«Akzeptable Alternativen zum Auto anbieten»

  29.01.2018 Frick, Gipf-Oberfrick

Der KGV als Instrument, um den Verkehr in siedlungsverträgliche Bahnen zu leiten

Nachdem sich die Teilnehmer des Gemeindeseminars in einem Workshop mit der Mobilitätszukunft befasst hatten, präsentierte Jos Bovens konkrete Beispiele, wie Gipf-Oberfrick Verkehr und Siedlung in Einklang zu bringen versucht.

Simone Rufli

Der Kommunale Gesamtplan Verkehr (KGV) ist seit 2010 das wichtigste Instrument der Aargauer Gemeinden zur kommunalen Verkehrsplanung. Als behördenverbindliches Planungsinstrument soll der KGV die Gemeinden bei der Behandlung der wichtigsten Themen im Bereich Verkehr unterstützen. «Der KGV ermöglicht Fragen zu diskutieren, fundierte Argumente zu finden und schliesslich zu einem Konzept zu kommen», so Jos Bovens, Gemeinderat mit Ressort Raumplanung in Gipf-Oberfrick.

«Wir möchten mit Hilfe dieses Instruments das Verkehrssystem optimieren, mittels Vermeidung, Verlagerung und Lenkung des Verkehrs Potenziale nutzen und gleichzeitig die Sicherheit erhöhen sowie den öffentlichen Raum gestalten. Übergeordnetes Ziel ist die Koexistenz auf allen Strassen des Gemeindegebietes, erreichbar durch gegenseitige Rücksichtnahme», so Bovens. Vor allem kleinere Gemeinden scheuten oftmals die Kosten, die ein KGV mit sich bringt.

Frick hat 2010 bei der Revision der BNO (Bau- und Nutzungsordnung) zwar auf den KGV verzichtet, beteiligt sich nun aber in einem beschränkten Rahmen an den Kosten des KGV in Gipf-Oberfrick. Dies, weil die beiden Gemeinden beim Verkehr lagebedingt doch einige Berührungspunkte aufweisen und eine Lösung dieser Probleme (Norderschliessung Bahnhof Frick, Knoten bei der Einmündung der Geissgasse in die Hauptstrasse) nur in Zusammenarbeit über die Gemeinde-Grenzen hinweg gefunden werden kann.

Ein Gewinn von Anfang an
Jos Bovens legte den Behördenvertretern im Rampart nahe, wenn immer möglich selber einen KGV für ihre Gemeinde auszuarbeiten. Finanziell schlage die Erarbeitung zwar mit mehreren 10 000 Franken zu Buche, «doch der Nutzen ist gross und macht sich nicht erst mit dem Abschluss der Arbeiten bemerkbar, sondern im ganzen Verlauf», betonte Bovens. So nahm Gipf-Oberfrick beispielsweise Einfluss auf die Arealüberbauungen «Hammerstätte» und das Gebiet unterhalb der Oberstufen-Schulanlage. In beiden Fällen gelang es dank der Begleitung des Bauvorhabens unter anderem, einen öffentlichen Fussweg durchs Areal sicherzustellen. An einem Ort dient der Fussweg als Abkürzung für die Schüler, am anderen konnte ein Fussweg dem Bach entlang sichergestellt werden. Das Dorf verfügt über 20 signalisierte öffentliche Fusswege. Instandhaltung und Erweiterung sind klar formulierte Ziele. Ganz im Sinne der Förderung des Langsamverkehrs im ganzen Dorf. Das sei ganz wichtig, betonte Bovens, denn auf drei Einwohner in Gipf-Oberfrick kommen zwei Autos. Bei rund 3500 Einwohnern macht das ca. 2400 Fahrzeuge. 80 Prozent der 1540 Erwerbstätigen pendeln.

«Die Verkehrszählung im Rahmen des KGV hat uns gezeigt, dass 50 Prozent des Verkehrsaufkommens im Dorf hausgemacht ist», so Bovens. Womit belegt ist, dass der Durchgangsverkehr bei weitem nicht allein für die zunehmenden Verkehrsprobleme in Gipf-Oberfrick verantwortlich ist. Im durchschnittlichen Tagesverkehr wurden eingangs Dorf (von Wittnau her) 5792 Fahrzeuge gezählt, ausgangs Dorf an der Grenze zu Frick waren es 10898. Angestrebt werde «ein pulsierendes Herz» mit mehr Publikumsverkehr im Zentrum – ohne Zunahme des Autoverkehrs, dafür mit einer zusätzlichen Bushaltestelle im Zentrum.

Für Jos Bovens ist klar: «Wir müssen reale und akzeptable Alternativen anbieten, damit unsere Einwohner öfter mal das Auto stehen lassen und mit dem ÖV oder zu Fuss unterwegs sind.» Der motorisierte Individualverkehr soll auf kürzestem Weg auf die Landstrasse geführt werden, Schleichverkehr in den Quartieren vermieden werden und die gegenseitige Rücksichtnahme grossgeschrieben werden.

Handlungsfähig bleiben
Bevor Jos Bovens sich mit den realen Gegebenheiten in der Gemeinde Gipf-Oberfrick befasste, hatte Michael Bur vom Büro für Mobilität, Projektteam RegioMove, die Seminarteilnehmer aufgefordert, sich in einem Workshop Gedanken darüber zu machen, welche Schritte sie auf dem Weg in die Mobilitätszukunft persönlich und als Gemeinde zu machen bereit sind. Vom Kauf eines Elektroautos über das Bilden von Fahr- oder Bürogemeinschaften bis hin zur Nutzung von automatisierten Autos, die selbstständig dorthin fahren, wo sie gerade benötigt werden, kam eine ganze Palette an Möglichkeiten auf den Tisch – und zwar unabhängig vom aktuellen Stand ihrer Realisierbarkeit.

«Abwarten kann nicht die Lösung sein», so Bur. «Anstatt sich der Zukunft einfach auszuliefern, müssen wir Annahmen über sie treffen. Erst dann werden wir handlungsfähig.»


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