«Früher mussten wir auf ein Töfftreffen warten»

  12.08.2018 Wallbach

Auf dem ehemaligen Novoplast-Gelände in Wallbach treffen sich seit zweieinhalb Jahren regelmässig Biker und Motorradbegeisterte. Sechs Gründungsmitglieder stellten einen Verein auf die Beine, der eine Lücke in der Fricktaler Szene füllte.

Boris Burkhardt

«Etwas Einfaches, nichts Kompliziertes» wollten Richard Dreikorn und sein Bruder Günter mit ihren Freunden und Verwandten Daniel Kopp, Stefan Baumann, Jerome Amman und Patrick Jegge auf die Beine stellen. Die sechs kannten sich spätestens seit der Schulzeit; sie trafen sich regelmässig unter anderem zu einer Partie Poker. Von Motorrädern sei am Anfang gar nicht die Rede gewesen, sagt Richard Dreikorn, heute Vizepräsident: «Die kamen erst später dazu.» Als sie im Januar 2016 ihren Verein eintragen liessen, waren sie einer der ersten, die eine neue Heimat im KMU-Park Wallbach, besser bekannt als ehemaliges Novoplast-Gelände, fanden. Hier treffen sie sich seither jeden Freitag zum Barbetrieb mit Wurst und Getränken, manchmal bis zu 40 Leuten, inzwischen als regional bekannter Bikertreff mit der eigenwilligen Schreibweise «Motorradverein Freaktal».

«Endlich gibt es etwas in der Nähe», freuen sich zum Beispiel Pit Keller und Peter Höfler aus Rheinfelden. Sie sitzen draussen vor dem Vereinslokal auf Festbänken, haben gegessen, rauchen, trinken, schweigen und schwadronieren. Früher hätten sie bis Leibstadt fahren müssen oder darauf warten, dass ein Töfftreffen in der Umgebung stattfand, fahren sie fort. Die beiden kommen seit vergangenem Sommer regelmässig nach Wallbach und loben die «gute Atmosphäre»: «Wie am Stammtisch», sagt Pit. «Cavallo» aus dem Freiburgischen ist heute Abend zum ersten Mal da und findet es hier «hueregmüetlich» und sympathisch. Viel mehr will er nicht sagen; aber er verspricht: «Ich komme wieder.»

Die meisten der Gäste besitzen Harleys, so auch Pit und Peter: eine Harley Softair, eine Harley Iron Horse und eine Harley Senn Chopper S80C, gebaut vom Densbürener Pionier Walter (Wädi) Senn (die NFZ berichtete). «Eine Harley ist aber überhaupt keine Bedingung für unsere Gäste oder die Vereinsmitgliedschaft», stellt Richard Dreikorn klar. Jede andere Motorradmarke sei genauso willkommen wie Mitglieder jedes grossen Motorradclubs. Die «Freaktäler» nennen sich deshalb auch «Motorradverein» und nicht «-club»: Letztere Bezeichnung sei in der Szene eben den grossen Motorradclubs wie den Hells Angels oder Bandidos vorbehalten, deutet Dreikorn an und wechselt das Thema.

«Das hat den Leuten imponiert»
Überhaupt sind aber nicht einmal alle Gäste des Wallbacher Bikertreffs Motorradfahrer. Viele kämen auch mit ihren Amischlitten, erzählt Dreikorn: «Jeder darf zeigen, was er hat.» Auch die Anwohner in Wallbach, am Anfang skeptisch, kommen laut Dreikorn immer wieder dazu. So fuhren die Biker beim kürzlichen Aufstieg des FC Wallbach in die Zweite Liga bereits den Corso um den Fussballplatz. «Das hat den Leuten imponiert», erinnert sich Dreikorn. Ein grosser Erfolg im Dorf ist auch das jährliche Sommerfest «Open House», das heuer am 25. August stattfindet. Dann gibt es einen richtigen Festbetrieb mit Zelten statt nur ein paar Festgarnituren wie bei den normalen Treffs.

Für Dreikorn ist das Wichtigste an seinem Verein: «Wir wollen immer Spass haben; wir wollen nichts müssen.» Bis auf 13 Mitglieder war der Verein zwischenzeitlich angewachsen; heute gehören neben den sechs Gründungsmitgliedern Andrea Giordano, Manfred Allenbach, Kurt Moser und Vito Ciervo dazu. Gemeinsam betreiben sie die Bar in einem Raum der alten Novoplast-Gebäude, die gleichzeitig auch eine Werkstatt und Bastelstube für Töffs ist. Mindestens zwei der Mitglieder sind nach Schichtplan jeden Freitag vor Ort; auch unter der Woche sei immer jemand da, sagt Dreikorn. Meist läuft Rock- und Metalmusik, eben Musik für echte Biker. Bisweilen stimmt die Stereoanlage aber auch zartere Töne an. «Das hängt davon ab, wer hinterm Tresen steht», scherzt Dreikorn und wirft seinem Kollegen Jerome Ammann vielsagende Blicke zu. Die Bar vermietet der Verein an Externe für Geburtstage und andere Feiern.

Der Verein hat ausserdem 35 sogenannte Supporter aus einem weiten Umkreis bis Zürich und Schaffhausen: Sie haben keine Verpflichtungen wie die Mitglieder, zahlen nur 100 Franken pro Jahr und dürfen dafür an den Ausfahrten teilnehmen, die an zwei bis drei Wochenenden im Jahr durch die Schweiz führen. Ein bis zwei grössere Touren von drei bis fünf Tagen gibt es ebenfalls im Jahr, zum Beispiel nach Ungarn und Kroatien.

Trotz der finanziellen Unterstützung zahlen die zehn Mitglieder laut Dreikorn vieles aus eigener Tasche. Dennoch liege es ihnen am Herzen, sich auch karitativ zu betätigen: So unterstützen sie mit 3000 Franken den Wunsch des 23jährigen Rollstuhlfahrers Yannick Schaaf aus Herznach, 750 Kilometer mit dem Elektrorollstuhl von Genève nach Tossa de Mar in Katalonien zu fahren (die NFZ berichtete). Mutter Beatrice Schaaf und ihr Freund Rolf Keller sind schon lange Gäste des Bikertreffs; die Vereinsmitglieder erfuhren aber erst durch eine zufällige Begegnung im Tessin von Yannicks Vorhaben.


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