Ein Kaiser ohne Reich

  15.07.2018 Magden

Janine Tschopp

Schon als kleiner Bub hat Tobias Kaiser gerne musiziert und die Leute unterhalten. Er nahm Saxophonunterricht und hatte sein Instrument sogar im Skilager dabei. Zu Hause klimperte er auf dem Keyboard, und wenn möglich begleitete er seinen Vater, der in den Beizen Tanzmusik spielte. Auch bei den Proben der Firehouse Big Band, die sein Vater an den Wochenenden besuchte, war Tobias mit dabei. «Musik war immer wichtig für mich», sagt der 43-Jährige.

Dass er heute noch musikalisch so intensiv unterwegs ist, hätte er vor drei Jahren nicht gedacht. Denn damals wollte er musikalisch kürzer treten. Nach 14 Jahren hatte er genug davon, als «Tanz mit Gnom» von Anlass zu Anlass zu ziehen. Er erinnert sich an einen Schlüsselmoment, als er nach einem Auftritt im Emmental, nachts um drei, in der Gegend herumkurvte, mutterseelenalleine, und sein Hotel suchte: «Da wurde mir klar, dass ich nicht mehr als Alleinunterhalter unterwegs sein will.»

Duo mit Räbse
Seit Frühjahr 2016 geht Tobias Kaiser zusammen mit Urs Rebsamen einen gemeinsamen musikalischen Weg. Urs Rebsamen war zuvor während Jahren zusammen mit seinem Sohn Marc, den er im September 2015 auf tragische Weise verlor, als «Duo Räbse» unterwegs. «Mit Urs passt es musikalisch und menschlich sehr gut», sagt Tobias Kaiser und lobt Urs Rebsamens Musikalität und sein Talent, Gitarre zu spielen. Die beiden üben viel zusammen und treten als Unterhaltungs-Duo «Räbse Gnom» auf. «Wir sind gerne zusammen unterwegs», sagt Tobias Kaiser. Die Chemie bei diesem musikalischen Duo muss stimmen, denn pro Auftritt sind es alles in allem jeweils etwa zwölf gemeinsame Stunden, welche die beiden verbringen. Der Name «Gnom» ist Tobias Kaiser noch aus der Schulzeit geblieben. «Warum sie mir Gnom gesagt haben, weiss heute keiner mehr.»

In Magden aufgewachsen
Tobias Kaiser ist in Magden aufgewachsen und verbrachte die ersten acht Schuljahre dort. Das neunte Schuljahr absolvierte er in einem katholischen Internat in Neuenburg. Dort ging er in die Schule, lernte Französisch und arbeitete in der Küche. Nur jedes zweite Wochenende durfte er nach Hause. «Das Internat war streng, aber eine super Erfahrung», findet der Magdemer. Nach der Schule absolvierte er in Kaiseraugst eine Lehre als Maurer und arbeitete bis 23-jährig auf dem Bau. Dann rief die italienische Hauptstadt.

Die schönste Zeit in Rom verbracht
«1998 wurde ich durch den Mordfall im Vatikan auf die Schweizergarde aufmerksam», erklärt Tobias Kaiser. (Anmerkung der Redaktion: Der frisch ernannte Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde, Alois Estermann, seine Frau Gladys sowie Vizekorporal Cédric Tornay wurden am 4. Mai 1998 tot in der Kommandantenwohnung gefunden.) Mitglied der Päpstlichen Schweizergarde zu sein interessierte Tobias Kaiser und kurzerhand schickte er ein Bewerbungsschreiben nach Rom.

Nur wenige Monate später, nämlich im Oktober 1998, trat der Fricktaler den Dienst in Rom an. «Dann kam die schönste Zeit in meinem Leben.» Er genoss es, während er Wache schob, die Touristen zu beobachten. Besonders spannend fand er, wenn prominente Persönlichkeiten den Vatikan besuchten. «Ich sah zum Beispiel Thomas Gottschalk, Cindy Crawford, Michael Schumacher, Kofi Annan und viele mehr.» Ist es nicht anstrengend, selbst bei grösster Hitze, stundenlang Wache zu schieben, ohne sich gross zu bewegen? «Das kann man sich antrainieren», berichtet Kaiser und ergänzt: «Einmal hatte ich tatsächlich eine Schwäche. Da bin ich kurz eingeschlafen und umgekippt.»

Am 6. Mai 1999 wurde Kaiser vereidigt und nach einem Jahr in Rom legte er erfolgreich die Sankt Anna-Prüfung ab, bei welcher die Dienstkenntnisse der Gardisten getestet werden. «Da musste ich ganze Stapel Bücher lernen, und erst noch alles auf Italienisch.» Auf die Musik verzichtete Tobias Kaiser auch während seiner Zeit in Rom nicht. Als Saxophonist war er Mitglied beim Spiel der Päpstlichen Schweizergarde. «Zudem gründeten wir ‹die Sloggies›, eine Garde-Band. Dort spielte ich Schlagzeug. Wir produzierten eine CD, die wir dem Papst schenkten. Er hatte Freude daran», schmunzelt Kaiser.

Die Zeit in Rom wird Tobias Kaiser immer in schöner Erinnerung bleiben. Er genoss die Kameradschaft und besuchte seine Kollegen auch Jahre nach seinem Einsatz regelmässig.

Von der päpstlichen Garde in die Polizeischule
Nach zwei Jahren im päpstlichen Dienst tauschte Tobias Kaiser die Uniform der Schweizer Garde in eine Polizeiuniform und absolvierte in Zürich die Polizeischule. «Dann zog es mich wieder ins Fricktal. In Möhlin erhielt ich eine Stelle als Gemeindepolizist.». Mit dem Wandel zur Regionalpolizei wechselte auch sein Arbeitsort von Möhlin nach Stein und es kamen immer mehr Nacht- und Wochenenddienste dazu. «Es wurde schwierig, meinen Beruf und mein Hobby als Musiker zeitlich unter einen Hut zu bringen.» 2008, nachdem er acht Jahre bei der Polizei tätig war, wechselte er in den administrativen Bereich der Firma seines Bruders, der in Sissach eine Garage leitet. Berufsbegleitend liess er sich zum Technischen Kaufmann ausbilden.

Auch nach zehn Jahren fühlt sich Tobias Kaiser wohl in der Firma seines Bruders. Er geniesst es, dass er Beruf und Hobby zeitlich wieder unter einen Hut kriegt und an den Wochenenden zusammen mit Räbse musikalisch unterwegs sein kann.

Er mag die Menschen, er mag die Feste, und er hat nach wie vor eine grosse Freude daran, die Leute zu unterhalten. Was er sich für seine Zukunft wünscht? «Ich wünsche mir einfach nur gesund zu bleiben.»


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