Sanfter Tourismus soll Fledermaus-Projekt helfen

  18.04.2018 Wegenstetten

Valentin Zumsteg

Nur noch drei Kolonien der Fledermausart «Grosse Hufeisennase» gibt es in der ganzen Schweiz. Eine befindet sich im Bündnerland, eine im Wallis und die dritte im Wegenstettertal. In den Sommermonaten ziehen die Weibchen ihre Jungen im Dachstock der alten Trotte in Wegenstetten auf. «Diese Fledermausart ist akut vom Aussterben bedroht», erklärt Philipp Schuppli von Pro Natura Aargau. Aus diesem Grund hat Pro Natura 2016 die Liegenschaft in Wegenstetten gekauft. «Unser oberstes Ziel ist der Schutz dieser Fledermaus-Kolonie», betont Schuppli.

Leben wie zu Gotthelfs Zeiten
Pro Natura lässt das baufällige Gebäude sanft renovieren. Auf diese Weise wird das «Flederhaus», wie es neu heisst, erhalten und dank der Zusammenarbeit mit der Stiftung «Ferien im Baudenkmal» als Feriendomizil nutzbar. Die ersten Bauarbeiten haben im Februar begonnen. So musste der Dachstock verstärkt und ausgebessert werden. «Die Dacharbeiten sind abgeschlossen. Die weiteren Bauarbeiten starten voraussichtlich im Sommer», schildert Projektleiter Schuppli.

Ab Mitte 2019 sollen die Räumlichkeiten als Ferienwohnung genutzt werden können. Hier dürfen die Interessierten fast wie zu Gotthelfs Zeiten leben: Denn das Haus, das 1803 ursprünglich als Gasthaus erstellt worden ist, gilt als ein bedeutendes Zeugnis der regionalen Bau- und Wohnkultur. Es besitzt einen hohen Anteil an originaler Bausubstanz und historischen Ausstattungsteilen. In der Küche findet sich ein Herd, der wahrscheinlich noch deutlich älter als das Haus ist. In der Stube gibt es einen schönen Kachelofen mit Sitzbank und in einem kleinen Zimmerchen ein Plumpsklo. Künftig soll aber ein einfaches Badezimmer eingerichtet werden. Das Budget für das «Flederhaus»-Projekt beläuft sich auf rund 1,6 Millionen Franken. Finanziert wird die Sanierung von zahlreichen privaten Spendern, Vereinen und Stiftungen sowie vom Bundesamt für Umwelt und vom Swisslos-Fonds des Kantons Aargau, erläutert Schuppli.

Mit dem Haus allein ist es aber nicht getan: Koordinierte Artenschutzmassnahmen sollen den Fledermäusen beim Überleben helfen. Da die «Grosse Hufeisennase» eine so genannte Schirmart ist, profitieren unterschiedlichste andere Tierarten ebenfalls von den Fördermassnahmen. Damit die Fledermäuse zu ihren nächtlichen Jagdgebieten finden und es genügend Nahrung gibt, sind verschiedene Aufwertungsmassnahmen zu Gunsten von Natur und Landschaft in der Umgebung und im ganzen Wegenstettertal geplant.

So hat der Natur- und Vogelschutzverein Hellikon zusammen mit dem Jurapark Aargau einen Hochstamm-Sortengarten mit 30 Bäumen angelegt. «Von den Fördermassnahmen für die Fledermäuse profitieren nicht nur Obstliebhaber, sondern auch unzählige weitere Tier- und Pflanzenarten. Die Bewohner und Landwirte können zu recht Stolz sein, dass die Grosse Hufeisennase hier noch existiert. Dennoch braucht es unbedingt zusätzliche Massnahmen, damit die seltenste Bewohnerin des Tales überleben kann», erklärt Schuppli.

Die Kolonie soll wachsen
Das Fledermaus-Projekt stösst auf Interesse: «Es gibt immer wieder Fragen aus der Bevölkerung», sagt Schuppli. Aus diesem Grund laden Pro Natura, der Jurapark Aargau und die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» am kommenden Freitag, 20. April, ab 17.30 Uhr zu einem «Tag der offenen Trotten-Tür» ein. Dort können sich Interessierte über das Projekt und das Leben der Fledermäuse informieren.

Übrigens: Die kalten Wintermonate verbringen die Fledermäuse in Höhlen oder Felsspalten. «Vergangene Woche sind die ersten Tiere in den Dachstock der alten Trotte zurückgekehrt», freut sich Schuppli. Er hofft, dass dank den Schutzmassnahmen die Kolonie im Wegenstettertal wächst und gedeiht.

Tag der offenen «Trotten-Türe» am Freitag, 20. April, ab 17.30 Uhr. Rundgang durch die Trotte um 18 Uhr. Rundgang Flugroute Fledermäuse um 19 Uhr.


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