Behindertenbetreuer wegen Schändung verurteilt

  06.09.2018 Rheinfelden

Ein Gutachten brachte den Wandel: Das Bezirksgericht Rheinfelden hat ein früheres Urteil korrigiert. Statt eines Freispruchs gibt es für einen Behindertenbetreuer jetzt eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt.

Valentin Zumsteg

Das Bezirksgericht Rheinfelden hat einen heute pensionierten Sozialpädagogen wegen Schändung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt verurteilt. Zudem muss der 68-jährige dem Opfer eine Genugtuung in der Höhe von 5000 Franken bezahlen; auch die Verfahrenskosten sowie die Parteikosten des Opfers gehen zu seinen Lasten. Die Kosten für seinen amtlichen Verteidiger übernimmt vorerst der Staat – der Verurteilte muss sie aber zurückzahlen.

Gericht beurteilt den Fall jetzt anders
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Mann im Jahr 2013 eine behinderte Frau, die er betreute, missbraucht hat. Der Vorfall soll sich in der Garderobe des Rheinfelder Bades «Sole Uno» ereignet haben. Der Beschuldigte und das Opfer waren zuvor den Badmeistern und verschiedenen Gästen aufgefallen, weil sie «geknutscht» hatten. Dabei soll der Mann die Frau auch intim im Schoss geküsst haben. Der Mann arbeitete damals als Sozialpädagoge im ausserkantonalen Wohnheim, in dem die Frau lebt. Er unternahm mit ihr regelmässig Ausflüge (die NFZ berichtete).

Damit korrigiert das Gericht ein eigenes Urteil aus dem Jahr 2015. Damals hatte das Bezirksgericht den Mann in einem Mehrheitsentscheid freigesprochen. Das Gericht war dazumal davon ausgegangen, dass die Frau urteilsfähig sei und die Handlungen einvernehmlich erfolgt waren. Die Privatklägerin, die Mutter der behinderten Frau, zog dieses Urteil an die nächste Instanz weiter. In der Folge hob das Obergericht das Urteil auf und wies das Bezirksgericht Rheinfelden an, ein Gutachten über die Urteilsfähigkeit des Opfers einzuholen und den Fall neu zu beurteilen. Deswegen fand Mitte August 2018 eine zweite Gerichtsverhandlung in Rheinfelden statt. Dort wurde das Gutachten präsentiert. Es kam zum Schluss, dass die Frau bei einfachen Fragen ihren Willen ausdrücken kann. Aber bei komplexen Sachverhalten wie sexuellen Handlungen mit einer Betreuungsperson sei sie nicht urteilsfähig.

Geht es erneut ans Obergericht?
Die Staatsanwältin hat in der zweiten Verhandlung eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten bedingt gefordert sowie eine Busse von 5000 Franken. Der Verteidiger plädierte erneut auf einen Freispruch.

Aufgrund des Gutachtens kam das Gericht nun also zu einem anderen Schluss und verurteilte den Mann wegen Schändung. Damit dürfte das letzte Wort in dieser Sache aber noch nicht gesprochen sein: Es ist davon auszugehen, dass der Fall abermals ans Obergericht weitergezogen wird. Diesmal allerdings von der Verteidigung.


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