«Schön, ja. Schön anstrengend»

  13.06.2018 Persönlich

Übers Politisieren und Kinderhüten: Gisela Taufer

Nach sechzehn Jahren als Gemeinderätin ist sie seit dieser Amtsperiode Gemeindepräsidentin von Zeiningen; als dritte Frau in Serie. Die NFZ hat Gisela Taufer zum Interview getroffen.

Ronny Wittenwiler

NFZ: Gisela Taufer, die Eingewöhnungszeit als Gemeindepräsidentin ist vorbei. Probezeit bestanden?
Gisela Taufer:
Ich hoffe doch (lacht). Man darf nicht vergessen: Mit Beginn der Amtsperiode bekam Zeiningen drei neue Gemeinderäte. Als beinahe komplett neues Gremium muss man sich zuerst finden, das geht nicht von heute auf morgen. Aber bis jetzt läuft es gut.

Sie wurden mit einem Glanzresultat zur Gemeindepräsidentin gewählt. Sind Ihnen diese Vorschusslorbeeren nicht unheimlich?
Ich sehe es als Wertschätzung für meine Arbeit in den letzten sechzehn Jahren. Natürlich steigt die Erwartungshaltung mit solch einem Resultat. Doch so wie du gelobt wirst, wirst du auch kritisiert. Das ist ganz normal.

Ehemalige Ratskollegen beklagten zuletzt den rauen Umgangston. Warum tun Sie sich ein solches Amt weiterhin an?
Weil die Freude überwiegt. Ich bin gerne Gemeinderätin; mag es, mich für die Allgemeinheit zu engagieren, etwas zu bewirken. Ich bin relativ sozial eingestellt.

Sind Sie in der falschen Partei?
Nein. Ich bin zwar eher eine «links eingestellte» FDP-Frau. Soziales Wohlergehen ist mir wichtig. Ebenso zur Umwelt will ich Sorge tragen, auch auf Rücksicht nachfolgender Generationen. Der Gemeinderat besteht in erster Linie aus fünf Personen, die Sachgeschäfte bearbeiten. Aber ich fühle mich in der FDP auf alle Fälle gut aufgehoben; bin zudem Präsidentin der Ortspartei.

Sie lachen. Reisst sich niemand um das Amt?
Ich hätte bereits genug zu tun, das ist schon so. Einmal in der Woche hüte ich auch noch Grosskinder. Zwillinge.

Klingt schön.
Schön, ja, schön anstrengend! (lacht).

*

Gisela Taufer, Jahrgang 1951, verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder, fünf Grosskinder und wir bleiben beim Hüten der Zwillinge hängen. Sie schweigt zuerst, lacht dann hemmungslos – nämlich auf die Frage, wo es mehr Verhandlungsgeschick erfordere und Opposition gebe: beim Hüten von vierjährigen Zwillingen oder beim Leiten einer Gemeindeversammlung? «Sie haben ihren eigenen Willen», sagt Taufer schliesslich, meint damit die Zwillinge (ohne selbstverständlich diesen eigenen Willen dem Souverän absprechen zu wollen). Wie sie davon spricht, man merkt es ihr an, diese Freude. «Grosskinder zu haben, ist etwas ganz tolles. Nochmals zu erleben, wie diese kleinen Menschen sich entwickeln, heranwachsen zu eigenständigen Persönlichkeiten. Das ist so schön.» Mit ihrem eigenen Schalk sagt sie dann: «Und am Abend darfst du sie wieder abgeben.»

*

Weshalb gefällt Ihnen Zeiningen?
Nehmen wir das bevorstehende Dorffest. Wie hier Menschen zusammenarbeiten, sich dafür ins Zeug legen. Fantastisch, in so einem Dorf leben zu dürfen. Der Zusammenhalt ist grossartig. Es gibt so viele Begegnungen, 99 Prozent davon sind positiv.

Das ist aber wahnsinnig viel.
Es ist aber so. Und dieses eine Prozent nimmt man gerne in Kauf, in Anbetracht der positiv überwiegenden Dinge.

Ganz ehrlich: Worauf könnten Sie gerne verzichten?
Manche Personen schauen heutzutage bloss für ihr eigenes Gärtchen und wenn dieses in irgendeiner Form nicht mehr für sie stimmt, wird rasch einmal geschossen. Es sind aber wenige, die, egal, was du tust oder wie du es tust, immer ein Haar in der Suppe finden. Ausschliesslich Sonnenschein gibt es aber nirgends. Weder in diesem Amt, noch im Beruf, noch privat. Damit muss man umgehen können.

Wie halten Sie es eigentlich mit einer Frauenquote?
Die Ausübung eines Amtes hängt in erster Linie von der Eignung ab. Ob Mann oder Frau sollte keine Rolle spielen.

Sie haben leicht reden, als Chefin von vier Männern. Wie fühlt sich das an?
Gut! (Lacht) Ernsthaft: Ich glaube, man erwartet von einer Frau noch heute immer ein bisschen mehr. Über wie viele Generationen das anhält, weiss ich nicht.

Gibt es die viel gepriesene weibliche Intuition?
Möglich. Ähnliches kann ich dem männlichen Geschlecht aber ebenso wenig absprechen.

Das ist jetzt sehr diplomatisch.
Ich werde nie Männer und Frauen gegeneinander ausspielen. Das widerstrebt mir.

Noch so eine Frage: Was sind Sie lieber, Gemeindepräsidentin oder Gemeindeammann?
Beides behagt mir. Auch wenn ich persönlich die ursprüngliche Bezeichnung Gemeindeammann nicht geändert hätte. Das ist aber nicht matchentscheidend. Man darf mich ansprechen, wie man will.

Hauptsache freundlich – auch nach vier Jahren als Gemeindepräsidentin.
Das wäre schön. Ich hoffe, dass ich weiterhin ein Gespür dafür habe, was die Mehrheit der Bevölkerung will.


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