2000 Kilometer zu Fuss durch Frankreich und Spanien

  03.10.2018 Sulz

Auf Initiative des Pfarreirats Sulz starteten im September 2010 sechs Frauen und vier Männer zu einer Wanderung auf dem Jakobsweg von Romont nach Genf. Damals hätte wohl niemand geglaubt, dass man neun Jahre später in Santiago de Compostela einläuft.

Dieter Deiss

Dass man das freiburgische Städtchen Romont als Ausgangspunkt gewählt hatte, war kein Zufall. Bewusst wollte man hier an der Sprachgrenze etwas Neues beginnen. Sechs Etappen umfasste diese erste Wanderung. Prächtiges Spätsommerwetter, eine grösstenteils traumhafte Landschaft und eine grossartige Kameradschaft weckten zunehmend den Appetit auf mehr. Nicht wissen konnte die Gruppe, dass dereinst exakt die Hälfte im spanischen Santiago de Compostela einmarschieren wird.

Start in Frankreich
In Genf angekommen war es eigentlich klar, dass dies nicht das Ende sein konnte. Also machte sich Edwin Rüede, der damalige Präsident des Pfarreirates an die Organisation der Fortsetzung. Wiederum machten sich zehn Personen anfangs September 2011 mit Sack und Pack auf den Weg. Kaum hatte die Gruppe bei schönstem Wetter die Calvin-Stadt verlassen, machte sie dann schon nach wenigen Kilometern Marsch auf französischem Boden erstmals Bekanntschaft mit einem ausgiebigen Dauerregen. Nun zeigte sich, wer richtig vorgesorgt hatte. Das fing an mit der Wahl des geeigneten Regenschutzes: Ist dies eine Regenjacke, eine Pelerine oder gar ein Schirm? In der Pelerine ist man schon bald schweissgebadet, einen Schirm während eines ganzen Regentages zu tragen ist auch nicht besonders angenehm. Das Wetter spielte natürlich stets eine wichtige, jedoch keine bestimmende Rolle. Der Weg ging so oder so Tag für Tag weiter, damit man am Abend das gesteckte Ziel erreichen konnte. Je nachdem drückte der schwere Rucksack mal weniger, mal mehr.

Neue Kontakte und spannende Gespräche
Im Jahr 2012 folgte dann der Marsch von Les Abrets nach der Pilgerstadt Le Puy-en-Velay und 2013 nach Figeac. War die Gruppe bisher jeweils eine gute Woche unterwegs, so erhöhte man jetzt die Dauer auf zwei Wochen. Am Ausgang von Le Puys-en-Velay zeigte ein Wegweiser mit der Zahl 1511 Kilometer in Richtung Santiago de Compostela. Der Wunsch, dieses Ziel zu erreichen, war ab jetzt offensichtlich. Fortan traf man immer wieder ganze Gruppen, aber auch einzelne Pilger an. Oft marschierte man ein, zwei Tage mit den gleichen Leuten. Dies führte stets zu neuen Kontakten mit interessanten Gesprächen. Ab 2014 führte die zunehmende Routine dazu, dass die einzelnen Tagesetappen länger wurden und teils die 30-Kilometer-Marke überschritten. Beibehalten über all die Jahre hinweg wurden die täglichen Besinnungen, abgehalten in einer schönen Kapelle, einer Kirche oder ganz einfach im Freien. Dazu hatte jeweils ein kleines Grüppchen entsprechende Texte und Lieder vorbereitet.

Die letzte Etappe auf französischem Boden von Condom nach Saint-Jean-Pied-de-Port folgte im September 2015. Am zweiten Tag erreichte die Gruppe den 1000. Kilometer seit dem Start in Romont. Mit einem Glas Wein wurde darauf angestossen. Überhaupt kam die Fröhlichkeit nie zu kurz, sei dies unterwegs bei einer Rast, oder am Abend nach einem anstrengenden Tag in einem gemütlichen Beizlein. Wenn immer möglich verbrachte man die Nacht in einem gepflegten Hotel, verbunden mit einem guten Nachtessen mit einheimischen Speisen und Weinen. Es gab aber auch Situationen, wo in einfachsten Unterkünften die Nacht verbracht werden musste.

Das grosse Ziel vor Augen
An der spanischen Grenze angelangt, war es völlig klar, dass der Weg ans grosse Ziel weiter zu beschreiten ist. Also packte man diese Aufgabe im September 2016 an. Edwin Rüede hatte mit Blick darauf bereits Spanischkurse besucht. Es gibt in Spanien zwei hauptsächliche Routen, den «Camino Francés» und den «Camino de la Costa». Man entschied sich für den Küstenweg. Obwohl dieser etwas beschwerlicher ist, soll er landschaftlich viel reizvoller sein. Dies sollte sich denn auch mehrfach bestätigen. So folgte 2016 der Weg nach Santander, 2017 nach Luarca und 2018 zum grossen Ziel Santiago de Compostela. Auf teils schmalen, oftmals beschwerlichen Pfaden ging es jeweils von der Küste zwei- bis dreihundert Meter bergan. Danach folgte wieder der Abstieg zur Küste, der man eine Zeitlang folgte, bis dass der nächste Anstieg wartete. Belohnt wurden die zahlreichen Aufstiege regelmässig mit traumhaften Aussichten über die darunterliegende Küste und das Meer.

Neun Jahre wanderte die Gruppe auf dem Jakobsweg, insgesamt 90 Etappen galt es zu bewältigen. Da waren dann der Einmarsch in Santiago de Compostela und der abendliche Pilgergottesdienst in der Kathedrale schon ein sehr berührendes Ereignis. Auch für Reiseleiter Edwin Rüede war dies ein Höhepunkt und er meinte: «Der neunjährige Weg war eine echte Bereicherung. Er hat allen viel gegeben». Den ganzen Weg gegangen sind übrigens fünf der sechs in Santiago angekommenen Frauen und Männer. Es sind dies Hannes Burger, Edwin Rüede, Sabine Rüede, Marianne Schraner, Jacqueline Weiss, während Herbert Weiss in der dritten Etappe zugestiegen war.


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