«Wir haben immer eine Lösung gefunden»

  27.12.2017 Wittnau, Persönlich, Politik, Gemeinden

20 Jahre lang hat Werner Müller die Wittnauer Dorfpolitik mitgeprägt

Werner Müller ist in Wittnau aufgewachsen und seinem Dorf stets treu geblieben. 20 Jahre lang sass er im Gemeinderat, davon acht Jahre als Gemeindeammann. Ende Jahr nimmt er den Hut. Auf sein Hobby verzichtet Müller gleichwohl nicht – er kehrt in den Grossen Rat zurück.

Simone Rufli

Vielleicht wurde sie ihm in die Wiege gelegt – die Freude am Politisieren. «Mein Urgrossvater war einst auch Gemeindeammann.» Vielleicht aber auch nicht. «Meine Eltern waren nicht besonders politisch aktiv.» Wie auch immer: 1997, im Alter von 38 Jahren hat Werner Müller das Politisieren für sich entdeckt. Seither pflegt er es mit viel Freude und ungebrochenem Elan. Wenn er von der Politik spricht, redet er von einem liebgewonnen Hobby. So wie an diesem Morgen im Dezember, an dem er, der Ende Jahr als Gemeindeammann zurücktritt, auf zwei Dekaden Gemeindepolitik zurückblickt – im Wissen darum, dass er sein Hobby schon Anfang Januar im Grossratsgebäude in Aarau weiterpflegen darf. Dann nämlich tritt er die Nachfolge des aus beruflichen Gründen zurücktretenden Grossrat Martin Steinacher an (die NFZ berichtete).

Über die Vereine in die Politik
«20 Jahre sind eine lange Zeit», Müller nimmt einen Schluck, stellt die Kaffeetasse zurück auf den Tisch im Sitzungszimmer und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Im Gemeindehaus von Wittnau blickt der 58-Jährige CVP-Politiker zurück auf zwei Jahrzehnte, in denen er an vorderster Front an der Entwicklung seines Dorfes mitgestaltet hat. Sein Dorf ist Wittnau in der Tat. Werner Müller ist in Wittnau aufgewachsen und hat sich früh schon als Sportler – er war im Turnverein, im Vorstand des Kreisturnverbands, Leichtathlet und Handballer – und etwas später dann als Politiker ins Dorf eingebracht. «Ich bin über die Vereinstätigkeit in die Politik hineingerutscht.» Angefragt von der CVP Ortspartei. «Die gab es damals noch.» Müller ordnet sich dem rechten Rand der CVP zu. Mit seiner Politik hätte er seinen Platz auch innerhalb der FDP finden können, sagt er. «Aber für mich sind halt die christlichen Grundwerte wichtig. Der Mensch», erklärt der Ehemann und Vater dreier erwachsener Kinder, «steht bei allen Entscheiden im Mittelpunkt.»

Den Rücktritt geplant
Er habe vor einem Jahr schon mit den Ratskollegen über seinen Rücktritt gesprochen. «Wechsel innerhalb des Gemeinderates müssen geplant werden. Nicht, dass alle aufs Mal gehen.» Zu viel Wissen würde sonst verloren gehen. «Eine gewisse Kontinuität im Rat ist wichtig», weiss er. «Als ich 1997 für die CVP in den Gemeinderat kam, lebten hier 1100 Menschen. Heute sind es rund 1300. Das ist ein gesundes Wachstum, wie wir es immer angestrebt haben.» Zu den Höhepunkten in seiner Amtszeit zählt Müller denn auch die Bauland-Erschliessungen, insbesondere im Gebiet Oberdorf, oberhalb der Schule. «Als Verantwortlicher für die Erschliessung dieser rund 5,5 Hektaren Land hatte ich es mit sehr vielen Grundeigentümern zu tun und es gab viel zu verhandeln, bis zum Schluss die Bauparzellen auf den Markt kamen.» Als weiteren Höhepunkt nennt er: «Die immer gute Zusammenarbeit im Gemeinderat und mit der Verwaltung. Kleinere Gemeinden sähen sich oftmals mit vielen Wechseln in der Verwaltung konfrontiert. «Wir hatten in den letzten 20 Jahren wenige Wechsel, was sich unter anderem positiv auf die Entlastung des Gemeinderates auswirkte.»

Von der Familie unterstützt
Das funktionierende Miteinander hat dazu geführt, dass Werner Müller sein politisches Amt nie als Belastung empfunden hat. «Wir waren nicht immer alle einer Meinung. Aber wir haben immer eine Lösung gefunden. Dazu kommt, dass meine Familie mich jederzeit voll unterstütz hat. Ohne das wäre es gar nicht gegangen.» Die Familie ist ihm auch jetzt noch wichtig, wo die Kinder längst erwachsen sind. Eben erst hat er sie um ihre Meinung gefragt, als es darum ging, ob er in den Grossen Rat zurückkehren soll. Müller war 2014 bis 2016 bereits im Kantonsparlament und in diversen Kommissionen. Bei den Wahlen im Herbst 2016 ergatterte die SP auf Kosten der CVP einen zusätzlichen Sitz, Werner Müllers Sitz ging verloren. Die Enttäuschung war gross. Dabei hatte er mit 2105 Stimmen ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielt. Ein Ergebnis, das ihm nun eine Entscheidungshilfe war: «Die vielen Stimmen, die ich damals erhalten habe, empfinde ich als eine gewisse Verpflichtung.»

Müller hat sich den Entscheid nicht leicht gemacht. Letzen Endes aber passte einfach alles zusammen. Der Freiraum, den er mit dem Rücktritt aus dem Gemeinderat bekommt, seine Motivation und auch, dass er nicht von Null anfangen muss. «Ich kenne die Abläufe, kenne viele Leute. Brisante Fricktaler Themen gibt es genug», sagt Müller und nennt als Beispiele das Spital Laufenburg, die Verkehrspolitik, insbesondere im Bereich Staffelegg und das Sisslerfeld.

Ab Januar reduziert er sein Pensum als Projektleiter bei der Jowa auf 90 Prozent. «Ich konnte jederzeit auf die Flexibilität meines Arbeitgebers zählen.» In seinem Beruf beweist Müller übrigens die gleiche Treue, wie in der Politik. Seit über 20 Jahren arbeitet er in der Migros Bäckerei als Projektleiter. Davor hat er bei der BBC in Baden eine Lehre als Maschinenzeichner gemacht und sich in der internen Technikerschule zum Maschinentechniker weitergebildet. Und was macht Werner Müller eigentlich, wenn er mal gerade nicht arbeitet oder politisiert? «Ich gehe hinaus und geniesse eine Wanderung oder eine Bike-Tour in der wunderschönen Natur, die wir direkt vor unserer Haustüre haben.» Noch ist die Zeit dafür allerdings beschränkt. Neben Arbeit, Politik und Familie hat Werner Müller zurzeit noch eine weitere Verpflichtung: Er ist OK-Präsident beim Nordwestschweizer Schwingfest im August 2019. «Viele haben mich gewarnt, ich würde in ein Loch fallen, wenn ich aus dem Gemeinderat zurücktrete.» Müller lacht: «Dazu habe ich nun wirklich keine Zeit.»


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