«Ich bin ein Generalist»

  14.07.2018 Rheinfelden

Dr. Peter Brodmann war in den Neunzigern einer der ersten in Europa, der mit der «Polymerase Chain Reaction (PCR)», einer Art Vaterschaftstest, gentechnisch veränderte Pflanzen in Lebensmitteln nachweisen konnte. Der promovierte Molekularbiologe arbeitete im Kantonalen Labor Basel-Stadt, bei Biolytix und schliesslich nochmals zehn Jahre als Stellvertreter am Kantonalen Labor Basel-Stadt. Im August 2018 wird er Kantonschemiker von Basel-Land.

Clara Rohr-Willers

Wir gehen in den Garten», begrüsst mich Peter Brodmann an diesem warmen Sommerabend. Auf der Terrasse begegne ich Daniela Müller Brodmann, ebenfalls Biologin, und ihrer Tochter, beide herzlich lachend. Seit neun Jahren wohnt Peter Brodmann mit seiner vierköpfigen Familie im Robersten-Quartier, wo er selber aufgewachsen ist.

«Meine Eltern haben mir immer vertraut»
«Ich verbrachte viel Zeit mit anderen Kindern draussen», erinnert sich der 54-Jährige an seine Kindheit. «Mein Vater leitete eine Schlosserei in der Sandoz. Meine Mutter, die als Mädchen keinen Beruf erlernen konnte, kümmerte sich um Haushalt und Familie.» In seiner Freizeit habe er schon immer viel und gern Sport getrieben. Beim TV Rheinfelden spielte er Handball und später Tischtennis in Rheinfelden, dessen Club er von 1984 bis 1996 präsidierte. Seit fünf Jahren gehört er zur Basketball-Mannschaft in Magden, der Heimat seiner Mutter.

Gleicht Peter Brodmanns berufliche Laufbahn einer einzige gerade Linie? Er verneint. «Als Kind ging ich einfach in die Schule und glänzte nicht dauernd durch herausragende Leistungen. Meine Eltern sagten, ich könne lernen, was ich wolle, aber ich solle eine Ausbildung beenden. Es zähle, etwas durchzuziehen. Meine Eltern haben mir immer vertraut.»

Ab 1980 ging Peter Brodmann ins Mathematisch-Naturwissenschaftliche Gymnasium (MNG), dem heutigen Gymnasium Kirschgarten. Zu dieser Zeit besuchten Fricktalerinnen und Fricktaler die Gymnasien in Basel. Das Pendeln nach Muttenz erfolgte erst ab 1982. «Die Hälfte der Klasse, alles Jungs, stammte aus dem Fricktal. Wir hatten einen starken Zusammenhalt, spielten gerne Fussball und suchten dafür eine Halle. Wir wollten keinem Fussballclub beitreten, uns ging es um die reine Freude am Sport. Schliesslich erhielten wir die Robersten-Halle, später eine Halle im Augarten, die wir bis heute freitagabends von 20 bis 22 Uhr nutzen. Der ‹Club 1983› war geboren und existiert bis heute», erinnert sich Peter Brodmann mit strahlendem Gesicht.

«Mich interessieren die grundlegenden Mechanismen des Lebens»
«Ich mochte die naturwissenschaftlichen Fächer und entschied mich für das Studium der Molekularbiologie (Biologie II) an der Universität Basel, dem ein guter Ruf vorauseilte», beschreibt Peter Brodmann das Institut, an dem unter anderen der Nobelpreisträger Werner Arber doziert hatte. Peter Brodmann interessieren die grundlegenden Mechanismen des Lebens. «Die klassische Molekularbiologie behandelt all die Vorgänge der Zellteilungen. Etwas Faszinierendes.» Um nebenbei etwas Geld zu verdienen, unterrichtete er in Pratteln, Muttenz und Aesch. «Mit 25 Jahren übernahm ich in Aesch eine schwierige Klasse. Oder, um es mit den heute politisch korrekten Worten auszudrücken: eine Klasse mit ‹verhaltensoriginellen› Schülerinnen und Schülern», schildert er. Eine Laufbahn als Lehrer, hauptberuflich, sei für ihn nie in Frage gekommen. Auch wenn er diese Klasse im Griff gehabt habe. «Stattdessen nahm ich ein Nachdiplomstudium in der Humanernährung an der ETH Zürich in Angriff», so Peter Brodmann, der sich selber als Generalisten bezeichnet mit Interesse für die Breite.

In den Gentechnik-Anfängen der Neunziger
«Die Stelle zum Lebensmittelchemiker am kantonalen Labor Basel-Stadt entdeckte mein Vater in der Zeitung», erinnert sich der Rheinfelder Biologe, der damals wegen des ETH-Studiums in Greifensee wohnte. «Das Diplom zum Lebensmittelchemiker konnte ich berufsbegleitend machen. Von Vorteil war, dass ich die gefragten Vorlesungen für die Stelle schon im vorherigen Studium besucht hatte.» Von Anfang an habe er eine Gruppe von vier Laboranten geleitet, mit denen er einen offenen Umgang gepflegt habe. «Als Biologe habe ich im Labor ihre Hilfe benötigt. Bei wissenschaftlichen Fragen wiederum konnte ich sie unterstützen. Das Diplom erhielt ich 1994.»

Ab 1995 waren die gentechnisch veränderten Organismen das Thema in der Lebensmittelkontrolle. «Mein Chef beauftragte mich, Methoden zu entwickeln, um die Analytik zu untersuchen. Ich war der einzige Molekularbiologe am kantonalen Labor und mein Wissen von zentralem Nutzen. Da ich früher schon einmal mit einem Virus gearbeitet hatte, dessen Gene man für die Herstellung von gentechnisch veränderten Pflanzen verwendet hatte, konnte ich mit der Polymerase Chain Reaction (PCR), einer Art Vaterschaftstest, gentechnisch veränderte Pflanzen nachweisen. Ich war einer der ersten in Europa, der gentechnisch veränderte Pflanzen in Lebensmitteln nachweisen konnte», erklärt Peter Brodmann, der darüber in den folgenden zehn Jahren an vielen Kongressen referierte. 1998 wurde er am kantonalen Labor Basel-Stadt Abteilungsleiter und schrieb die Doktorarbeit berufsbegleitend.

«Lebensmittelkontrolle funktioniert, weil jeder Kanton ein Labor hat»
Während seiner Jahre als wissenschaftlicher Geschäftsleiter bei Biolytix hat sich Peter Brodmann in punkto Management und Mediation bei Konfliktsituationen am Arbeitsplatz weitergebildet. «Ein Wissenschaftler muss Grautöne aufzeigen können. Die Lebensmittelproduktion ist sehr komplex. Als Dozent an der FHNW versuche ich den Studentinnen und Studenten zu zeigen, dass es nicht nur schwarz und weiss gibt. Ich möchte in der Lebensmittel-Mikrobiologie nicht fertige Lösungen auftischen, sondern Zusammenhänge aufzeigen.»

Als Amtsleiter der Kantonschemiker und der Kantonsveterinären von Basel-Land werden Peter Brodmann sein vielfältiges Wissen, seine Neugier und Offenheit zu Gute kommen. «Die kantonalen Labore in der Schweiz sind schon lange ein grosses Netzwerk. Lebensmittelkontrolle funktioniert nur, weil jeder Kanton ein Labor hat und man die lokalen Begebenheiten jeweils gut kennt. Die Lebensmittelinspektoren, die in die Betriebe gehen, arbeiten im selben Haus wie die Mitarbeitenden des Labors. Am Schluss ist es der Untersuchende selber, der auch die Verfügung schreibt. Und nicht irgendein Beamter in einem Ministerium wie teilweise in anderen Ländern.»


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