Wenn die «Dürren» gegen die «Grünen» kämpfen…

  06.04.2018 Effingen

… dann findet in Effingen das traditionelle «Eierleset» statt

Seit Anfang Jahr sind die Mitglieder des Turnvereins Effingen sowie die ganze Turnerfamilie daran, sich auf das traditionelle «Eierleset» vom kommenden Sonntag vorzubereiten.

Janine Tschopp

Der Anlass, der am Sonntag im 600-Seelen-Dorf Effingen, durchgeführt wird, zieht nicht nur die lokale Bevölkerung an. Es werden Zuschauer aus der ganzen Schweiz und sogar aus dem benachbarten Ausland erwartet. «Vor zwei Jahren war das Wetter schön, und wir durften zirka 1500 Gäste begrüssen», erinnert sich Stefan Meier. Er ist Präsident des Turnvereins Effingen, der zusammen mit der ganzen Turnerfamilie das «Eierleset» organisiert.

Das «Eierleset» ist ein Brauchtum, der in Effingen seit mindestens 100 Jahren zelebriert wird. Der Anlass findet alle zwei Jahre am Sonntag nach Ostern statt. Die Vorbereitungen für den grossen Tag beginnen bereits Monate vorher. «Seit zwei Monaten trainieren wir nur noch freitags. Anstelle des Trainings am Dienstag treffen wir Vorbereitungen für das ‹Eierleset›», erklärt Stefan Meier. Viel Arbeit im Vorfeld gibt jeweils das Nähen von neuen, respektive das Instandstellen von havarierten Kostümen. Auch die traditionellen Masken werden für den grossen Tag herausgeputzt. Der «Tannästler» und der «Stechpälmer» beispielsweise gehören zu den traditionellen Figuren, die jedes Mal neu hergestellt werden. So gilt es, im Wald genügend Tannenzweige und Stechpalmen zu sammeln und unter Mithilfe der Damenriege und des Männerturnvereins auch die Kostüme des «Tannästlers» und des «Stechpälmers» fertigzustellen. Dies geschieht meistens in der Osterwoche.

Letzte Vorbereitungen am Ostermontag
Nachdem die Kostüme fertiggenäht sind, trifft sich die Turnerfamilie am Ostermontag auf dem Platz vor dem Gemeindehaus für die letzten Vorbereitungen. Dazu gehören zum Beispiel das Binden der acht Meter langen Kränze aus Rottannen, die am «Eierleset» als Dekoration über der Effinger Dorfstrasse prangen werden. Auch wird am Ostermontag ein weiteres Mal an der berühmt-berüchtigten «Eier-Predigt» geschrieben. Das ist eine Art Schnitzelbank, in welchem zum Beispiel die Gemeinderäte in die Pfanne gehauen werden, aber auch nationale und internationale Ereignisse kommentiert werden. Es ist der Eier-Pfarrer, der die Predigt am Sonntagnachmittag im Anschluss an das «Eierleset» von seiner Kanzel aus verkünden wird.

Am Ostermontag geben die Mitglieder des Turnvereins ihre Masken-Wünsche an den Maskenchef, Lukas Schütz, ab. «Die Zuteilung hängt vom Trainingsbesuch, respektive vom Einsatz bei den Vorbereitungsarbeiten ab», erklärt Lukas Schütz. Er hat nun die Aufgabe, jedem Mitglied des Turnvereins seine Maske zuzuteilen. Seine Entscheidung wird er heute Freitagabend, vor dem «Eiertätsch» für die Helfer, bekannt geben.

Winter und Frühling bekämpfen sich
Es gibt fünf Kostüme, die «Grünen», welche den Frühling symbolisieren. Gleich viele, die «Dürren», symbolisieren den Winter. Zu den neutralen Figuren gehören der Pfarrer und der Polizist. Der Kampf der Masken, der am Sonntag die Zuschauer unterhalten wird, ist ein wilder Kampf mit keinerlei Regeln.

Als «höherer Kampf» bezeichnet Stefan Meier den Kampf zwischen dem Eierläufer und dem Reiter. Der Eierläufer hat die Aufgabe, 162 Eier, die paarweise auf einer Strecke von 80 Metern Länge auf Sägemehl-Häufchen gelegt sind, einzusammeln und in eine Spreuwanne zu werfen. Bis alle Eier eingesammelt sind, absolviert der Läufer eine Strecke von rund zehn Kilometern. «Als Eierläufer wird ein junger, fitter Turner ausgesucht», erklärt Stefan Meier. Damit er genügend trainieren kann, ist der Eierläufer der einzige Turner, der bereits im Voraus weiss, welche Maske er verkörpern wird.

Während der Eierläufer die Eier einsammelt, schreitet der Reiter mit seinem Pferd der Dorfgrenze entlang, respektive über die Dorfgrenzen hinaus. Der Reiter, der sich vom Dorf entfernt, symbolisiert den Winter. Der Läufer symbolisiert, durch das Sammeln der Eier, Fruchtbarkeit und somit den Frühling. So geht es also sowohl beim «wilden» Kampf der Masken, als auch beim «höheren» Kampf zwischen Eierläufer und Reiter darum, ob es der Frühling schafft, gegen den Winter zu gewinnen, respektive ihn zu vertreiben.

Die ganze Turnerschar und OK-Präsident Mathias Pfister freuen sich, wenn es nach dieser intensiven Vorbereitungszeit am Sonntag losgeht. «Es wäre toll, wenn wir viele Gäste begrüssen dürften», meint Mathias Pfister. Bei schönem Wetter werden es sicher viele Zuschauer aus nah und fern sein, die am Sonntag nach Effingen pilgern und diesem traditionellen Brauchtum beiwohnen werden. Aus dem Gespräch mit den Organisatoren wird klar, wer den Kampf zwischen «dürr» und «grün» am Ende gewinnen wird. Stefan Meier bringt es auf den Punkt und sagt: «Das Wichtigste ist, dass der Frühling kommt.»

eierleset.ch


Ei, Ei, Ei

Am Sonntag, 8. April findet in Effingen das traditionelle «Eierleset» statt. Ab 13 Uhr werden die Besucher erwartet. Um 14.30 Uhr wird das Brauchtum mit dem «Kampf der Masken» sowie dem «höheren Kampf» zwischen Eierläufer und Reiter auf der Dorfstrasse zelebriert. Beim Dorfbrunnen wird anschliessend die Eierpredigt gehalten. Danach findet der traditionelle «Eiertätsch» in der Turnhalle statt. (jtz)


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