«Da darf ich schon ein wenig bluffen»

  28.06.2018 Persönlich, Wölflinswil

Wohlfühlen in Wölflinswil: Barbara Fricker

Nach acht Jahren als Gemeinderätin ist sie seit dieser Amtsperiode Frau Gemeindeammann von Wölflinswil. Die NFZ bat Barbara Fricker zum Interview.

Ronny Wittenwiler

NFZ: Barbara Fricker, wie geht es Ihnen?

Barbara Fricker: Gut. Im Moment dürfte es etwas mehr Schlaf sein, aber das wird wieder.

Inwiefern hat das Wohlbefinden mit Ihrem neuen Amt zu tun?
Die Gemeindegeschäfte bestimmen grösstenteils den Tagesablauf, das aber auf eine mehrheitlich gute Art. Dementsprechend fühle ich mich.

Sie würden die Wahl wieder annehmen?
Unter diesen Umständen, mit diesem guten Gemeinderatsteam: ja.

Dabei haben Sie nicht offiziell als Frau Gemeindeammann kandidiert.
Bei einer Versammlungswahl wie in Wölflinswil läuft es manchmal etwas anders (lacht). Meine Wahl kam durch einen Vorschlag aus der Versammlung ins Rollen. Hätte sich jemand anderes gemeldet, wäre das absolut in Ordnung gewesen. Ich brauche den Tanz auf der öffentlichen Bühne nicht zwingend, sehe mich eher als Dienstleistende.

*

Barbara Fricker, Jahrgang 1961, verheiratet, Mutter von zwei erwachsen Kindern. Vor 26 Jahren zog sie nach Wölflinswil, nachdem sie mit ihrem Mann einige Jahre im Seetal verbracht hatte. Aufgewachsen in Densbüren, Abschluss einer KV-Lehre dort auf der Verwaltung, liess sie das Gemeindewesen nicht mehr los. «Schampar spannend» sei dieses, sagt sie, lässt immer wieder durchblicken, wie viel man doch bewirken könne. Dass sie eines Tages von der Verwaltung in die Exekutive wechseln würde, nein, das habe sie sich nie träumen lassen. Freude schwingt mit.

*

Sie sind bislang nicht mit Gehässigkeiten konfrontiert worden?
Absolut nicht. Vielmehr verspüre ich Wohlwollen. Und ich vertraue darauf, dass sich Leute bemerkbar machen, wenn sie «hässig» sind; damit wir uns damit befassen können, warum eine Situation so ist, wie sie ist.

Sind grössere Gemeinden eher ein Haifischbecken für ein solches Amt?

Ich kann mir das schon vorstellen. Wobei: Leute, die stets das Haar in der Suppe suchen, gibt es wohl überall. Kritik ist gut – auf die Art und Weise es kommt an.

Folglich haben Wölflinswiler eine besonders gute Kinderstube?
Ich denke schon (lacht). Möglicherweise wird es auch einfach geschätzt, dass sich Menschen überhaupt für ein Amt zur Verfügung stellen.

Wird das in zwanzig Jahren noch so sein?
Es wird immer Leute geben, die sich fürs Gemeinde- und Allgemeinwohl einsetzen.

Da sind Sie sehr optimistisch.
Ich bin glücklich mit meiner Neigung zum Positiven. Vielleicht bin ich manchmal etwas überpositiv. Doch ohne Freiwilligenarbeit geht es nun mal nicht. Das zeigt sich hier besonders in den Vereinen. Solches Engagement im Verein erachte ich als guten Einstieg, gerade auch im Hinblick auf andere Ämter in einer Gemeinde.

Beobachtet Sie Ihr Mann genau als Frau Gemeindeammann?
Beobachten? (Lacht). Er ist ein treuer Versammlungsbesucher, das ist tipptopp. Und es gibt immer Situationen, in denen man einfach mal abladen muss. Ein Rückhalt in der Familie ist wichtig.

Also ist er eher Fels statt Nörgler.
Absolut! So kann man das sagen.

*

Heute Donnerstag leitet Barbara Fricker ihre erste Gemeindeversammlung. Sie wolle gut vorbereitet sein. Als Gemeindeammann trage man besondere Verantwortung.

*

Was sind Ihre Ziele für diese Amtsperiode?
Die laufenden Geschäfte sollen gut über die Bühne gehen. Die Weiterentwicklung der Gemeinde und der Erhalt der Infrastrukturen sind eine Herausforderung, gerade in Anbetracht des eingeschränkten Finanzhaushalts. Es gilt, die Balance zu finden.

Wird es unter Ihrer Führung eine Fusion mit Oberhof geben?
Nicht erst seit der Gemeinschaftsverwaltung 1971 haben wir eine sinnvolle Zusammenarbeit in vielen Bereichen. Eine Fusion wäre höchstens Thema, liessen sich keine Behördenmitglieder mehr finden. Das ist nicht der Fall. Kleine Gemeinden, die ihren Aufgaben nachkommen, haben weiterhin ihre Daseinsberechtigung. Eine Fusion zweier derart kleinen Gemeinden bringt niemanden weiter. Heute denken viele grossräumiger.

Langweilt Sie diese typische Fusion-Frage?
Nein, ein Gedanke ist sie allemal wert. Und ich bin gespannt auf die Entwicklung der nächsten zehn, zwanzig Jahre.

Die Raiffeisenbank ist von hier abgezogen – eine Herausforderung fürs Dorf?
Ein Dorf lebt nur, wenn sich die Menschen darin auch bewegen und unterwegs sind. Daher ist die Aufgabe der Raiffeisen-Filiale in Wölflinswil ein Verlust für unser Dorf. Unsere Gewerbebetriebe und Läden sind wichtig fürs Dorf. Ohne Laden steigen alle ins Auto und gehen nach Frick oder Aarau. Leider sind wir am kürzeren Hebel, schliesslich entscheiden die Betriebe. Wir können aber die Menschen sensibilisieren, unsere Läden zu nutzen. Dass etwa der Dorfladen und die Landi erhalten bleiben, liegt uns sehr am Herzen.

Am Tag, an dem Sie Ihr Amt abgeben – was soll man über Sie sagen?
Da habe ich mir noch nie überlegt. So weit bin ich noch nicht.

Wir wollen Sie auch nicht zum Rücktritt drängen – nur so als mögliche Bilanz Ihrer Arbeit.
Mich würde es freuen, wenn es heisst: «Sie hat ihren Job gut gemacht. Das, was nötig war, hat sie erledigt.» Aber was für eine Frage! (Lacht).

Blöde Frage?
Eine etwas unangenehme. Wahrscheinlich steht mir mein Typ wieder im Weg. Ich möchte nicht vorgeben, welches Urteil andere über mich einmal abzugeben haben.

Was wünschen Sie sich für die Gemeinde?
Dass sie lebendig bleibt; mit diesen tollen Menschen, die hier wohnen. Da darf ich schon ein wenig bluffen: Ich finde Wölflinswil ein lässiges Dorf und glaube, die Menschen fühlen sich wohl. Ich hoffe, dass Wölflinswil nicht zu sehr durch die gesetzlichen Vorgaben raumplanerisch eingeschnürt wird und sich noch etwas weiterentwickeln kann. Ein gesundes Wachstum wäre gut – es gibt Leute, die nach Bauland fragen.

Sind Sie eigentlich Gemeindeammann oder Frau Gemeindeammann?
Die Bezeichnung «Frau Gemeindeammann» finde ich eigentlich sympathisch. Meistens werde ich aber sowieso mit Vorname angeredet.

Typisch Wölflinswil?
Ja, das ist hier so.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote