Eine Insel für die Wilden

  24.07.2018 Fricktal

Wenn die Bauern beim Mähen plötzlich ein Stückchen stehen lassen, hat das nichts mit Vergesslichkeit zu tun. Rückzugs- oder Altgrasstreifen, wie man die kleinen, schmalen Flecken nennt, sind eine Insel für die Wilden unter uns. Im Rahmen der neuen NFZ-Serie «Natürlich Fricktal» nahm unsere Redaktorin Susanne Hörth dieses kleine, grüne Fleckchen unter die Lupe. (rw)


Eine Insel mitten auf der Wiese

Rückzugsort für kleine Wildtiere, Schmetterlinge und Co.

Viele Landwirte machen mit und lassen beim Mähen ihrer Wiesen einen schmalen Streifen stehen. Mit diesem Altgrasstreifen geben sie kleinen Tieren und vielen Insekten eine Überlebenschance.

Susanne Hörth

«Uii, da hat der Bauer wohl ein Stück vergessen», sagt der achtjährige Bub und deutet auf eine grosse, erst kürzlich gemähte Wiese. In deren Mitte ist auf einem etwa 20 Meter langen, zirka zwei Meter breiten Streifen das hohe Gras stehengeblieben. Wer durch die Fricktaler Landschaften fährt, begegnet diesem «stehengelassenen Streifen» schon seit einiger Zeit regelmässig. Dabei geht es nicht um etwas Vergessenes. Vielmehr das Gegenteil ist der Fall.

«Es handelt sich um sogenannte Rückzugsstreifen oder Altgrasstreifen. Sie bieten kleinen Wildtieren und Insekten Rückzugsmöglichkeiten. Wenn die ganze Wiese gemäht wird, haben die überlebenden Tiere keine Nahrung, keinen Schutz mehr», erklärt Véronique Chevillat vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Frick. «Diese Rückzugsstreifen geben ihnen eine Überlebungschance und ermöglichen einen schnelleren Wiederaufbau der Populationen und Wiederbesiedlung der neu wachsenden Wiese.» Der Rückzugsstreifen, der in etwa 10 Prozent der Wiese entspricht, sollte bei jedem Schnitt an einem anderen Ort stehen gelassen werden. «Und auch im Winter bleiben», so die Fachfrau für Biodiversität.

Als geeignete Orte bezeichnet sie extensiv genutzte Wiesen, Magerwiesen, artenreiche Wiesen aber auch Böschungen am Waldrand und entlang von Gewässern. «Und das kann man auch gut im eigenen Garten machen, wenn man artenreiche Rasen hat.»

Viele machen mit
Ist das Stehenlassen dieser Streifen angeordnet? Wenn ja, von wem? Darauf erklärt Véronique Chevillat, dass in den meisten Vernetzungsprojekten Rückzugsstreifen eine Bedingung für die Teilnahme seien. Vernetzungsprojekte würden dazu dienen, die wertvollen naturnahen Flächen und Biodiversitätsförderflächen miteinander zu verbinden. «So haben die Wildtierpopulationen bessere Überlebungschancen. Es handelt sich um ein Programm vom Bund, wird zum grossen Teil über Landwirtschaftsbeiträge bezahlt. Die Teilnahme ist freiwillig, aber die meisten Landwirte machen mit.»


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