«Stammtorhüter? Wir haben ja bloss einen»

  02.06.2018 Wallbach

Auf Visite bei den Aufsteiger-Jungs: Wie der FC Wallbach die Sensation perfekt machte

Übertrieben war die Schlagzeile nicht: «Der FC Wallbach schreibt Vereinsgeschichte.» Mit dem Aufstieg in die zweite Liga ist den Fussballern ein veritabler Coup gelungen. Wie kam es dazu?

Ronny Wittenwiler

Als am Samstagabend der Schiedsrichter das Spiel abpfeift, wird aus diesem Märchen eine unglaubliche und doch reale Geschichte: Der FC Wallbach ist soeben aufgestiegen. Zweite Liga! Die Fussballer in Rotweiss vergolden damit eine Saison, in der man doch vor allem eines wollte: Spass haben in der dritten Liga. Manchmal kommt es eben anders, als man denkt.

Und es brechen alle Dämme
Wer sich die fussballerische Topographie im Fricktal vor Augen führt, wird schnell einmal merken, dass dem kleinen Verein vom Rheinknie ein Geniestreich gelungen ist. Denn Zweitligisten sind dünn gesät in der Region. Hier der FC Frick. Da der FC Rheinfelden, dessen sportlicher Verbleib in der Liga höchst ungewiss ist. Einzig der ursprünglich von Kroaten gegründete NK Pajde aus Möhlin spielt gar noch eine Liga höher (2. Liga interregional). Kein Wunder also, spielen sich am vergangenen Samstag kurz nach 20.15 Uhr auf dem Wallbacher Sportplatz Buhnacker besondere Szenen ab. Als der Schiedsrichter das Spiel beendet, brechen alle Dämme. «Die Aufstiegsnachricht verbreitete sich rasant und die Spieler lagen sich in den Armen.» (NFZ vom Dienstag)

2:0 gewonnen gegen Oberdorf. Und weil die AC Rossoneri als direkter Aufstiegskonkurrent gleichzeitig nicht über ein Remis hinauskommt, werden aus den leidenschaftlich kämpfenden Wallbachern plötzlich gefeierte Aufsteiger-Jungs.

Fussball auf dem Lande
«Natürlich wollten wir vorne mitspielen. Aber nie und nimmer war ein Aufstieg deklariertes Ziel», sagt ein gut gelaunter Manuel Heiz vier Tage später am Telefon. «Das Zwischenmenschliche in diesem Verein stand immer über dem sportlichen Erfolg.» Der 26-Jährige steht im Tor, doch Manuel ist kein Neuer: Schon mit fünf Jahren kickte er im Verein. Einmal Wallbach, immer Wallbach. Das ist Fussball auf dem Lande.

«Momentan scheint alles noch etwas unwirklich», kommentiert Florian Guarda (27) das eben Geschehene. Als Kapitän der Aufsteigermannschaft zog er im Mittelfeld die Fäden und mit seinen Jungs gegen Saisonschluss auch dem Mitkonkurrenten FC Möhlin davon. «Ich glaube, wir sind von den Strukturen her nicht wirklich ein typischer Zweitligaverein», sagt Guarda. «Hier ist alles ein wenig kleiner, familiärer.» Wie Manuel Heiz engagiert sich auch Guarda nicht bloss auf dem Rasen, sondern ebenfalls im Vorstand und es ist, als bekommt man eine Ahnung vom Wallbacher Erfolgsrezept, das letztlich zum grossen Coup führte. «Im Verein sind so viele Leute mit enormer Leidenschaft dabei», sagt Heiz. «Helfer im Hintergrund, die viel mehr machen als nur das Nötigste. Sie alle haben zu diesem Erfolg beigetragen.» Und immer wieder fällt dieses eine Wort: Teamgeist. Die Rede ist von verschworenen Jungs, die zum Teil seit über zwanzig Jahren Zeit miteinander verbringen – und das nicht nur während 90 Minuten.

Fast schon nostalgischer Kitsch
Da will man Spass haben in der dritten Liga – und plötzlich steigt man auf. Und als bräuchte es noch einen Beweis für die Leichtigkeit des Seins, die der FC Wallbach in dieser Saison an den Tag gelegt hatte: Manuel Heiz liefert ihn. Ob er denn eigentlich Stammtorhüter in der Aufsteigermannschaft sei, will die NFZ wissen. «Ja», sagt er und lacht: «Wir haben ja bloss einen Torhüter in der Mannschaft.»

Fast schon ein bisschen nostalgischer Kitsch ist das – und deswegen umso schöner: Der kleine FC Wallbach spielt nächste Saison in der zweiten Liga. Und nach der ursprünglichen Vollzugsmeldung auf der NFZ-Webseite kommentierte ein Fan schon mal, was er davon hält: «Wie gesagt: Wallbach ist der geilste Club der Welt.»


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