«Das ist eine zukunftsweisende Idee»

  20.09.2018 Gemeinden

Nur noch 50 Gemeinden im Aargau und fünf im Fricktal?

Der Aargauer Anwalt und Mediator Markus Leimbacher verfügt über grosse Erfahrung mit Gemeindefusionen. Er war bei verschiedenen Zusammenschlüssen als Projektleiter involviert. Einer radikalen Reform der Aargauer Gemeindelandschaft steht er positiv gegenüber – es brauche aber Zeit.

Valentin Zumsteg

NFZ: Die Fricktaler Grossrätin Gertrud Häseli möchte, dass die Aargauer Gemeindelandschaft grundlegend geändert wird. Sie wünscht sich nur noch 50 statt wie heute 212 Gemeinden, wie sie von einer Woche in der NFZ erklärte. Was halten Sie von dieser Idee?

Markus Leimbacher: Das ist eine gute und zukunftsweisende Idee, die man weiterverfolgen sollte. Ich bin der Ansicht, dass die kleinräumigen Gemeinden keine Zukunftsperspektiven haben.

Gertrud Häseli hofft, dass sich ihre Idee in etwa sechs Jahren umsetzen lässt. Ist eine solch radikale Reform im Aargau in so kurzer Zeit realistisch?
Diese Idee ist in sechs oder acht Jahren wohl kaum umsetzbar. Denn wenn man Druck aufsetzt und dies von oben herab diktiert, dann wird es nicht funktionieren. Die Gemeindefusionen müssen – zu einem grossen Teil – von unten wachsen.

Ist der Vorschlag von Gertrud Häseli also hilfreich oder eher kontraproduktiv?
Die Anregung von Gertrud Häseli ist hilfreich. Eine kurze Frist setzen zu wollen, könnte hingegen eher kontraproduktiv sein. Meine Erfahrung zeigt, dass viele Politiker und auch Teile der Bevölkerung am kleinräumigen Denken festhalten. Veränderungen gibt es meistens erst, wenn die Gemeinden in finanzielle Schwierigkeiten geraten oder Mühe haben, die Ämter zu besetzen. Derzeit ist der finanzielle Druck eher klein. Es würde mich aber freuen, wenn der Prozess schneller in Gang gesetzt würde, als ich mir das derzeit vorstellen kann.

Würden Sie persönlich einen solchen Schritt befürworten?
Das Endergebnis befürworte ich. Ich bin aber gegen eine Hauruck-Übung in wenigen Jahren. Das scheint mir zu ambitioniert.

Was wären aus Ihrer Sicht die Vorteile, wenn die Zahl der Gemeinde deutlich reduziert würde?
Es gäbe weniger, aber stärkere Gemeinden. Den grössten Vorteil sehe ich darin, dass die Exekutiv-Ämter leichter und besser besetzt werden könnten. Der Ammann einer grossen Gemeinde hätte ein Vollzeit-Pensum und könnte anständig bezahlt werden. Das macht das Amt attraktiver. Auch die Gemeindeverwaltungen, die heute schon gute Arbeit leisten, könnten noch professioneller arbeiten. Es wären kundenfreundlichere Öffnungszeiten möglich.

Aber der Milizgedanke bei Behördenämtern ginge etwas verloren.
Das wäre wohl so. Die Frage ist, ob das schlecht sein muss. Ich kann mir vorstellen, dass dies zu besseren Entscheiden führt.

Sie waren im Fricktal Projektleiter beim Zusammenschluss von fünf Gemeinden im Mettauertal und Projektleiter beim gescheiterten Fusionsprojekt im mittleren Fricktal. Häseli schlägt im Fricktal insgesamt nur noch fünf statt über 30 Gemeinden vor. Nach Ihren Erfahrungen, kann das gehen?
Wie das Projekt Mettauertal zeigt, kann es funktionieren, wie das Projekt mittleres Fricktal zeigt, kann es auch scheitern. Ein solches Vorhaben müsste sehr sorgfältig vorbereitet werden – und es braucht genügend Zeit. Dann kann es klappen. Die Anzahl von fünf Gemeinden darf aber nicht sakrosankt sein.

Wie könnte so etwas konkret umgesetzt werden?
Ich könnte mir vorstellen, dass ein solches Projekt Chancen hätte, wenn es vom Regionalplanungsverband Fricktal Regio vorbereitet würde. Die Gemeinden und die Bevölkerung müssten schon sehr früh einbezogen werden.

Zum Schluss: Wie sehen Sie die Aargauer Gemeindelandschaft in zehn Jahren?
Ich persönlich bin der Meinung, dass die Zeit der kleinen Zusammenschlüsse, also von zwei oder drei Gemeinden, langsam vorbei ist. Grosses Potential sehe ich in den Agglomerationen, dort sind grössere Fusionen sinnvoll und bringen etwas. Bestes Beispiel ist das Projekt Zukunftsraum Aarau. So etwas hat sehr gute Chancen. Ich hoffe, dass in den Regionen Baden und Brugg solche Projekte ebenfalls geprüft werden. Und ich könnte mir gut vorstellen, dass auch im Fricktal die Agglomerationen zusammengefasst werden könnten. Ich bin mir aber bewusst, dass der Druck zum Beispiel im unteren Fricktal derzeit noch nicht sehr gross ist.


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