Fasziniert von grossen Fahrzeugen

  02.06.2018 Möhlin, Zeiningen

Rainer Kaufmann fährt mit dem Bus gerne weg, kommt aber auch gerne wieder heim

Lastwagenfahrer zu werden war sein Bubentraum. Er setzte diesen auch um und arbeitete später in leitenden Positionen im Transportwesen. Dass Rainer Kaufmann sich von einem Tag auf den anderen beruflich umorientieren musste, verhalf ihm zur heutigen Tätigkeit, die ihn vollkommen erfüllt.

Janine Tschopp

Rainer Kaufmann fährt mit dem Bus durchs Piemont. Im Schlepptau eine Gruppe aus dem Fricktal. Canale, Turin, Barolo, Alba. Ob auf der Autobahn oder auf den engeren Strassen im Weingebiet: Er fährt wie auf Schienen. Die Ruhe, die er ausstrahlt, wirkt sich auf die Gesellschaft aus, die sich im Bus sichtlich wohl fühlt. Auf dem Weg erzählt er gelegentlich etwas über die Umgebung. Er hat sich vorbereitet. Aber er spricht nur ins Mikrofon, wenn er den Eindruck hat, die Gruppe nicht zu stören. «Ja, bei meinem Beruf ist auch der menschliche Teil, das Fingerspitzengefühl, wichtig. Wenn ein Chauffeur einfach nur gut fährt, heisst das noch nicht, dass die Gesellschaft im Bus happy ist», schildert Rainer Kaufmann. Im August 2017 hat er zusammen mit seinem Bruder Stefan das Möhliner Traditionsunternehmen «Schwarb Reisen AG» übernommen.

Bubentraum: Lastwagenfahrer
Als Schüler war Rainer Kaufmann, der in Möhlin aufgewachsen ist, mittwochnachmittags regelmässig in der Kiesgrube anzutreffen. Es faszinierte ihn damals schon, grosse Bagger und Lastwagen zu fahren. In der Grube durfte er mit dem Lastwagen Kies transportieren oder mit dem Pneulader Lastwagen beladen. Es war sein Bubentraum, später als Lastwagenchauffeur zu arbeiten. Diesen setzte er um. Den Militärdienst absolvierte er als Motorfahrer und war in den WKs als Fahrlehrer und Leiter der Fahrzeugzentrale im Einsatz.

Im Alter von 22 Jahren heiratete er Jolanda. Mit dem Wunsch, ein Haus zu bauen und eine Familie zu gründen, kam auch der Gedanke nach Weiterbildung und einem höheren Einkommen. Er absolvierte das Handelsdiplom, das Höhere Wirtschaftsdiplom und den Marketingplaner. Bei Eurobus war er als Sachbearbeiter und später als Leiter Gruppenreisen und als stellvertretender Geschäftsführer Eurobus Knecht AG tätig. Bei Streck Transport AG in Möhlin als Technischer Betriebsleiter und danach während zwölf Jahren als Leiter Transport bei Coop. Er und sein Team waren für die Belieferung von fast 400 Coop Verkaufsstellen und Prontoshops verantwortlich. «Die Arbeit war vielseitig und spannend», schildert Rainer Kaufmann. Aufgrund von Umstrukturierungen verlor er Ende 2016 seine Arbeitsstelle. Für seine Mitarbeiter und auch für ihn selber kam dies völlig überraschend. «Heute bin ich dankbar, dass es so gekommen ist.»

Er wollte sich Zeit lassen, eine passende berufliche Herausforderung zu finden. «Wichtig ist, dass man jeden Morgen gerne aufsteht.»

Entscheidung im Whirlpool
Sein Bruder Stefan arbeitete bei Eurobus und unternahm im Februar 2017 eine Carreise nach Lappland. Er brauchte jemanden, der ihn während der Nachtfahrt ablöste. So fuhr Rainer Kaufmann mit in den Hohen Norden. «Die Reise faszinierte mich.» Auf der Fähre von Helsinki nach Travemünde sassen die beiden Brüder im Whirlpool und beschlossen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Ein halbes Jahr später übernahmen Rainer und Stefan Kaufmann die Firma von Familie Schwarb, die das Geschäft aus Altersgründen verkaufen wollte.

Mit der Übernahme von «Schwarb Reisen AG» schloss sich für Rainer Kaufmann ein Kreis. «Alles, was ich bisher gelernt habe, zum Beispiel Reisen organisieren, Car fahren, Personalwesen, Marketing, Werbung, kann ich nun anwenden.» Es sei kein 08/15-Job und verlange viel Flexibilität. Oftmals ist er während mehrerer Tage unterwegs.

Faszination Fliegen
Was macht Rainer Kaufmann um abzuschalten? «Da geniesse ich zusammen mit meiner Familie Haus und Garten. Ich gehe auch gerne biken, wandern oder wellnessen.» 1988 ist er mit seiner Familie in ein Eigenheim nach Zeiningen gezogen.

Und dann keimte in ihm, neben dem Steuern grosser Fahrzeuge, seit jeher noch ein anderer Wunsch: der Wunsch zu fliegen. «1996 schenkte mir meine Frau einen Schnupperflug mit einem Fluglehrer in Schupfart. Ich war total fasziniert.» Er absolvierte die Ausbildung zum Privatpiloten, und seit drei Jahren fliegt er für die Motorfluggruppe Schupfart regelmässig Rundflüge.

«Gelassenheit kann nicht schaden»
Rainer Kaufmann ist glücklich, bei seiner heutigen Tätigkeit Hobby und Beruf zu vereinen. Er geniesst es, neben organisatorischer und administrativer Arbeit selber am Steuer zu sitzen. Die Faszination vom Fahren empfindet er heute noch genauso stark wie früher. Der zunehmende Verkehr stört ihn nicht. «Es ist nur eine Frage der Einstellung. Letzthin war ich in Holland auf einer 12-spurigen Autobahn unterwegs, die vollkommen verstopft war. Wenn ich solche Sachen erlebe, machen mich zehnminütige Staus nicht mehr nervös», lacht er. Rainer Kaufmann strahlt viel Ruhe aus, auch während er erzählt. Ist er immer so entspannt? «Ja, Kollegen haben mich auch schon ‹Fels in der Brandung› genannt. Gewisse Sachen kann man ja sowieso nicht verändern. Die sind so wie sie sind. Und da kann ein bisschen Gelassenheit nicht schaden.»

Gefragt nach seiner persönlichen Lieblingsdestination meint er: «Friesland. Die schöne Landschaft, die Weite, das Meer, die Stimmung und die Windräder faszinieren mich.» Es sei immer schön wegzufahren, aber auch sehr schön, wieder heimzukehren. «Egal, wo ich war. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich wieder im Fricktal bin. Es ist eine wunderschöne Gegend, und es ist meine Heimat.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote