Rollmaterial geht, Rollmaterial kommt

  25.08.2018 Nordwestschweiz

Die alten Wagen der WB werden zur Touristenattraktion in Rumänien

Die längst stillgelegten Personen- und Güterwagen aus der Dampfzeit der Waldenburgerbahn erhalten ein zweites Leben in Rumänien. Deren Zukunft ist damit geklärt. Noch offen ist hingegen, was mit dem aktuellen Rollmaterial passiert und wie die neuen Züge dereinst aussehen werden.

Elmar Gächter

Seit vielen Jahren führen sie teilweise ungeschützt vor Regen und Sonne ein tristes Rentnerleben, die verschiedenen Personenund Güterwagen aus der guten alten Zeit des WB-Dampfbetriebs. Während die Lokomotive Gedeon Thommen und ihre treuen Begleiter, Personenwagen B48 und Güterwagen G208, in der neuen Remise im Talhaus ein exklusives neues Zuhause erhalten, erwartet die restlichen drei Personen- und vier Güterwagen, der älteste mit Jahrgang 1880, eine eigentliche Renaissance. Sie werden künftig die Touristen auf der nostalgischen Schmalspurbahn im rumänischen Siebenbürgen zwischen Sibiu (Hermannstadt) und Agnita (Agnetheln) erfreuen; dort, wo die rumänische Staatsbahn bis 2001 verkehrt ist.

«Verschrotten kam nicht infrage»
Laut Fredi Schödler, stellvertretender Direktor der Baselland Transport AG (BLT), haben sich verschiedene Interessenten für dieses alte Rollmaterial beworben. Den Zuschlag für den symbolischen Betrag von einem Franken hat der schweizerische Verein Ostgleis erhalten, der sich für bedrohte Bahnen in Osteuropa einsetzt.

«Unser Ziel war es stets, das altgediente Material so weiterzugeben, dass es von einem anderen Betrieb weiterhin verwendet werden kann. Ein Verschrotten kam für uns nicht infrage», so Fredi Schödler. Dieser Entscheid sei im Übrigen auch in Absprache mit dem Verein Dampfzug Waldenburgerbahn (VDWB) getroffen worden. Obwohl es sich um ein Geschenk handelt, hat sich die BLT in der Vereinbarung mit «Ostgleis» ausbedungen, dass die Fahrzeuge innerhalb einer bestimmten Frist in Einsatz kommen müssen, ansonsten sie weitervermittelt würden. «Dies ist für uns ein zentrales Anliegen», sagt Schödler.

Was mit dem noch aktuellen Rollmaterial dereinst geschieht, ist noch offen. Für die BLT stehe jedoch heute bereits fest, dass sie zwar keines der Triebfahrzeuge aufbewahren, sie jedoch ebenfalls weitergeben will. Es hätten sich bereits zwei Interessenten aus dem Ausland gemeldet.

Werden sie rot oder gelb?
Unklar ist auch, wie die neuen Züge daherkommen werden. Um mit einer grösseren Stückzahl die Bedeutung als interessanter Marktpartner zu erhöhen – und selbstverständlich im Interesse eines tieferen Preises – hat sich die BLT AG mit der Limmattalbahn für eine gemeinsame Beschaffung der insgesamt 18 Fahrzeuge zusammengetan. Als einziges Angebot im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung ist jenes des Unternehmens Stadler Rail eingegangen, das für die Waldenburgerbahn zehn Fahrzeuge mit je 45 Metern Länge umfasst. Diese werden in den Hauptverkehrszeiten zu 90 Meter langen Zügen gekoppelt. Der Vergabeentscheid soll im Oktober erfolgen, das Rollmaterial im Frühling 2019 bestellt werden.

«Wir haben ein konventionelles Fahrzeug als Standardtyp ausgeschrieben, allerdings mit zwei Optionen für ein führerloses Fahren», erklärt Fredi Schödler. Im Vordergrund steht dabei der sogenannte GoA 2 (siehe Kasten), der ein automatisches Anfahren und Anhalten vorsieht, der Triebfahrzeugführer jedoch weiterhin vorne im Zug sitzt und diesen mit seiner vollen Verantwortung steuert. Dieses Assistenzsystem sei vergleichbar mit jenem in modernen Autos mit Funktionen wie Tempomat, Abstandsregelung oder Kollisionswarnsystem. Die Offerte enthalte zudem ein Grobkonzept für ein komplettes führerloses Fahren. Die Technik sei heute zwar so weit, dass dies möglich wäre, es stellten sich jedoch noch zentrale Fragen der Sicherheit, der Zulassung oder auch rechtliche Aspekte. «Sie und ich werden, bis wir führerlos fahren, wohl noch manche grauen Haare erhalten», meint Fredi Schödler zum Schreibenden.

Die Frage, welche Farbe die neue WB dereinst zieren wird, kann Schödler noch nicht beantworten. «Wir wissen es schlicht noch nicht.» Sicher ist hingegen, dass die Fahrzeuge der Linie 19 – die im Übrigen fahrplanmässig seit vielen Jahren so heisst – auch künftig mit «Waldenburger Bahn» bezeichnet sind.


Fünf Stufen der  Automatisierung

«GoA» steht für «Grade of Automation» und beschreibt den Automatisierungsgrad bei Eisenbahnen. Die verschiedenen Grade der Automatisierung sind in 5 Stufen eingeteilt (GoA 0 bis 4).


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