Radio Beromünster, 22. Juni 1940 Schlechte Nachrichten aus der guten Stube

  27.09.2018 Kunst, Kultur

Eine Bildbetrachtung von Alessandra Widmer, Historikerin, Mitglied der KuratorInnenTeams

Aus dem Fenster – wer hat es wohl offengelassen? – dringen unheilvolle Radiotöne: Frankreich hat kapituliert. Mehr als die Hälfte des französischen Territoriums besetzt nun die deutsche Wehrmacht. Eine Kulturmacht des Westens wird abgeschafft, und das Fricktal hört mit.

Diesen historischen Moment hat Jakob Strasser in mehreren Skizzen und Ölbildern festgehalten. Sie ergänzen unser Wissen über das Alltägliche mitten in der Krise. Das Bild ist aber nicht nur ein historisches Dokument, das uns etwa erzählt, dass Radios in den 40er-Jahren noch Mangelware waren. Es ist auch eine Interpretation der Rolle der Schweizer Soldaten im 2. Weltkrieg: Gedrungen, mit verschränkten Händen, stehen sie da, sitzen mit gesenkten Köpfen und erfahren über den Fenstersims hinweg von den Gräueln, die sich in unmittelbarer Nähe abspielen. Verstrickt in der Widersprüchlichkeit der Schweizerischen «bewaffneten Neutralität» sind sie vor allem eines: machtlose, erschrockene Zuhörer der Weltgeschichte. Mit den alles andere als heroisch wirkenden Soldaten hat Strasser einen internationalen Moment der Kriegsgeschichte eingefangen und lokal interpretiert. Gerade deswegen ist das Werk des Rheinfelder Künstlers nicht nur künstlerisch, sondern auch historisch faszinierend.


Diese Woche aktuell in der Ausstellung:

29. September, 14 Uhr: öffentliche Führung

Weitere Infos: www.jakobstrasser.ch


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