Wahlbeteiligung hängt von lokaler Berichterstattung ab

  07.06.2018 Nordwestschweiz, Politik

Grosse Bedeutung des Lokaljournalismus

Je weniger eine Zeitung über lokale Politik berichtet, desto tiefer ist die Wahlbeteiligung in den Gemeinden. Dies zeigt eine Studie der Uni Zürich.

Die Wissenschafter warnen davor, dass die Krise des Lokaljournalismus die Demokratie bedrohen könnte. Immer mehr Zeitungen in der Schweiz schliessen sich zusammen. Die Zahl der eigenständigen Regionalund Lokalzeitungen nimmt laufend ab. Die Konzentration und Kooperationen zwischen Medienverbünden nehmen zu. Die Lokalzeitungen geraten zudem immer mehr unter Druck wegen der Gratiszeitungen oder digitaler Medien. Gemäss dem «Jahrbuch Qualität der Medien» hat die Zahl der grösseren Regionalzeitungen in der Schweiz zwischen 2001 und 2016 von 36 auf 28 abgenommen, wie es in einer Mitteilung der Universität Zürich (UZH) vom Dienstag heisst. Gleichzeitig nimmt auch die Wahlbeteiligung immer mehr ab – in den Gemeinden des Kantons Zürich seit den 1970er-Jahren etwa von 70 auf 37 Prozent.

Der Medienschwund in der Schweiz bedrohe die Demokratie, fassen denn auch die Politikwissenschaftler Daniel Kübler und Christopher Goodman von der Uni Zürich die Ergebnisse einer von ihnen durchgeführten Studie zusammen. Darin untersuchten sie, ob zwischen der Krise des Lokaljournalismus und der Abnahme der Wahlbeteiligung in den Gemeinden ein Zusammenhang bestehe. Ihr Fazit: Je höher die Auflage der lokalen Zeitungen und je mehr die Medien über lokale Politik berichten, desto höher ist die Wahlbeteiligung. Wenn weniger Geld für professionellen Lokaljournalismus zur Verfügung stehe, werde die Berichterstattung über die lokale Politik reduziert. Zudem führten Zusammenschlüsse von Zeitungen dazu, dass ihr Einzugsgebiet nicht mehr mit den politischen Regionen übereinstimmt und sie deshalb nicht mehr über Lokales berichteten. «Je weniger die Menschen über das Geschehen in der lokalen Politik wissen, desto eher bleiben sie der Urne fern», bilanzieren die beiden Politikwissenschaftler. Der lokale Zeitungsmarkt sei ein wesentlicher Einflussfaktor für die Wahlbeteiligung.

Wenig Hoffnung für Online
Wenig Hoffnung sehen die Wissenschaftler für lokale Meldungen auf Online-Portalen. Es habe noch niemand die Lösung gefunden, wie man mit lokalen Online-News Geld verdienen könnte, wird UZH-Professor Daniel Kübler zitiert. Das Problem sei dabei auch, dass die Menschen gar nicht realisierten, dass sie mehr davon bräuchten. Die Politikwissenschaftler rufen deshalb nicht-kommerzielle Akteure wie Stiftungen, Parteien oder lokale Behörden dazu auf, aktiv zu werden und journalistische Nachrichtenangebote zu unterstützen, oder bei Bedarf neu zu schaffen. Die Kommunikation über Lokalpolitik sei sehr wichtig, wenn man das politische Leben in den Gemeinden am Leben erhalten wolle. Die Gemeinde sei die Schule der Demokratie, wie es der französische Politiker Alexis de Tocqueville schon im 19. Jahrhundert formuliert habe. «Es ist der Ort, an dem man am besten Einfluss nehmen kann. Ist die lokale Demokratie in der Krise, wird sich das später auch auf der Ebene der Kantone und des Bundes negativ auswirken», sagt Kübler. Die Politologen haben für ihre Studie Daten aus den sechs Metropolitanregionen Zürich, Genf, Basel, Lausanne, Luzern und Lugano untersucht. Insgesamt wurden 408 Gemeinden mit mehr als drei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern miteinbezogen. (nfz)


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