Braucht es ein «Vogelrestaurant»?

  21.01.2018 Aargau, Natur, Nordwestschweiz, Oberes Fricktal, Gemeinden, Unteres Fricktal

von Susanne Hörth

Die Temperaturen sind frostig. In den kahlen Bäumen sitzen unzählige, aufgeplusterte kleine Vögel. Haben sie Hunger, frieren sie, brauchen sie unsere Hilfe? Fragen, mit denen sich viele Menschen alljährlich mit Einbruch der kalten Jahreszeit beschäftigen. Gerne möchte man ja den gefiederten Freunden bei der Futtersuche helfen. Bevor es aber ans Aufstellen von Vogelhäusern, Aufhängen von Futterringe und Kaufen von Unmengen an Körnerfutter geht, macht es Sinn sich bei Fachleuten zu erkundigen und sich auf Internetseiten wie bei der Vogelwarte Sempach oder bei Birdlife schlau zu machen.

\"\"

Beim Thema Winterfütterung von Kleinvögel werden auch vielfach die Mitglieder von Fricktaler Natur- und Vogelschutzvereinen um Rat gebeten.

«Ja, die Storchenstation und Vereinsmitglieder werden oft angefragt», bestätigt Markus Kasper, Co-Präsident vom Natur- und Vogelschutzverein Möhlin, eine entsprechende Anfrage. Er betont aber auch: « Wir sind der Ansicht, dass eine Fütterung kaum notwendig ist, da die Vögel an unser Klima angepasst sind». Nur selten würden wirklich bedrohte Vogelarten ans Futterbrett kommen. Der Co-Präsident den NVM stellt auch fest, dass man bei der Fütterung eher an Körnerfresser wie zum Beispiel Finken denkt. Vergessen gingen dafür die Weichfresser. Etwa das Rothkehlchen, das eben weiche Nahrung wie beispielsweise Haferflocken bevorzugt.

\"\"

Wie Markus Kasper ist auch Jürg Winter, Ornitologe und Präsident des Naturschutzvereins Kaisten, überzeugt: «Die Vögel, welche die kalte Jahreszeit bei uns verbringen, haben grundsätzlich genügend Futter.» Er hält aber auch fest: «Das Zufüttern mit Vogelfutter kann nützlich sein bei längerer geschlossener Schneedecke, Dauerfrost und Eisregen.» Beide Naturschützer machen darauf aufmerksam, dass wenn gefüttert wird, ein grosses Augenmerk der Sauberkeit und Hygiene am Futterplatz gelten muss. Dazu Markus Kasper: «Es ist immer die Gefahr von Krankheitsübertragungen bei unhygienischen Futterhäuschen vorhanden.» Jürg Winter ergänzt: Die Futterstellen müssen deshalb regelmässig gesäubert werden.»

Beim Aufstellen der Futterstellen müsse zudem darauf geachtet werden, dass die Vögel eine ausreichende Fluchtmöglichkeit haben. Der Fachmann spricht dabei von zwei bis fünf Metern, insbesondere wegen Katzen. Damit Kollisionen vermieden werden können, sollte auch der Abstand zu Fenstern genügend gross sein.

Auf die Frage, wann denn am besten gefüttert werden sollte, meint der Kaister Ornitologe: « Am hungrigsten sind die Vögel am frühen Morgen und gegen Abend.» Finden sie genügend Nahrung, überstehen sie die kalten Nächte.» Jürg Winter weist nochmals darauf hin, dass das gekaufte Futter qualitativ einwandfrei sein und nicht etwa mit Ambrosia-Samen verunreinigt sein sollte.

«Winterfütterung für Kleinvögel mit Mass, dem richtigen Futter und Hygiene – kein stehendes Wasser –  ist okay», so Markus Kasper. Er weiss, dass die Winterfütterung trotz nicht zwingender Notwendigkeit einen positiven Nebeneffekt hat. Und zwar einen didaktischen Stellenwert. Das Füttern veranlasse manches Kind und manchen Erwachsenen, sich näher mit Vögeln zu befassen und ihnen später vielleicht einmal richtig helfen zu können.

 

Greifvögel-Fütterung nur etwas für «Profis»

Wenig üppig ist die Speisetafel im Winter auch für die grossen Vögel, die Greifvögel. Auch sie sind auf der Suche. Beim Naturschutzverein Eiken befasst man sich schon seit Jahren mit der Fütterung dieser Tiere. Auf die Frage, ob heuer schon Vögel mit Futter (Rohfleisch) bei der Nahrungssuche unterstützt wurden, verneint Vereinsmitglied Markus Schumacher: «In diesem Winter ist von Leo Amrein und mir noch keine Greifvogelfütterung erfolgt.» Es gab bisher keine geschlossene Schneedecke, keinen Dauerfrost. Schumacher schliesst aber nicht aus, dass es noch nötig werden kann. Er betont: «Grundsätzlich sollten Laien keine Greifvögel füttern, da gibt es einiges zu beachten.»

Markus Kaspar von der Storchenstation Möhlin bestätigt das: «Raubvögel, Reiher, Störche u.a. sollten nur durch Profis gefüttert werden» Ausserdem sei eine Futterstelle bewilligungspflichtig. «Zudem ist diese Arbeit sehr aufwändig. In der Regel können diese grossen Vögel bei schlechter Wetterlage in ein milderes Gebiet ausweichen. In der Storchenstation Möhlin verzichten wir auf eine Winterfütterung um, wie von «Storch Schweiz» vorgegeben, die Vögel möglichst wieder an die Natur zu adaptieren.»

 

Verletzte Vögel

Markus Kaspar weist des Weiteren darauf hin, dass schwache oder verletzte Vögel bei ihnen in der Wildvogelpflegestation/Storchenstation abgegeben werden können. Das funktioniere «am besten in einer Schachtel. Um eine vorherige, telefonische Anmeldung (077 456 21 35) wird gebeten. «Grosse Vögel können wir nötigenfalls einfangen oder abholen.» Wenig Sinn mache aber die Ablieferung von zu früh aus dem Nest gefallenen Nestlingen in der Brutzeit. «Deren Aufzucht ist zu aufwändig und oft auch erfolglos. Meistens werden diese von den Altvögeln auch am Boden noch betreut, also bitte sein lassen.»

Kaspar nutzt die Gelegenheit und macht darauf aufmerksam, der NVM einen Grundkurs in Ornithologie (Vogelkunde) anbieten www.moehlin-natur.ch Anmeldefrist bis 22. Januar.

 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote