«Schuster, gründe eine Firma!»

  02.01.2018 Magden, Persönlich, Kultur

Der Magdener Filmproduzent Marc Mounier und sein grosser Wurf

Der 28-Jährige reüssiert als Filmproduzent in Los Angeles: Aus über 8700 Kurzfilmeinreichungen wurde Marc Mouniers Kurzfilm «Wyrm» für das Sundance Film Festival im Januar 2018 ausgewählt.

Clara Rohr-Willers

Sei es ein Video über ein Klassenlager oder seine Maturarbeit im Schwerpunktfach Biochemie: Das Medium Film faszinierte Marc Mounier schon früh. Durch seine Familie hatte Mounier einen Bezug zur Biochemie und Medizin. «In der Maturarbeit produzierte ich einen Lehrfilm, der visuell darstellt, was bei einem Herzinfarkt vor sich geht und konnte dabei sowohl einen Patienten als auch einen Arzt einbeziehen», erklärt der sympathische Magdener. Ende Gymnasium erstaunte es wenig, dass die Berufsberater zum Ergebnis kamen: Medizin, Management oder Film.

Die ersten Erfahrungen im Filmbusiness
Anstatt von der Biochemie direkt zum Film zu gehen, entschied sich der Sohn einer Anwältin und eines Ingenieurs und ehemaligen Firmenführers für einen Bachelor in Betriebswirtschaft an der Hochschule Sankt Gallen. «Ich musste eine gewisse Reife haben, etwas erleben, um Tiefgründiges und Interessantes erzählen können», erinnert sich Marc Mounier. Dieses Fazit zog er auch nach dem achtwöchigen Sommerkurs an der Filmschule USC in Los Angeles, den er nach der Matura im Sommer 2008 besucht hatte. Ebenfalls vor Studienbeginn machte er ein Praktikum bei MTV-Networks in Schlieren. Da VIVA Schweiz damals MTV und Nickelodeon Schweiz lancierte, konnte er sich schon als Praktikant in etlichen Nischen positionieren.

«Das analytische Denken ist das grosse Take-away der HSG»
«Die Wirtschaft ist eine mögliche Linse des Objektivs, um die Welt zu erfassen», beschreibt Marc Mounier das Studienfach. Das Studium an der HSG sei eine gute Basis, sehr analytisch und abstrakt. «Egal was ich machte, es zog mich immer in Richtung Kunst, in Richtung des Narrativen», schildert Mounier. Neben dem Studium führte er mit seinem Kollegen und heutigen Journalisten Marc Iseli das Studententheater der HSG. Von 2010 bis 2014 arbeitete er auch als Produktionsassistent bei der SRF-Sendung «10 vor 10». 2012 bewarb er sich schliesslich bei der «USC School of Cinematic Arts» für den Produzentenstudiengang – und kam auf die Warteliste.

«Networking is all you need»
2014 entschied sich Mounier, bei der UBS zu arbeiten und bewarb sich wieder bei Filmschulen: sowohl bei der Columbia University als auch bei der USC erneut im Fach «Producing». «Am ersten Arbeitstag bei der UBS erfuhr ich, dass ich zum ‹Peter Stark Producing Program› an der USC zugelassen wurde», erinnert sich der Magdener schmunzelnd. Jetzt also doch: Magden goes Hollywood.

«Beim Stark Program gilt ein anderer Ansatz als bei vielen anderen Filmschulen», erklärt Mounier. Es gebe nur 24 Studenten und der Aufbau sei ganz dem Motto gewidmet: «Making a movie is different than getting a movie made». Mit anderen Worten: Das Netzwerken ist das A und O. Durch die Praktika entwickle man Beziehungen zu Produzenten, Agenten, Sendern und Studios. «Allein durch mein erstes Praktikum lernte ich die Produzentin von Quentin Tarantino, Stacey Sher, kennen. Sie half mir, bei FX Networks zu arbeiten, die ‹American Horror Story› oder auch ‹Fargo› produzieren», schildert der 28-jährige Fricktaler. Weil Fargo eine Co-Produktion von FX und Metro-Goldwyn-Meyer ist, kam Marc Mounier schliesslich zu MGM – Metro-Goldwyn-Mayer.

«Schuster, gründe eine Firma»
Ein Arbeitstag von Marc Mounier dauert zwölf Stunden. Überhaupt gebe es nur einen bis zwei glamouröse Tage pro Jahr im Filmgeschäft: die Premiere und – mit viel Glück – einen Award. «Die meisten Leute in LA arbeiten mit Leidenschaft.» Man kenne die Millionengagen der Schauspielerinnen und Schauspieler sowie der Regisseurinnen und Regisseure. «99% der Menschen dahinter arbeiten jedoch sehr hart und zu einem bescheidenen oder normalen Lohn», so Marc Mounier.

Natürlich könne immer mal etwas misslingen, aber gerade das treibe einen an. In den USA sei das Motto: «Schuster, mach eine Firma auf». Bei seinen Leisten bleiben könne jeder.

«Geschichten erzählen ist die älteste Form, Werte zu vermitteln»
Mounier möchte Geschichten erzählen. «Je mehr man liest, je mehr erkennt man die Mechanismen des Storytellings», schildert er. «Gute Geschichten laden einen ein, sich auf Fragen einzulassen, die man sich sonst nicht unbedingt stellt.»

Die Geschichte von «Wyrm» spricht auf humorvolle Weise Versagensängste an, wie sie alle Menschen kennen. Der 15-jährige Wyrm (altenglisch für Drachen) ist der letzte in seiner Klasse, der noch niemanden geküsst hat. «Es herrscht der Eindruck, alle Menschen müssten gleich schnell aufwachsen, jeder müsse zur selben Zeit den ersten Kuss haben und so weiter», sagt Mounier, «das macht die Menschen unglücklich». Zudem sei der Teenager einsam, weil sein Familienleben nicht funktioniere. Auch das Gefühl der Einsamkeit sei universell.

Heute arbeitet Mounier als Trainee bei Management 360 im Literaturdepartement. Er sucht Projekte für Manager, Drehbuchautoren und Regisseure und entwickelt Material mit. Management 360 vertritt Grössen wie DB Weiss & David Benioff, die Macher von Game of Thrones.


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