Komponist, Dirigent, Solist, Musiklehrer und Unternehmer

  22.07.2018 Laufenburg

Dieter Deiss

Die letzten Töne am grossen Musikfest in Laufenburg sind längst verklungen. Nichts erinnert mehr an den grossartigen Anlass. Geblieben aber ist der Festmarsch «Ohren auf», den alle teilnehmenden Vereine erhalten haben. Am Galaabend fand die Uraufführung des Werks statt. Unverkennbar die enge Bindung zur Feststadt Laufenburg. Gleich einleitend ertönte das schwungvolle Laufenburger Lied, mittendrin hörte man die Tambouren mit dem Narrenmarsch und abschliessend nochmals die Melodie des Laufenburger Lieds.

Auftragswerke
Peter Erhard hat den Marsch als Auftragskomposition für Laufenburg und seine Gäste geschrieben. Letztes Jahr habe ihn der Präsident der Stadtmusik Laufenburg ersucht, einen Festmarsch zu schreiben, der Elemente von Laufenburg enthält. «Zunächst sagte ich nein, dann ersuchte ich um eine Bedenkzeit. Nach zwei schlaflosen Wochen sagte ich dann doch noch zu», erinnert er sich.

«Stelle dell’ Argovia» ist ebenfalls eine Auftragskomposition, die der Musiker für den Aargauischen Musikverband (AMV) schrieb. «Das war eine Ruck-Zuck-Übung», hält er dazu fest. Der AMV suchte nämlich für einen grossen, gesamtaargauischen Anlass einen geeigneten Marsch. Urban Bauknecht, Präsident der Musikkommission des AMV fragte ihn an, ob er etwas Passendes habe. «Ich gab ihm vier angefangene Märsche mit auf den Weg. Tags darauf folgte schon das Telefon mit der Zusage für eines der Werke.» Urban Bauknecht übernahm die Arrangierung und am 5. Mai dieses Jahres wurde das Werk gleichzeitig an 50 Standorten des Kantons Aargau gespielt.

Der Komponist
Zum Komponieren verzichtet Peter Erhard auf die Unterstützung moderner Computerprogramme. «Dies ist nichts für mich!» meint er. Vielmehr schreibt er seine Werke fein säuberlich von Hand. Viele seiner zahlreichen Kompositionen sind während eines Ferienaufenthalts an einem Sandstrand entstanden. «Ich nehme dazu einen Liegestuhl, baue vor mir ein Pültchen auf und fange an mit Bleistift und Radiergummi zu arbeiten», erklärt er seine Methode. Er benötige auch kein Instrument, um das Geschriebene zu hören. Die Frage nach dem absoluten Musikgehör verneint er: «So kann man dies nicht sagen.» Also machen wir die Probe aufs Exempel und bitten den Komponisten den Ton a zu pfeifen – und siehe da, die Überprüfung auf der Flöte zeigt, dass er diesen exakt getroffen hat.

Unzählige Märsche hat der Laufenburger komponiert, die Namen tragen wie Kaister Marsch, Gansinger Marsch, Wiler Marsch, Alfred Kuratle Marsch, Gruss von Laufenburg. Auch dem Aargauischen Gewerbeverband widmete er eine Komposition. Nicht zuletzt hat er für die «Laufeburger Leue», denen er während der ganzen Zeit ihres Bestehens angehört hatte, rund vierzig Stücke geschrieben.

Von der U-Musik zur Klassik
Die Musik wurde ihm wahrscheinlich schon in die Wiege gelegt, dem in Laufenburg aufgewachsenen Peter Erhard. «Meine Mutter war sehr musikalisch, insbesondere liebte sie die Klassik», meinte er dazu. Sein Vater Arthur, der nach dem Tode seiner Brüder Karl und Elias das Gipsergeschäft in Laufenburg führte, sah den jungen Peter natürlich in erster Linie als seinen zukünftigen Nachfolger im Geschäft. So lernte Peter Erhard das Gipserhandwerk in Basel und übernahm Mitte der Siebzigerjahre das Geschäft seines Vaters, das er vor rund zehn Jahren seinem Sohn Thomas übergeben hat.

Am Anfang seiner musikalischen Karriere stand die Trompete, die er bereits während seiner Schulzeit erlernt hatte zu spielen. Den eigentlichen Kick für die Musik erhielt Erhard dann im Militärspiel. «Ich merkte rasch, dass ich im Spiel einer der schlechtesten war. Dies gab mir zu denken.» Folglich schaffte er sich eine Jazz-Harmonie-Lehre an, die er im Selbststudium durcharbeitete. Überhaupt ist er ein Meister des Selbststudiums. So lernte er fast ohne Hilfe neue Instrumente spielen wie Querflöte, Saxophon, Klarinette und Fagott.

Vorerst galt seine Liebe der Unterhaltungsmusik und dem Jazz. Als Mitglied der in den Sechzigerjahren bekannten Joe Hiltman Group war er auf den Tanzbühnen zuhause. In der James Ernst Big Band kamen ihm seine Kenntnisse aus der Jazz-Harmonie-Lehre zugute. Nur schwer widerstehen konnte Peter Erhard den Lockrufen einer Karriere als Profimusiker. «Dies wäre wohl mein Untergang gewesen», meint er dazu schmunzelnd. Seine Freude an der Unterhaltungsmusik konnte er bei den rund 400 Auftritten mit den «Laufeburger Leue» ausleben. Hier schätzte man vor allem seine Fähigkeit zum Improvisieren. «Dies fällt mir leicht, es sprudelt bei mir einfach.»

Die Zeiten des Unterhaltungsmusikers Erhard sind vorbei. Er hat sich der Klassik verschrieben und ist oft in der Stadtkirche Laufenburg zu hören, wo er mit Querflöte und Trompete zusammen mit dem Organisten den Gottesdienst bereichert. Im Laufenburger Bläserquintett, wo er Fagott spielt, ertönt «Kammermusik aus Leidenschaft, eine wunderbare Musik.»

Der Dirigent und Lehrer
Nachdem ihm Rückenprobleme zunehmend die Arbeit als Gipser erschwerten, wurde sein Hobby immer mehr zum Beruf. Rund acht Jahre dirigierte er den Musikverein Sissach. Er habe jedoch das eigene Musizieren vermisst. «Ich wollte nicht mehr dirigieren, sondern selber spielen.» Da suchte die Stadtmusik Laufenburg, der er seit seiner Jugendzeit angehört, einen neuen Dirigenten. «Als man mich anfragte, konnte ich nicht widerstehen, habe ich doch das grosse Potential gespürt, das in diesem Verein steckt.» In Kürze führte er die Stadtmusik vom Dritt- zum Erstklassverein. «Vielleicht war ich hie und da etwas gar streng. Der Verein wollte aber in der 1. Klasse spielen, folglich musste ich auch etwas fordern», meint rückblickend auf seine vierzehnjährige Tätigkeit bei der Stadtmusik der heutige Ehrendirigent.

Eine halbe Generation Schülerinnen und Schüler hat Peter Erhard während seiner rund zwanzigjährigen Tätigkeit als Musiklehrer an der Laufenburger Oberstufe geprägt. Er unterrichtete sämtliche Blasinstrumente. Legendär aus dieser Zeit ist das grosse Schülerorchester, das sich mit seinen zahlreichen Auftritten einen hervorragenden Namen schuf. «Es war ein Riesenerfolg», meint er rückblickend. Die Einführung der Fünftagewoche an der Schule brachte dann aber einen Einbruch. «Ich erhielt in der Stundenplangestaltung keine geeigneten Termine mehr.» Die Aufnahme von neuen Instrumenten wie Gitarre, Schlagzeug, Handorgel und Keyboard führten dazu, dass die Blasinstrumente zunehmend verdrängt wurden. Es erstaunt Erhard deshalb nicht, dass soeben die Jugendmusik Region Laufenburg aufgelöst werden musste. Auch zahlreiche Musikvereine kämpfen heute mit ernsthaften Schwierigkeiten und können nur noch in Spielgemeinschaften oder unter Mithilfe von Gastspielern anspruchsvolle Werke aufführen.

Bei einem derart vielseitigen Musiker darf natürlich die Frage nach seiner Lieblingsmusik nicht ausbleiben. «Alles ausser dem Mundartrock», meint er dazu kurz und bündig. «Die Musik brachte mir persönlich sehr viel», betont Peter Erhard. «In jungen Jahren ging ich eher etwas verunsichert durch diese Welt. Die Musik aber stellte mich zunehmend auf und liess mich selbstsicher werden.» Er verhehlt nicht, dass ihm die Musik und die daraus gewachsenen Beziehungen hie und da auch Aufträge für sein Gipsergeschäft brachten. In diesem steht er übrigens heute noch jeden Morgen. «Ich mache dort noch das, was mir passt. Mein Sohn und ich ergänzen uns nämlich hervorragend», fügt er dazu an.


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