«Unseren Kindern wird ein falsches Bild vermittelt»

  18.01.2018 Zeiningen

Die Ägypterin Hoda Elsherif hat in Zeiningen ihre neue Heimat gefunden

Mit dem Verein «Arab Swiss House» will die Ägypterin Hoda Elsherif aus Zeiningen eine Brücke zwischen ihrer ursprünglichen und ihrer neuen Heimat schlagen.

Janine Tschopp

Kerzen und Räucherstäbchen verleihen dem hellen Wintergarten mit dem bunten Sofa und den orientalischen farbenfrohen Kissen eine spezielle Atmosphäre. Die Stimmung im Raum ist sehr angenehm. Hoda Elsherif erzählt, hauptsächlich in englischer Sprache, von ihrer Heimat Ägypten: «Wie unser Land in den Medien dargestellt wird, entspricht nicht der Realität. Unseren Kindern wird ein falsches Bild vermittelt.» Vielleicht seien 0,1 Prozent der 91 Millionen Menschen, welche in Ägypten leben, extrem und fanatisch, aber nicht mehr.

Das ist einer der Hauptgründe, weshalb Hoda Elsherif Ende 2013 zusammen mit zwei anderen Personen den Verein «Arab Swiss House» gründete. Es soll ein Ort entstehen, wo sich Menschen verschiedener Kulturen mit Respekt begegnen. «Unsere Tür ist nicht nur für Personen arabischer oder Schweizer Herkunft offen, sondern für Menschen aller Kulturen, unabhängig ihrer politischen Einstellung und ihrer Religion», erklärt die Ägypterin. Auch ihrem ganz nahen Umfeld will sie mit dem «Arab Swiss House» die Kultur und die Menschen ihrer Heimat näherbringen. «Wir machen das für uns und für unsere Kinder», erklärt Hoda Elsherif. Sie will ihrer Tochter ein anderes Bild ihrer Heimat geben, als ihr im Fernsehen vermittelt wird.

Im «Arab Swiss House» werden drei Teilbereiche angeboten: ein Kunstgalerie-Café, ein Kulturzentrum sowie ein Schulungsraum mit Bibliothek. Als Gründerin und Projektverantwortliche engagiert sich Hoda Elsherif in mehreren Bereichen ehrenamtlich. So gibt sie Arabisch-Unterricht für Kinder und Erwachsene. Weiter ist sie für die Radiosendung «ArabX» verantwortlich, die jeden Montagabend auf Radio X ausgestrahlt wird und wo Nachrichten, Musik und Kultur sowohl aus Basel als auch aus der arabischen Welt vermittelt werden.

Erst in Zeiningen wirklich sesshaft geworden
«Wir haben entschieden, dass wir hier bleiben, und ich will hier auch nie mehr weg. Hier fühle ich mich zu Hause. Nach Ägpyten reise ich nur noch, um mit meiner Familie Ferien zu verbringen», erklärt Hoda Elsherif. Irgendwo sesshaft zu bleiben, war für die Ägypterin in den ersten 30 Jahren ihres Lebens kein Thema. Schon als Kind ist sie mit ihren Eltern viel gereist, hauptsächlich nach Saudiarabien. Als kleines Mädchen hatte sie nur einen Berufswunsch: Flight Attendant. Ihr Vater bestand darauf, dass sie zuerst ein Studium an der Universität abschloss. «Danach durfte ich machen, was ich wollte.» So arbeitete sie unmittelbar nach dem Studium bei Saudia Airline.

Im Hotel Marriott in Kairo, wo Hoda Elsherif später arbeitete, traf sie am 15. April 1992 einen Mann aus Schottland. «In this moment, life changed», erklärt die 50-Jährige mit einem Leuchten in den Augen, wie wenn sie den entscheidenden Moment gerade nochmals erlebt hätte. Der Mann aus Schottland, der an diesem Tag zufällig das Pub im Hotel Marriott in Kairo aufsuchte, war Chris Hillis und wurde zwei Jahre später ihr Ehemann. Hoda Elsherif beendete ihre Karriere als Flight Attendant. Sie begleitete Chris, der für die Firma DHL zuerst während vier Jahren in Kairo und später in Belgien tätig war. Ab 1999 befand sich Chris Hillis’ Arbeitsort in der Schweiz. Das Paar wohnte in Basel, bis die beiden Ende November 2004 in ihr Haus nach Zeiningen zogen.

Von 2000 bis 2013 arbeitete Hoda Elsherif auch für DHL und musste für Geschäftsreisen oftmals nach Genf reisen. Als sie und ihr Mann damals die Wahl hatten nach Genf oder nach Basel zu ziehen, haben sie sich nach einem Besuch der beiden Städte ganz klar für Basel entschieden. «Basel ist speziell. Mir gefällt die Kultur. Mein Mann und ich haben uns beide in Basel verliebt.» Nicht nur in Basel haben sie sich verliebt, sondern auch in die ganze Umgebung und speziell in Zeiningen. Es ist das Dorf im Fricktal, wo sie niemand mehr wegbringen würde.

Sie fühlte sich nie als Fremde
In all den Jahren, seit sie in der Schweiz lebt, hat sich Hoda Elsherif niemals fremd gefühlt, auch wenn sie heute noch lieber englisch statt deutsch kommuniziert. «Ich hatte nie Probleme in der Schweiz», sagt sie. Sicher hat das auch mit ihrem Charakter, ihrer Offenheit, ihrer Lebensfreude und ihrer Grosszügigkeit gegenüber anderen Menschen zu tun. «Sie ist nie eine unter vielen, sondern sie ist das Zentrum jeder Party», schrieb Chris Hillis in einer Videopräsentation, mit welcher er seine Frau vergangenen November am Fest anlässlich ihres 50. Geburtstags überraschte. Auch in Zeiningen ist Hoda Elsherif bekannt als initiatives Energiebündel, das für viele Ideen zu haben ist. So war sie beispielsweise auch aktiv dabei, als vor ein paar Jahren in ihrem Dorf der Mittagstisch wieder ins Leben gerufen wurde.

Noch diesen Monat wird sie Zeiningen für zwei Wochen verlassen, um eine Reise nach Dubai zu unternehmen. Dort sucht sie nach finanzieller Unterstützung für ihr Projekt «Arab Swiss House». Denn Ideen für einen noch stärkeren Austausch zwischen der arabischen und der schweizerischen Kultur hätte sie noch viele. Und auch das Ziel eines Hauses mit festen Mauern, wo der interkulturelle Austausch in allen Teilbereichen stattfinden konnte, gilt es für Hoda Elsherif noch zu erreichen.


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