Zwischen Nüsslisalat und Heckenschere

  05.11.2017 Frick, Natur, Oberes Fricktal

Von Remo Welte

«Bei der Stiftung MBF kann man den Menschen helfen sich weiterzuentwickeln und arbeitet nicht nur fürs Produkt», sagt Urs Stäuble, Teamleiter Garten- und Landschaftsunterhalt der Stiftung MBF (soziales Unternehmen für Menschen mit Behinderung im Fricktal). Er ist mit zwei weiteren Betreuenden für 15 Mitarbeitende zuständig, welche alle durch eine geistige, motorische oder psychische Behinderung beeinträchtigt sind. Gerade dieser Umstand macht seine Arbeit für ihn speziell schön: «Ich kann diese Leute unterstützen, gleichzeitig kommt auch etwas von ihnen zurück. Es sind alles sehr herzliche Menschen.»

Genugtuung und Wertschätzung

Die schwarz-grauen Wolken am Himmel lassen Regentropfen auf die Gebäude der Stiftung MBF in Frick herunterprasseln. Ein rauer Wind bläst – typisches Herbstwetter herrscht an diesem Morgen. Die Kunden des kleinen Lädelis der Stiftung MBF in Frick stört das herzlich wenig. In kurzem Zeitraum darf Margaretha Obrist gleich mehrere Leute bedienen. Dort werden diverse selbst hergestellte Produkte wie Bio-Gemüse, Honig oder Feueranzünder verkauft. Die Freude, die sie dabei verspürt, ist ihr ins Gesicht geschrieben: «Ich mag den Kontakt zu den Leuten. Sie geben positive Rückmeldungen auf die Qualität unserer Produkte. Das alles gibt uns eine Genugtuung und es ist schön zu sehen, dass unsere Arbeit geschätzt wird.» Sie könnte wahrscheinlich unzählige Anekdoten auspacken und diese zum Besten geben. Doch wie ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen macht sie sich konzentriert weiter an ihre Arbeit. Nüsslisalat rüsten ist angesagt. Gemeinsam mit Fabio Losa, der im zweiten Lehrjahr ist, und Marcel Baumgartner, schneidet und wäscht sie den Salat. Es ist ruhig im Arbeitsraum, jeder ist auf seine Arbeit konzentriert. Ein weiterer Mitarbeiter verteilt währenddem konzentriert Nüsslisalat-Samen in kleinen Töpfen, welche zuerst zu kleinen Setzlingen heranwachsen müssen, ehe sie dann im Freien gesetzt werden können. Man sieht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an, dass sie ihre Arbeiten mit grosser Sorgfalt ausüben und dementsprechend auch eine möglichst hohe Qualität anstreben.

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Selbstständigkeit ist gefragt

Um etwa elf Uhr fährt ein Auto zur Garage. Trotz Regens war eine Gruppe unterwegs und hat bei einem Kunden Gartenarbeiten erledigt. Die Mitarbeitenden verstauen die mitgenommenen Geräte wieder im grosszügigen Materialraum. Heckenschere, Rasenmäher oder Schaufeln: Alles was das Gärtner-Herz begehrt, findet sich hier. Und alles hat seinen genauen Platz, es ist alles sehr aufgeräumt und sauber. Doch es kann nicht einfach jeder mit diesen Geräten hantieren: «Es gibt immer zuerst eine Eignungsabklärung, wo man die Fähigkeiten während zwei Wochen Schnuppern herausspüren kann. Schlussendlich entscheidet dann der Gruppenleiter, wer wohin geht», so Stäuble. Nicht jeder kann nach Frick kommen, die meisten Mitarbeitenden sind in Stein. «Spezifisch für Frick sollte man wetterfest und gerne draussen sein. Zusätzlich ist ein gewisses Mass an Selbständigkeit gefragt», erklärt Stäuble. Eine Gruppe der Mitarbeitenden in Frick ist fast immer draussen unterwegs, während der Rest sich um die Arbeiten auf dem Feldhof kümmert. Denn auch die beiden grossen Folienhäuser gleich unterhalb der Gebäude geben viel zu tun. Dort ragen grosse Tomatensträucher in die Luft, welche voll sind mit grünen aber auch bereits reifen, roten Tomaten. Auch Erdbeeren, Auberginen und Gurken sind im Rundgang durch die beiden Folienhäuser sichtbar. Doch wer isst all dieses Gemüse? «Ungefähr 90 Prozent ist Eigenverbrauch der verschiedenen Standorte der Stiftung MBF, etwa 10 Prozent werden verkauft», sagt Stäuble. Falls trotz all diesen Aufgaben mal zu wenig zu tun ist, gibt es auch noch Verpackungsarbeiten, wo man entweder die Produktion der Stiftung MBF in Stein unterstützt oder die Feueranzünder «Feuerteufel», welche im Lädeli verkauft werden, herstellt.

Arbeitsmarktintegration nicht Priorität

Dass der Feldhof in Frick nur ein kleiner Teil der Stiftung MBF ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen der Non-Profit-Organisation (NPO): Neben beinahe 200 Angestellten bietet die Firma über 240 Menschen mit Behinderungen diverse Arbeitsmöglichkeiten an. In Frick ist ein Grossteil der 15 Angestellten in Vollzeit beschäftigt. Dies bedeutet 39 Stunden pro Woche. Auch Weiterbildungen sind in der Stiftung MBF möglich: «Ich durfte einen Imker-Kurs machen, das war genial. Wir haben momentan 35 Bienenvölker», sagt Marcel Baumgartner, der für die Imkereien in Elfingen und Hornussen gemeinsam mit dem Leiter der Produktion 2, Francesco Tucci, zuständig ist. Er ist der erste, der eine solche Ausbildung in Angriff nehmen durfte.


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