Der Allrounder der Kirchgemeinde

  21.10.2018 Stein

Pfarrer Marc Zöllner hat in Stein seine Berufung und eine Heimat gefunden

Seit dem 1. August 2008 ist Marc Zöllner Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde in Stein. Seine zehnjährige Amtszeit wird am Sonntag, 21. Oktober, im Gottesdienst ab 9.30 Uhr in der reformierten Kirche in Stein gefeiert. Ein Jodler-Chor ist dabei und er hält die Predigt. Von allem anderen lässt er sich einfach überraschen.

Hildegard Siebold

Als Marc Zöllner zum ersten Mal das Gotteshaus in Stein betrat, hat es sofort Klick gemacht. «Ich habe den Geist in diesen Mauern gespürt», erzählt er. Und in der Tat strahlt der schlichte Kirchenraum Behaglichkeit aus mit den rotgepolsterten Stühlen, deren Farbe im Abendlicht ein Gefühl von Wärme weckt. «Wir suchen einen Allrounder»: Diese Stellenausschreibung der reformierten Kirche sprang Marc Zöllner ins Auge. «Das hat mich angesprochen», schmunzelt er. Er hat sich beworben und seither hat die reformierte Kirche in Stein einen Allrounder, der mit Leib und Seele ihr Pfarrer ist. Marc Zöllner übt damit einen Beruf aus, für den er sich schon früh entschied. Das Licht der Welt erblickte er am 15. Dezember 1975 in Remscheid bei Köln. Er wurde in eine Handwerkerfamilie hineingeboren. Seine Eltern waren christlich, aber keine ausgesprochenen Sonntagskirchgänger. Der Konfirmandenunterricht löste bei Marc Zöllner so etwas wie eine Zündung aus. Dieses Miteinander in der Kirche weckte in ihm den tiefen Wunsch, selbst einmal diesen Beruf zu ergreifen. Er blieb in der Kirche hängen, brachte sich ein in der Jugendarbeit. «Das machte mir Spass und ich erfuhr, wie vielseitig der Beruf eines Pfarrers ist», schildert er.

Nah bei den Menschen sein
Von da an verfolgte er sein Ziel, arbeitete darauf hin, auch wenn die Mutter ihn lieber im naturwissenschaftlichen Bereich gesehen hätte. Dort lagen in der Schule seine Stärken. Immer jedoch war ihm die Unterstützung seiner Eltern sicher. Ganz gezielt wählte er in der Schule als Fremdsprache Latein, weil er wusste, dass er das für das Theologiestudium brauchen kann. 15 Semester studierte er für seinen Berufswunsch. «Das fiel mir manchmal schwer, ich bin eigentlich kein Kopfmensch, ich habe viel mehr Sinn für praktisches Arbeiten», schildert er. Diese Erfüllung fand er nach dem Studium im Vikariat. Zweieinhalb Jahre lang führte in die praktische Ausbildung nach Wuppertal. Jetzt war er da, wo er immer sein wollte, nah bei den Menschen. Als Glück erachtet er, einen wunderbaren Mentor gehabt zu haben, der ihm aufzeigte, wie man Theorie und Praxis miteinander verbindet. So schreibt er bis heute keine Predigt, ohne sich über das Thema intensiv mit der Bibel zu beschäftigen, auch wenn das Zeit kostet. Nach dem Vikariat folgte die Probezeit des jungen Pfarrers, die ihn in die Eifel führte. Bald stellte sich heraus, dass er nach dieser Bewährungszeit in Deutschland keine Stelle als Pfarrer bekommen würde. Zehn Stellen standen damals rund 300 Bewerbungen gegenüber. Da er ganz bewusst in einer reformierten Kirchgemeinde arbeiten wollte, blieb neben Frankreich und Holland nur die Schweiz. «Der Beruf des Pfarrers hat sehr viel mit Sprache zu tun und ich konnte mir nicht vorstellen, in einer mir fremden Sprache zu predigen», erklärt er seine Wahl, in die Schweiz zu gehen. Das war ein einschneidender Schritt, aber er und seine Frau Melanie wurden in Stein sehr offen aufgenommen.

Er möchte präsent sein, da wo er gerade ist
Heute sind sie längst angekommen. Hier kamen die achtjährige Leonie und ihre fünfjährige Schwester Sarah auf die Welt. Natürlich stehe man als Pfarrer im Focus, sagt Marc Zöllner, der seine Berufswahl nie bereute, auch wenn es Zeiten gab, in denen er sich zurücknehmen musste. «Als Pfarrer bist du eigentlich immer im Dienst, selbst wenn du nur ein Stück Butter im Laden kaufst», verdeutlicht er. So hat er sich am Montag einen freien Tag verordnet und besitzt kein Diensthandy. «Mir ist es wichtig, in intensiven Gesprächen nicht gestört zu werden», sagt er. Er möchte präsent sein, da wo er gerade ist. Sehr am Herzen liegt es ihm, Menschen anzusprechen, die keine Kirchgänger sind. «Die, die nur selten kommen, müssen in der Kirche ein positives Erlebnis haben», erklärt er und steckt viel Energie in die Vorbereitung von Trauungen, Taufen oder Trauerfeiern. Er sieht sich in gewisser Weise als Hürdenbrecher. Wenn einer nach Hause geht in der Erkenntnis, er müsste eigentlich öfter in die Kirche gehen, weil es für ihn ein schönes Erlebnis war, hat Marc Zöllner sein Ziel erreicht. Das ist seine Motivation für den Beruf des Pfarrers, in den auch seine privaten Hobbys einfliessen.

Jahreskarte für den Europapark Rust
Neben seiner Leidenschaft für die Fotografie sind Marc Zöllner und seine Familie begeisterte Anhänger von Freizeitparks. Sie besitzen eine Jahreskarte für den Europapark in Rust. «Was auf den ersten Blick sehr oberflächlich und künstlich wirkt, ist ein ausgeklügeltes System», erklärt Marc Zöllner seine Faszination. Man könne sich sehr intensiv mit Freizeitparks beschäftigen. Marc Zöllner findet es spannend, wie dieser Park es schafft, dass die Besucher sich wirklich wie in diesen Ländern fühlen. Viele Gegenstände seien echt und landestypisch, selbst die Gerüche. «Wir verbringen manchmal Tage dort, ohne mit einer Attraktion zu fahren», verrät er. Vielmehr spazieren sie einfach nur durch den Park. Da könne er total abschalten, weil er sich wie in einer anderen Welt fühle. Der Europapark ist für ihn ein Stück weit wie ein Museum. Dinge, die er dort erlebt, bringt er in seine Arbeit als Pfarrer ein. Etwa an Heiligabend, wenn er mittels Videoproduktion das Stall-Tor von Bethlehem auf die Kirchenwand projiziert. «Ich bin eigentlich ein untypischer Pfarrer», räumt Marc Zöllner schmunzelnd ein. Er spiele nicht Gitarre und singe auch nicht gerne. Dafür lasse er eben andere Dinge in seine Arbeit einfliessen. Das, was er mache, passe zu ihm, sagen die Leute und das erachtet Marc Zöllner als grosse Ehre.


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