Aufräumsitzung mit Brisanz

  13.12.2017 Kommentar, Politik, Finanzen

Bericht aus dem Grossen Rat

Der scheidende Grossratspräsident Giezendanner begrüsste den Rat zur letzten Sitzung dieses Jahres. Normalerweise werden an dieser Sitzung «lediglich» noch unbestrittene Traktanden auf- und abgearbeitet. Mit dem Dekret zur Prämienverbilligung stand jedoch schon bald ein Traktandum zur Behandlung, welches im Rat sehr umstritten war. Mit einem Kantonsbeitrag von 106 Millionen im Jahr 2019, wie es der Regierungsrat vorschlägt, beträgt der Kantonsanteil an der errechneten Gesamtprämienverbilligungssumme von 333 Millionen Franken nur noch 31,8 Prozent. Im Jahr 2015 betrug dieser noch 41,1 Prozent. Mit diesem Kantonsanteil liegt der Aargau im unteren Drittel der Skala. Aus Sicht des Regierungsrates müsste für eine bedarfsgerechte Prämienverbilligung die Gesamtprämienverbilligungssumme auf 348 Millionen Franken erhöht werden. Damit würde sich der Kantonsbeitrag parallel zum Bundesbeitrag und damit zur Kostensteigerung bewegen. Trotzdem, schlug dieser vor, aufgrund der klammen finanziellen Verhältnisse, diese auf 106 Millionen zu begrenzen. Dies war jedoch der Mehrheit des Rates (CVP/FDP/SVP) immer noch zu hoch. Mit 83:50 Stimmen kürzte diese den Betrag gegen die Stimmen der SP/Grünen/GLP/EVP auf 96 Millionen.

Die Richtplananpassung zur Verminderung der Fruchtfolgefläche durch die geplante Umfahrung Mellingen gab ebenfalls viel zu reden. Dieser Antrag wurde nötig, weil durch ein Bundesgerichtsurteil der Projektverlauf um ca. 7 Meter verschoben werden musste. Dies führt dazu, dass es zu einer Verminderung der Fruchtfolgefläche von 2,7 ha auf 4,34 ha kommt. Einige mögen sich vielleicht noch erinnern, dass diesem Projekt im Mai 2011 im Rahmen einer Volksabstimmung zugestimmt wurde. Im Rat fand die Anpassung mit 89:24 Stimmen (bei vielen Enthaltungen) eine Mehrheit.

Zwei Vorstösse betrafen unsere AKB. In einer Motion verlangte die SVP die Abschaffung der Staatsgarantie für die Aargauische Kantonalbank. Der Regierungsrat lehnte die Motion ab, war aber bereit, diese als Postulat zur Prüfung zu übernehmen. Der Rat war mit der Überweisung als Postulat einverstanden.

Auch ein Postulat der FDP Fraktion, welche die Schaffung einer Übersicht zu den bis zum heutigen Zeitpunkt erfolgten Privatisierungen sowie zur Abschaffung der Staatsgarantie von Kantonalbanken in der Schweiz forderte, wurde vom Rat überwiesen. Nach der Schlussansprache des Präsidenten traf sich der Grosse Rat noch zu einem «Abschiedsapéro» im Foyer.


Sozialpolitischer Unsinn

In der letzten Ratssitzung wurde von der rechten Ratsseite nochmals der Sparhobel angesetzt. Erneut traf es die untere Schicht der Erwerbstätigen. Genauer, den unteren Mittelstand bei der Prämienverbilligung. Obwohl schon der vom Regierungsrat vorgeschlagene kantonale Betrag von 106 Millionen Franken wie er selber schreibt, das absolute Minimum darstelle, wurde dieser Betrag nochmals auf 96 Millionen gekürzt. Der Kantonsbeitrag hätte sich eigentlich parallel zum erhöhten Bundesbeitrag bewegen und somit 121 Millionen Franken betragen müssen. Mit diesem nun beschlossenen ungenügenden Mitteleinsatz nehmen wir in Kauf, dass viele Personen ihre Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht mehr bezahlen können. Kommt es in der Folge zu einem Betreibungsverfahren, so bleiben ab 2018, 85 Prozent der Ausstände bei den Gemeinden hängen! Da die Betreibungsverfahren aber länger dauern und die Verlustscheine erst nach 2 – 3 Jahren anfallen, wird dieser Trend erst verzögert erkennbar. Auch wird dieser Entscheid dem KVG nicht mehr gerecht, welches verlangt, dass eine bedarfsgerechte Präminenverbilligungspolitik sicherzustellen sei, damit die auf Prämienverbilligung angewiesenen Personen in genügendem Mass unterstützt werden. Dabei sind nicht nur Personen gemeint, welche knapp über dem Existenzminimum leben, sondern eben auch, oder gerade Personen und Familien des unteren Mittelstandes. Statt also den unteren Mittelstand zu entlasten, belasten wir diesen zusätzlich und führen diesen weiter nach unten Richtung Existenzminimum oder gar an den Rand der Sozialabhängigkeit. Dieser sozialpolitische Unsinn muss oder müsste uns eigentlich zu denken geben.

ROLAND AGUSTONI, RHEINFELDEN


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote