Flucht in eine neue Firma

  26.06.2018 Persönlich

Cornel Wehrli, Wehrli Partner Rechtsanwälte, Frick

Frage: Aufgrund eines grossartigen Jobangebots will ich meine jetzige Arbeitsstelle schnellstmöglich verlassen. Kann ich noch heute beim Chef anrufen und per Telefon kündigen? Darf ich dabei auf die Auszahlung meiner angesammelten Überstunden bestehen? Und was passiert, wenn ich nicht mehr zur Arbeit erscheine, da ich schon vor Ablauf der Kündigungsfrist bei der neuen Stelle zugesagt habe?

Antwort: Die Kündigung ist an keine besondere Formvorschrift gebunden. Sie können also brieflich, per E-Mail oder gar am Telefon kündigen, sofern ihr Arbeitsvertrag nichts anderes vorschreibt. Bei einer telefonischen Kündigung sollten Sie sich das Besprochene schriftlich bestätigen lassen. Aus Beweisgründen empfiehlt sich im Normalfall das übliche Vorgehen mittels eingeschriebenem Brief. Massgebend für die Wirksamkeit der Kündigung ist der Zugang beim Arbeitgeber und nicht etwa der Poststempel. Warten Sie also nicht bis zum letzten Tag, ehe Sie die Kündigung zur Post bringen. Sie riskieren sonst, dass sich das Arbeitsverhältnis im Fall einer Verzögerung um einen Monat verlängert. Überstunden dürfen nur dann mit Freizeit ausgeglichen werden, wenn Sie damit einverstanden sind oder Ihr Arbeitsvertrag eine solche Kompensation vorsieht. Da in Ihrem Fall keine dieser Voraussetzungen erfüllt ist, sind Sie berechtigt, auf die Auszahlung der Überstunden zu bestehen. Eine Auszahlung der verbleibenden Ferientage hingegen ist in der Regel nicht möglich. Wenn Sie die lange Kündigungsfrist nicht abwarten möchten, können Sie mit Ihrem jetzigen Arbeitgeber über einen früheren Austritt verhandeln. Verlassen Sie jedoch gegen seinen Willen Ihre Stelle vorzeitig, kann dieser einen Viertel eines Monatslohns und – sofern er ihn beweisen kann – weiteren Schadenersatz verlangen.

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