Kein Baby sollte Adolf heissen

  28.08.2018 Möhlin

Lehrertheater Möhlin spielt die Tragikomödie «Der Vorname»

Nach der gelungenen Premiere am Samstag spielt das Lehrertheater Möhlin noch an zwölf Abenden im Clubhaus Bata das französische Stück «Der Vorname» in standarddeutscher Übersetzung.

Boris Burkhardt

Sie brüllen sich an, sie nennen sich Egoisten und Geizkragen, sie werfen mit Sitzbänken umher, sie ertränken Hunde, trinken während der Schwangerschaft und haben Sex mit der Mutter des Besten Freundes – nein, ihre Schüler sollten besser nicht erfahren, was die Möhliner Lehrer derzeit treiben. Zum Glück ist alles nur Theater, und unterhaltsames noch dazu: Beim diesjährigen Stück des Lehrertheaters Möhlin «Der Vorname» (im Original «Le prénom») geht es nicht nur kurzweilig und turbulent zu – manch ein Blick in den Abgrund der zwischenmenschlichen Beziehungen dürfte auch den Zuschauern aus ihrem eigenen Leben nicht fremd sein: Karin Erni, Christine Walser, Daria Würz, Benjamin Zingg und Daniel Zingg spielen auf der Bühne unter der Regie von Dieter Schlachter Konflikte zwischen Freunden, Ehepartnern und Familien aus. Die Premiere am vergangenen Samstag im Clubhaus Bata war nicht ausverkauft; die weiteren Vorstellungen hätten es durchaus verdient.

Alles beginnt mit einem dummen Scherz: Adolphe wolle er sein ungeborenes Kind nennen, erzählt Vincent (Benjamin Zingg) bei einem Abendessen seinen beiden Freunden Pierre (Karin Erni) und Claude (Daniel Zingg), um sie zu ärgern. Diese lassen sich auch weder von der unterschiedlichen Schreibweise noch von Vincents Hinweis, dass er an den «grössten Helden der romantischen Literatur des 19. Jahrhunderts» des welschen Romanciers Benjamin Constant denkt, davon abbringen, dass der arme Bub immer mit dem Massenmörder Adolf Hitler in Verbindung gebracht werde und verbieten Vincent diesen Namen. Als Vincent schliesslich eröffnet, dass das Kind in Wirklichkeit wie der Grossvater Henri heissen soll, ist dasselbige bereits in den Brunnen gefallen: Es entspinnt sich ein Netz aus gegenseitigen Vorwürfen und Enthüllungen, an denen auch Vincents Frau und werdende Mutter, Anna (Daria Würz), Pierres Frau, Vincents Schwester und Claudes Beste Freundin Élisabeth (Christine Walser) sowie – in Abwesenheit – Françoise, Vincents und Élisabeths Mutter, kräftig mitmischen.

Bisweilen wird man durch den Sprachduktus der Schauspieler daran erinnert, dass man sich im Laientheater befindet; die meiste Zeit vergisst man das dank der engagierten Leistung der fünf Akteure jedoch komplett. Besonders Benjamin Zingg und Christina Walser gehen in ihren Rollen auf – letztere bekam bei der Premiere für ihre mehrminütige Standpauke an ihren Ehemann sogar Szenenapplaus. Dass dieser mit Karin Erni von einer Frau gespielt wird, ist übrigens allein den zur Verfügung stehenden Schauspielern geschuldet, nicht etwa von den Autoren Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière, beide Jahrgang 1971, beabsichtigt (wie die Eingangsszene impliziert). Die Möhliner Aufführung folgt der Übersetzung von Georg Holzer und wird in Standarddeutsch gespielt. Liebevoll gestaltet ist auch das Programmheft, das sich thematisch den Vornamen widmet: So werden die Charaktere nicht etwa biographisch vorgestellt, sondern es wird die Bedeutung ihrer Namen erklärt. Lesenswert ist Schlachters humorvolle und selbstironische Betrachtung über seinen eigenen Namen.

Weitere Aufführungstermine und Karten unter www.lehrertheater.ch


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