Frauenkloster Hermetschwil ist eigenständig

  17.08.2018 Leserbriefe

Es ist erschreckend, wenn selbst heute noch Meldungen über Misshandlungen von wehrlosen Kindern in Heimen oder Schulen publik werden. Oft geschieht dies nach Jahren leidvollen Schweigens, wenn Geschädigte im Rahmen ihrer Vergangenheitsbewältigung den Mut finden, sich zu melden. Solche Menschen sind bewundernswert, und es gehört ihnen vollster Respekt. Besonders tragisch ist, wenn gar kirchlich geweihte Personen als Täter involviert sind. Die vom Bund angestrebte Wiedergutmachung und die Mitarbeit bei der Verarbeitung von Schreckenserlebnissen sind von grosser Bedeutung, um den geschädigten Menschen, selbst nach Jahren, hilfreich beizustehen. Kürzlich bekanntgemachte Informationen über Vorkommnisse im Kinderheim Hermetschwil haben weit über die Region hinaus aufhorchen lassen und ein Mitgefühl mit den Betroffenen erweckt. Die erfolgte Entschuldigung der heute Verantwortlichen des Kinderheimes ist sehr wichtig und zu begrüssen.

Im Zusammenhang mit verständlicherweise laufenden öffentlichen Diskussionen um diese Vorkommnisse im Hermetschwiler Kinderheim St. Benedikt ist die Feststellung sehr wichtig, dass das Kinderheim und das benachbarte Frauenkloster St. Martin zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten darstellen. Wer das Klosterleben kennt, weiss um diese Unterschiede, welcher man sich in der Öffentlichkeit häufig nicht bewusst ist. Das Kinderheim ist ein weltlich organisierter Verein, das Frauenkloster eine Persönlichkeit päpstlichen Rechtes, wo die Nonnen als klausurierte Ordensleute leben und tätig sind. Bereits 1876 wurden im Rahmen der Klosteraufhebung Gebäudeteile des damaligen Klosters dem Kinderheim zugeschlagen.

Die Hermetschwiler Ordensfrauen waren nie im Kinderheim St. Benedikt tätig. Es wurden von anderen Klöstern Schwestern eingesetzt. Ebenso hatten die fehlbaren Personen des Kinderheimes nie im Frauenkloster zu tun. Zu dieser Zeit hatte die Pfarrei ihren eigenen Priester und das Kloster seinen eigenen Spiritual, welcher für die seelsorgerischen Belange der Ordensleute zuständig war. So bestand schon früher, nicht bloss heute, eine klare Abtrennung zwischen den beiden Institutionen. Viele Gläubige, weit über die Region hinaus, schätzen die starken Verdienste der Klosterfrauen, welche für die Anliegen der Menschen ausserhalb des einzigen inneraargauischen Klosters stets ein offenes Ohr und gütiges Herz haben. Die Schwestern zeichnen sich durch eine grosse Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen aus und leben getreu nach dem Ordensleitmotiv «ora et labora».

STEFAN TREIER, (EHEMALIGER EFFINGER GEMEINDESCHREIBER), WOHLEN


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