Der «Rhyschnoog» fliegt zum letzten Mal

  08.02.2018 Möhlin, Unteres Fricktal

Von Janine Tschopp

«Jetzt ist der Zeitpunkt günstig aufzuhören, weil junge Schnitzelbänkler nachgekommen sind. Und irgendwann muss ich ja sowieso aufhören», lacht Willi Gremper. Das Singen sowie das Laufen zwischen den Auftritten seien in letzter Zeit etwas mühsam geworden. An der diesjährigen Fasnacht wird der 75-Jährige mit seinen «Rhyschnooge» zum letzten Mal seine Verse zum Besten geben.

Komisch wird es sicher werden für den eingefleischten Fasnächtler, vor allem wenn er dann gegen Ende Jahr in seinem Büro die neuen Verse schreiben will, und merkt, dass es gar keine Verse mehr braucht. Was für Willi Gremper klar ist: «Auch wenn ich in Zukunft nicht mehr als ‹Rhyschnoog› unterwegs bin, ich werde sicher nicht zu Hause sitzen an der Fasnacht.» Vermutlich wird er seine Meler Galgevögel (MGV) vor und während der Fasnacht unterstützen, wenn Not am Mann ist. Denn mit der Fasnacht gar nichts mehr zu tun zu haben, kann sich Willi Gremper nicht vorstellen. «Ja, ich bin schon ein richtiger Fasnächtler», sagt er.

«Das isch öbbe anno 1966 gsi», erinnert sich Willi Gremper an die Anfangszeiten bei den Galgevögel. Gegründet wurden sie 1964 und zwei oder drei Jahre später, ist er beigetreten. Zahlen und Jubiläen sind ihm nicht so wichtig. «Heute jubilieren alle ständig. Wir haben mit den ‹Rhyschnooge› nie jubiliert.»

In den ersten paar Jahren war Willi Gremper auf dem Wagen der MGV und sang Verse vom Wagen hinunter. Erst später, «sicher ab 1970», begann er unter dem Namen «Rhyschnoog» seine Schnitzelbänke in den Beizen vorzutragen. «Damals hatten wir noch acht oder neun Beizen in Möhlin. Am Sonntag sangen wir im Oberdorf und am Dienstag in Ryburg.» In den Anfangszeiten war er alleine unterwegs.

Seit einigen Jahren ist es Marco Braccini, der ihn mit der Geige begleitet und seine Frau Elsa, die die Helgen zeigt. «Wichtig ist auch der Helgenmaler Kurt Böni, denn ein Vers lebt nur mit einem guten Bild», ist der erfahrene Schnitzelbänkler überzeugt.

Inspiriert durch die Basler Fasnacht

Das Beizensingen in Möhlin hat Willi Gremper damals eingeführt. «Als junger Kerli ging ich nach Basel an die Fasnacht und war fasziniert von den Schnitzelbänken, die in den Lokalen gesungen wurden. Ich wollte wissen, ob das bei uns in Möhlin auch möglich ist.» Und es war möglich. Während vieler Jahre war Willi Gremper nicht nur Schnitzelbänkler, sondern auch Mitglied der Guggenmusik. Und er war 16 Jahre im MGV-Vorstand aktiv, davon sechs Jahre als Präsident.

Er genoss es, all die Jahre als «Rhyschnoog» unterwegs zu sein, sei es in Möhlin, in Rheinfelden oder in Zeiningen. Was reizte ihn besonders? «Erstens dichte ich sehr gerne, und zweitens liebe ich es, die Leute in einer Beiz zu unterhalten, die nicht in den Rummel hinein wollen.»

Jeweils Anfang Dezember begann er, Sujets für seine Verse zu sammeln. Dann schrieb er die letzte Zeile mit der Pointe nieder. Die übrigen Zeilen folgten später. «Mein Ziel war immer, an Weihnachten drei oder vier Verse ganz fertig zu haben. Ich will keinen Stress.» Sujets zu finden, sei früher einfach gewesen. «Da gab es noch Dorforiginale, die man namentlich nennen durfte. Die gibt es heute nicht mehr.»

Das Kribbeln ist wieder da

Nun, kurz bevor es losgeht, hat ihn die Fasnacht wieder gepackt und fest im Griff. «Es fängt wieder an zu kribbeln.» Das sei immer so gewesen. Spätestens ab dem 2. Faisse habe das spezielle Gefühl angefangen. Auch heute ist er noch aufgeregt vor dem Auftritt in der ersten Beiz. «Eine gewisse Nervosität muss da sein.» Die Nervosität lege sich dann, und jeweils nach dem Auftritt sei es einfach nur «ein geiles Gefühl». Es sei auch schon passiert, dass er mit einem Vers «abgeschifft» sei. «Dann gilt es, einfach durchzubeissen. Zudem kann man nicht ausschliesslich Spitzenverse schreiben.»

Eines der grossen Vorbilder unter den Schnitzelbänklern ist für Willi Gremper «dr Schorsch vom Hafebeggi 2». Gremper zeigt stolz eine «Schorsch-Blagette», die nur in limitierter Auflage produziert wurde und die er als Geschenk erhielt.

Auch wenn Willi Gremper nach dieser Fasnacht nicht mehr als «Rhyschnoog» unterwegs ist, wird der langjährige Schnitzelbänkler sicher auch weiterhin bei passender Gelegenheit einen Reim zur Hand haben.

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