«Die Verbundenheit mit dem Dorf hat noch weiter zugenommen»

  20.12.2017 Kaisten, Persönlich, Gemeinden

Franziska Winter über ihre Zeit im Kaister Gemeinderat

In wenigen Tagen legt Gemeindeammann Franziska Winter ihr Amt nieder. Fast 13 Jahre hat sie dem Gemeinderat von Kaisten angehört. Eine intensive, aber auch spannende und bereichernde Tätigkeit, sagt sie.

Susanne Hörth

«Zahlen sind meine Welt», hält Franziska Winter auf der Website ihres Geschäftes fest. Ihre Affinität zu den Zahlen hat die Kaisterin auch dazu bewogen, an der Hochschule St. Gallen Betriebswirtschaft zu studieren, sich später als Treuhandexpertin weiterzubilden und 1997 als Treuhänderin selbstständig zu machen. Das umfassende Wissen im Umgang mit den Zahlen hat sie aber auch während der vergangenen 13 Jahre zuerst als Gemeinderätin, dann als Frau Vizeammann und zuletzt als Frau Gemeindeammann in ihre Kaister Ratstätigkeit eingebracht.

Ihre grosse Fachkompetenz ist bei der Kaister Bevölkerung unbestritten erntet auch immer wieder Lob. Dennoch brachte ihr der sorgfältige, sparsame Umgang mit den Gemeindegeldern manchmal auch Kritik ein. Dazu sagt Franziska Winter: «Der Gemeinderat ist immer verpflichtet, haushälterisch mit den verfügbaren Mitteln umzugehen. Im Gegenzug sind Investitionen notwendig, um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein.» Das Problem in Kaisten liege darin, dass die laufenden Erträge nicht ausreichen, um die getätigten und notwendigen Investitionen finanzieren zu können. «Deshalb ist eine Erhöhung des Steuerertrages für mich unumgänglich. Die Gemeinde Kaisten benötigt jährlich rund eine Million Franken zur Finanzierung der laufenden und anstehenden Investitionen. Für mich ist es wichtig, dass der Gemeinderat langfristig denkt und plant, um unser Dorf auch für zukünftige Generationen attraktiv zu erhalten.»

Vor einem Jahr hat die Kaister Gemeindeversammlung die Erhöhung des Steuerfusses von 105 auf neu 111 Prozent abgelehnt. Die Frage, ob diese Zurückweisung Grund sei, sich für die künftige Amtsperiode nicht mehr zur Verfügung zu stellen, verneint sie. Der Antrag auf Erhöhung des Steuerfusses von Gemeinderat und Finanzkommission basiere auf den Fakten des mehrjährigen Finanzplanes. «Als Gemeindeammann vertrete ich die Anträge des Gemeinderates, die Gemeindeversammlung entscheidet. Diese demokratisch gefällten Beschlüsse sind selbstverständlich zu akzeptieren – so funktioniert der politische Prozess bei uns. Mein Entschluss, nach Ablauf der Amtsperiode nicht mehr anzutreten, hat damit nichts zu tun.»

Grund sei vielmehr die berufliche Belastung. Zudem sei sie amtsältestes Gemeinderatsmitglied. Im Sinne einer kontinuierlichen Nachfolgeregelung, sei es für sie der richtige Zeitpunkt nun aufzuhören. Sie betont an dieser Stelle auch, dass sich ihre vier Amtskollegen alle für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung stellen.

Seit April 2005 im Amt
Die parteilose Franziska Winter wurde am 4. April 2005 als Mitglied des Gemeinderates gewählt. Im Mai 2011 übernahm sie das Amt des Vizeammannes und seit Januar 2014 steht sie der Gemeinde als Ammann vor. «Nein», schüttelt sie den Kopf. Sie habe es nie bereut, sich für den Gemeinderat zur Verfügung gestellt zu haben. «Ich habe mein Amt immer gerne und mit Freude ausgeübt, deshalb bin ich seit mehr als zwölf Jahren im Gemeinderat aktiv. Was ich in dieser Zeit am meisten geschätzt habe, sind die vielen positiven und interessanten Kontakte und Begegnungen. Zum Amt gehört aber auch das Durchsetzen von unangenehmen Entscheidungen. Schwierig für mich war es immer dann, wenn persönliche Schicksale betroffen waren.» Als grösste Veränderung vom Gemeinderatsmitglied zur Frau Gemeindeammann bezeichnet die 50-Jährige die zeitliche Belastung. Die sei sicher um einiges gestiegen. «Und als Gemeindeammann steht man als Vertreter des Gremiums noch mehr im Fokus der Öffentlichkeit, daran musste ich mich etwas gewöhnen.»

Im Fokus der Öffentlichkeit stehen, bedeutet auch, dass Behördentätigkeit und Privatbereich für die Leute oft vermischt werden. Franziska Winter war sich dessen stets bewusst. Es gab eine Zeit, da wurden auch anonyme Briefe an sie geschickt. Ist das eine grosse, emotionale Belastung? «Ich bin jederzeit bereit, Diskussionen auf sachlicher Ebene zu führen. Es ist wichtig und richtig, dass die verschiedenen Meinungen und Aspekte zu einem Thema erörtert werden. Ich sehe die Nähe zum Bürger und die direkte Auseinandersetzung als grosse Errungenschaft des politischen Systems in der Schweiz. Diese Streitkultur, im positiven Sinn, sollten wir pflegen. Schwierig nachvollziehbar ist für mich, wenn persönliche Angriffe aus sachlichen Differenzen entstehen. Anonyme und beleidigende Äusserungen finde ich persönlich sehr störend und überflüssig. Wir leben doch in einem Rechtssystem, wo jeder die Freiheit hat, seine Meinung offen zu vertreten, aber bitte mit Anstand.»

Das Verhältnis zwischen den Kaister Ortsbürgern und dem Gemeinderat war nicht immer gut. Insbesondere, als es darum ging, Geld aus dem Ortsbürgervermögen für Gemeindeprojekte zu investieren. Franziska Winter ist selbst Ortsbürgerin von Kaisten. Als Gemeindeammann vertritt sie aber vor allem die Interessen der Einwohnergemeinde. Zu dieser nicht einfachen Situation meint sie: «Der Gemeinderat ist mit der Führung der Geschäfte der Ortsbürgergemeinde betraut. Als Ressortverantwortliche für die Ortsbürger bin ich mir dieser Verantwortung bewusst. Die Ortsbürger wie auch der Gemeinderat sind an einer langfristigen Stärkung der Ortsbürgergemeinde interessiert. Nicht immer einig waren wir uns in der Vergangenheit, mit welchen Mitteln dies geschehen sollte.»

Auf die Frage, ob man mit der Ratszugehörigkeit noch stärker mit seiner Wohngemeinde verbunden wird, antwortet sie: «Da ich in Kaisten geboren und aufgewachsen bin, fühle ich mich hier sowieso stark verwurzelt. Aber es stimmt schon, die Verbundenheit hat durch das Gemeinderatsamt eher noch zugenommen.» Auch wenn sie ihre Ratstätigkeit nun niederlegt, so wird sich Franziska Winter weiterhin für ihre Heimatgemeinde engagieren. Unter anderem eben auch in der Ortsbürgerkommission oder im Spitex-Vorstand. Abschliessend sagt sie: «Die Zusammenarbeit im Gemeinderat, mit der Verwaltung und den Gemeindebetrieben habe ich als grosse Bereicherung erlebt. Das Gremium funktioniert als Team und ich hoffe, dass dies auch in Zukunft so sein wird. Wichtig ist es meines Erachtens, dass der Gemeinderat seine Entscheidungen auch weiterhin mit Augenmass fällt.»


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