Umschaltspiel

Ronny Wittenwiler

Ich bin glaub nümmen ganz gebacken: Jetzt endet am Sonntag die Fussball-WM in Russland – und ich bin irgendwie froh darüber. So etwas ist mir noch nie passiert. Früher guckte ich jetzt wirklich jedes Spiel. Egal wer spielte. Ob Deutschland, Dschibuti oder Legoland. Hauptsache Fussball. Als vorgestern aber der Halbfinal zwischen England und Kroatien lief, erwischte mich Maus in flagranti vor dem Fernseher, wie ich mir stattdessen Rosamunde Pilcher reinzog. Ich hab zwar noch laut «Abseits!» gerufen und das Popcorn an den Bildschirm geworfen, überzeugend war’s nicht. Die Sache ist mir schon ein bisschen peinlich. Ich hab dann Maus gebeten, bitte ja niemandem von diesem Vorfall zu erzählen. Sie aber hat gemeint, ihr würde das noch gefallen: dass sie jetzt so nach fast zehn Jahren mal eine romantische Seite an mir entdecken dürfe. Nicht immer bloss Fussball. Fussball. Fussball. Das sei doch irgendwie auch sehr, sehr schön. Und dann schloss sie für einen Moment die Augen und hauchte mir mit einer nie dagewesenen Sinnlichkeit ins Ohr: «Doch jetzt schalt endlich um, du Weichspüler. Die zweite Halbzeit beginnt gleich.»

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