pfeiler der katholischen Kirche. Beim Heiligen Stuhl existiert eine Kongregation, geführt von einem Kardinal, welche sich nur um die Verwaltung der Orden und religiösen Gemeinschaften kümmert. Die Gemeinschaft wird gepflegt, Traditionen weitergeführt und die Missionierung vorangetrieben. Gewisse Orden kümmern sich um die Armen, andere wiederum beschäftigen sich mit der Schulbildung. Ein Kriterium vereint jedoch alle Orden: Hierarche und Disziplin. Nun muss ich zugeben, dass ich in den Anfangsmonaten meines Dienstes in der Schweizergarde mit dem militärischen Umgang Mühe hatte. Nicht Mühe der Disziplin zu folgen; ich bin es mir ja von der Schweizer Armee gewöhnt. Aber vor einem Kardinal salutieren? Fand ich anfangs komisch … Der Glaube ist sanft, friedvoll und erhaben; das Ideal der Friedensreligion. Disziplin jedoch ist strikt, harsch und präzis; das Ideal der Ein- und Unterordnung sowie des Pflichtbewusstseins. Unvereinbare Gegensätze? Wir disziplinierten Gardisten im Herzen der grössten Weltreligion? Gehorsam und Disziplin nehmen in der katholischen Kirche einen elementaren Platz ein. Alle Bischöfe sind besonders dem Papst absoluten Gehorsam schuldig, da der Papst der Stellvertreter Christi ist und die Bischöfe in der Nachfolge der Apostel stehen. Die diversen Orden sind hierarchisch organisiert: Mit einem Ordensoberen sowie den Organen für die Führung des Ordens. Gemeinschaft und Disziplin beherrschen den Tag in einer Ordensgemeinschaft. Schon nur äusserlich identifiziert man sich mit der Ordenstracht; wir mit unserer Uniform. Das Uniformtragen bedeutet die Identifikation mit dem Korps mit all seinen Regeln, Traditionen und Werten. Genau wie in unserem Quartier im Vatikan gewisse Regeln gelten und Vorgesetzte existieren, verfügt der Heilige Stuhl, das Leitungsorgan der katholischen Weltkirche, über eine präzise Struktur: eine Pyramide, mit dem Papst als Boss und dem Volk Gottes unter sich. Jemandem zu dienen, sei es Christus selber oder seinem irdischen Stellvertreter, verlangt eine gewisse Disziplin. Unvereinbare Gegensätze? Disziplin und Glaube? Nur auf den ersten Blick vielleicht …

ROMANO PELOSI, ROM


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