«Körper, Seele und Geist sind eins»

  17.10.2018 Magden

Morgenpilgern auf den Spuren von Hildegard von Bingen

Zum dritten Mal dieses Jahr leitete die römisch-katholische Seelsorgerin und Pastoralassistentin Monika Lauper das Morgenpilgern in Magden. Unterstützt wurde sie von der Biologin Christine Bühler-Vuille, welche der Pilgergruppe den Reichtum an Heilpflanzen in Feld, Wald und Wiese vor Augen führte.

Clara Rohr-Willers

«Zum Einstieg ein paar Glückskekse nach dem Rezept von Hildegard von Bingen, Thema des heutigen Morgenpilgerns», begrüsste Christine Bühler-Vuille die muntere Gruppe, die sich am frühen Samstagmorgen vor der Marienkirche versammelt hatte. Die Magdener Biologin mit Wurzeln in La Chaux-de-Fonds hat sich durch ihre sowohl wissenschaftlich als auch kulinarisch anregenden Führungen durch Wälder und Wiesen der Region einen Namen geschaffen. Während die Zuhörenden die Kekse aus Dinkelvollkornmehl genossen, erläuterte Christine Bühler-Vuille deren aufheiternde Wirkung durch Inhaltstoffe wie Zimt, Nelken und Muskatnuss, um die schon Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert gewusst habe. «Pilgern komme von ‹peregre›, über den eigenen Acker hinaus gehen», erklärte Monika Lauper, Leiterin des Morgenpilgerns. «Christine Bühler-Vuille wird uns die heilende Kraft von Pflanzen, wie wir sie in Gärten, Wiesen und Wäldern antreffen, näherbringen und uns in das Wissen und Werk Hildegard von Bingens einführen.»

Die Mystikerin, Ärztin und Naturforscherin Hildegard von Bingen lebte von 1098 bis 1179 im Südwesten Deutschlands und verfügte über eine ganzheitliche Sichtweise auf den Menschen. «Hildegard von Bingen interessierte sich sowohl für die Pflege des menschlichen Körpers als auch für Seele und Geist», schilderte Monika Lauper. «So wie wir es in der modernen Psychologie und Quantenphysik lernen, hängt alles zusammen.» Nach Erläuterungen zu Heilpflanzen wie dem Vogelbeerbaum oder dem Veilchenkraut, die rund um die Marienkirche wachsen, pilgerte man vom Brühl durch das Dorf an vielfältigen Gärten und Wiesen vorbei zum Herrenhölzli, durch den Steppberg in Richtung Brand. Dank ihrer Notizen wusste Christine Bühler-Vuille immer, wo sich sogenannte «Hildegard-Pflanzen» befinden und erklärte vor Ort deren heilende Wirkungen. «Das ‹Habichtskraut› wurde bei Halsentzündungen, Durchfall und Magenbeschwerden angewendet und das Ruprechtskraut gegen Nieren- und Gallensteine, Harnleiden und Durchfall. Hildegard war die erste, welche die Heilpflanze Arnika unter dem altdeutschen Namen ‹Wolfisgelegena› erwähnt hatte. Andere wichtige Pflanzen waren der Spitz- oder Breitwegerich als Auflage bei Insektenstichen und die Edelkastanien, ein Anti-Aging-Mittel.» Letztere hatte die Biologin ebenfalls zu Keksen verarbeitet und verteilte sie der Pilgerschar zum Abschluss. «Nach Hildegard von Bingen sollten Gottes Schöpfungen wie Blumen, Bäume und Steine zum Heilen von Menschen dienen», schilderte Monika Lauper. «In ihrer kosmologischen Theologie hat sie nicht an einen strafenden Gott geglaubt, der Menschen bewusst krank werden lässt.» «Mir schmeckts jedenfalls», meinte ein Teilnehmer, fröhlich in einen Kastanienkeks beissend. «Und wenn’s no gsund isch, umso besser.»


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