Dein Freund und Helfer

  20.10.2018 Frick, Wallbach/Mumpf

37 Jahre hat Markus Erni seinen Traumberuf Polizist ausgeübt. «Wir sind Vermittler, und wir gehen zu den Leuten, um zu helfen», sagt der stellvertretende Polizeichef Oberes Fricktal. Ende November geht der Mumpfer in den Ruhestand.

Susanne Hörth

«Ich möchte zwäg und ufgstellt in Pension gehen», sagt Markus Erni und lacht. Ein herzliches, ansteckendes Lachen. Das Blau seines Uniformhemdes passt perfekt zum Blau des Stuhles, auf dem er sitzt. Das sei schon im alten Polizeiposten so gewesen, erklärt Erni, auch dort habe man auf diese Farbübereinstimmung geachtet. Wieder schmunzelt er. Dann aber wird er ernst. Ja, eigentlich sei es noch zu früh für eine Pensionierung, drei Jahre genau. Seit 37 Jahren steht Markus Erni im Polizeidienst, übt diesen Beruf bis heute aus tiefster Überzeugung aus. Dass er Ende November trotzdem in den vorzeitigen Ruhestand geht, hat mit der eingangs gemachten Bemerkung zu tun. «Wir sind bei jeder Witterung, zu jeder Tages- und Nachtzeit, 365 Tage im Jahr einsatzbereit, sind draussen», nennt er einen Teil der anspruchsvollen Polizeiarbeit. Zu dieser gehört für Erni auch, das nötige «Gschpüri» für sein Umfeld. Hierbei geht der 62-Jährige sehr kritisch mit sich selbst um: «Stimmt meine Wahrnehmung noch? Besteht bei so vielen Dienstjahren die Gefahr von zu viel Routine?»

Markus Erni ist ein Teamplayer. Respektvoller Umgang miteinander, Ehrlichkeit, Vertrauen und gegenseitige Hilfe sind für ihn in jedem Lebensbereich die tragenden Fundamente. Teil eines Korps sein zu dürfen, bei dem das zum gelebten Arbeitstag gehört, erfüllt Erni mit Stolz. Wenn er draussen im Einsatz ist, «ist für mich ganz wichtig, dass ich den Leuten zuhören kann. Und mir dafür auch immer die nötige Zeit nehme.» Damit habe er schon sehr oft Streitigkeiten schlichten und Eskalationen verhindern können. Er werde seine Kolleginnen und Kollegen ganz sicher vermissen, meint Erni etwas wehmütig. Gleichwohl freut er sich auf den Moment, wenn er sich aus dem Glashaus, in welchem die Polizei als öffentliche Körperschaft auch immer sitzt, in den privaten, deutlich ruhigeren Bereich zurückziehen kann. Dann endlich mehr Zeit für seine Ehefrau, die beiden erwachsenen Kinder, die beiden Enkelkinder, für Haus und Garten hat.

Traumberuf Polizist
«Ja, Polizist war schon immer mein Traumberuf.» Früher als Bub habe er zum Landjäger – «so sagte man damals zu den Dorfpolizisten» – hochgeschaut und gewusst: «Das will ich auch werden.» Bis es aber so weit war, musste sich der junge Markus noch etwas gedulden. «Ich bin im luzernischen Hinterland, in Roggliswil, auf einem Bauernhof zusammen mit meinen fünf Geschwistern aufgewachsen.» Der Bub musste, wie auch der Rest der Familie, schon sehr früh auf dem elterlichen Hof mitanpacken. Sei es beim Härdöpfel auflesen, beim Chriesi pflücken, beim Heuen und bei anderen Arbeiten. Freizeit gab es wenig. «Wir wurden streng erzogen, bekamen gleichzeitig auch viel Liebe», blickt ein zufriedener Erni in seine Kindheit zurück.

Den Polizeiberuf nach wie vor im Visier, steuerte er nach der Schulzeit seine Ausbildung an. Nein, nicht Polizist. «Man musste dafür zuerst eine mindestens dreijährige Ausbildung oder die Matur sowie die RS vorzeigen können» Der junge Erni hatte schon auf dem elterlichen Hof gerne an den Maschinen «rumgeschraubt». Was also lag näher, als den Beruf des Automechanikers zu erlernen. «Gegen den Willen des Vaters. Er hätte mich lieber in einem Büroberuf gesehen.» Er arbeitete einige Jahre als Automechaniker, absolvierte die RS und «machte im Militär noch etwas weiter.» Bei einem Wiederholungskurs (WK) stiess er zufällig auf ein Plakat, auf welchem die Kantonspolizei Aargau nach jungen Anwärtern suchte. «Ich bewarb mich.» Das Vorstellungsgespräch bei Leon Borer ist ihm bis heute in guter Erinnerung geblieben. Am 1. April 1981 trat der damals 25-Jährige seine Ausbildung zum Polizisten in Buchs an.

Ein Jahr und die Vereidigung zum Polizisten später wurde das Fricktal zu seiner neuen Arbeitsstätte. Er begann bei der Kapo auf dem Posten in Rheinfelden. Hier blieb er fünf Jahre lang. «In Stein wurde ein Aussendienstmitarbeiter gesucht. Ich bewarb mich und wurde genommen.» Zehn Jahre arbeitete er mit dem Postenchef Hansruedi Fischer zusammen. Nach dessen Pensionierung übernahm Erni die Leitung des Postens. Das Fricktal war längst nicht nur Arbeitsort, sondern auch Wohnort für Markus Erni geworden. 1988 bezog er mit seiner Familie das Eigenheim in Mumpf.

Mit der Polizeireorganisation «Horizont 2003» wurde der Posten in Stein geschlossen. Erni nutzte diese Gelegenheit, um auch einmal in andere Polizeibereiche hineinzuschauen. Drei Jahre lang war er in Brugg vom Bürostuhl aus für die Einsatzplanung zuständig. «Und habe dabei gemerkt, dass ich einfach nicht der Büromensch bin.» Er brach zu neuen Ufern auf und baute gemeinsam mit Rolf Graf und Daniel Meier sowie der grossen Unterstützung aller Vertragsgemeinden die neu geschaffene Polizei Oberes Fricktal mit Standort in Frick und Einsatzgebiet ganzes oberes Fricktal auf. Das kleine Korps von damals ist heute auf 15 Polizisten und zwei Zivilangestellte gewachsen.

Bei der Erwähnung von Rolf Graf wird Ernis Stimme leiser, sie zittert leicht. Der unerwartete Tod des Chefs der Regionalpolizei habe das Team vollkommen durchgeschüttelt. «Den Hammer, den ich damals versetzt bekam, kann man nicht alleine bewältigen. Es braucht dazu ein gutes Team, eine gute Familie, eine gute Behörde.» Zeit für die wirkliche Trauer fehlte. Markus Erni, als stellvertretender Polizei-Chef musste dafür besorgt sein, dass trotz der schmerzlichen Umstände die Polizeiarbeit weitergeführt wurde. Noch heute ist er dankbar für die grosse Hilfe, die er in dieser Zeit von allen Seiten erhalten hatte. Dankbar ist er auch, dass mit Werner Bertschi ein kompetenter und teamorientierter Mann die Polizei Oberes Fricktal übernommen hat.

Viel erlebt
Viele Begebenheiten aus seiner Polizeiarbeit werden Markus Erni sicherlich sein ganzes Leben lang begleiten. Dazu gehört etwa auch sein Einsatz in Mumpf, als er auf ein flüchtendes Auto habe schiessen müssen. «Ich habe in die Motorhaube geschossen, der Fahrer liess sich davon nicht beirren und fuhr in mich hinein.» Erni fiel danach verletzungsbedingt drei Monate aus. Manchmal habe er auch ausrücken müssen, weil Nachbarn bemerkten, dass jemand seine Wohnung länger nicht mehr verlassen hatte. Ganz schlimm sei es gewesen, wenn dann in diesen Wohnungen der Bewohner nur noch tot aufgefunden werden konnte. Erni erinnert sich aber viel lieber an die Momente, in denen er und seine Kollegen mit ihrer präventiven Arbeit Straftaten verhindern konnten. «Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir draussen bei den Leuten sind. Uns zeigen und mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen.» Stolz ist er zudem, die Verkehrsinstruktionen an den Schulen mitaufgebaut und lange Jahre auch betreut zu haben. Das fröhliche «Grüezi Herr Erni» der Kinder, die er bei seinen Touren durch die Dörfer immer wieder trifft, lässt ihn strahlen.

Seine Pläne für die Zukunft? «Ich freue mich darauf, Hausmann sein zu dürfen. Meine Frau wird noch einige Zeit arbeitstätig sein. Ich freue mich auf mehr Zeit mit meinen Enkeln, mehr Zeit für den Garten. Und ich werde wieder vermehrt Musik machen, Trompete spielen», so ein aufgestellter (Bald-)Pensionär. Ein grösseres Projekt nimmt er im nächsten Jahr in Angriff. Er wird während eines achttägigen Kurses ein eigenes Alphorn bauen. Und darauf sicher auch bald das eine oder andere Ständchen zum Besten geben. «Zuerst muss ich es aber erst einmal lernen», sagt er bescheiden und lacht. Ein herzhaftes, sympathisches Lachen.


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