Telefonratgeber

  11.09.2018 Fricktal

Darf die Chefin das Trinkgeld einziehen?

Cornel Wehrli, Wehrli Partner Rechtsanwälte, Frick

Frage: Ich jobbe als Kellnerin. Vom Trinkgeld darf ich jeweils die Hälfte behalten, muss aber den Rest an eine Gemeinschaftskasse abgeben. Diese wird unter allen Kollegen aufgeteilt. Nach Rücksprache mit anderen Angestellten stellte sich heraus, dass niemand etwas von dem Geld bekommt. Darf die Chefin das Trinkgeld für sich behalten?

Antwort: Nein. Als Trinkgelder gelten kleinere Geldbeträge, die vom Kunden für gute Dienstleistungen zusätzlich zum geschuldeten Preis bezahlt werden. Und obwohl das Trinkgeld in der Schweiz praktisch überall im Preis inbegriffen ist, belohnen viele Gäste den freundlichen Service oder die gute Küche mit einem kleinen Extra. Solche sogenannten Overtips können im Einzelfall noch immer beträchtliche Summen ausmachen. Da diese kleinen Geldbeträge für den Arbeitnehmer und nicht für den Arbeitgeber bestimmt sind, darf die Chefin die Overtips nicht einfach von den Angestellten herausverlangen und für sich selber verwenden. Der Gast will schliesslich die Leistung des Personals belohnen. Wie genau aber die Verteilung der Overtips stattfindet, unterscheidet sich von Betrieb zu Betrieb. Einheitliche und verbindliche Regeln gibt es keine. Nur wenn der Gast sich ausdrücklich zur Verwendung des Geldes äussert, ist diese Anweisung zu beachten. Die Weisung Ihrer Chefin, die Trinkgelder in einem gemeinsamen Topf zu sammeln und an alle Angestellten zu verteilen, ist hingegen erlaubt. Dabei muss den Angestellten bei der Verwendung der Gelder zumindest ein Mitspracherecht eingeräumt werden. Die Chefin darf das Trinkgeld aber nicht für sich verwenden. Falls Sie Ihrerseits die Overtips heimlich für sich behalten und nicht abgeben, verletzen Sie Ihre Treuepflicht und müssen mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Diese können im Extremfall bis zur Kündigung reichen.

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