Von Clara Rohr-Willers

Als erstes fällt ihr sympathischer Obermumpfer Dialekt auf. Ein breiter Fricktaler Dialekt mit den üblichen «goht it» und »git`s it». Dann ist es ihr Charisma, das gerade wegen ihrer zierlichen Figur hervorsticht. Ich treffe Ursula Stocker in ihrem Laufenburger Büro und erhalte Einblick in ein spannendes Leben.

«Das Welschlandjahr war eine Lebensschule»

Aufgewachsen ist die 60-jährige Ursula Stocker auf einem Bauernhof mitten in Obermumpf als jüngste von drei Geschwistern. «Ich war das Nesthäkchen der Familie und wusste um meine Position», erinnert sich die Fricktalerin. «Meinen Eltern war es wichtig, dass wir Kinder eine gute Ausbildung abschlossen.» So überzeugte sie ihr Vater, in der Bezirkschule Rheinfelden das Fach Latein zu belegen, um sich für später alle Möglichkeiten offen zu halten.

Da die obligatorische Schule nur acht Jahre lang dauerte, war Ursula Stocker beim Abschluss der Bezirkschule 14 ½ Jahre jung. Ein Alter, in dem heute wenige an ein Ausland- oder Welschland-Jahr denken. Anders Ursula Stocker. «1971 hatte ich die Idee, ein Au-pair-Jahr in Genf zu verbringen», schildert die charismatische Betreibungsbeamtin. Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich. Während die Mutter in Tränen ausbrach, meinte ihr damals 22-jähriger Bruder: «Das geht vier Wochen und dann steht sie wieder vor der Tür.» Doch Ursula Stocker blieb ein ganzes Jahr in einer wohlhabenden Genfer Familie, wo sie nicht nur die vier Kinder hütete, sondern auch das Haus putzte, kochte und die Wäsche erledigte. «Das Welschland-Jahr war eine Lebensschule», erinnert sich Ursula Stocker. «Ich kam in eine neue Familie und war zuerst ein Niemand.»

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