Unbezahlbares aus der Brockenstube

  23.11.2017 Brennpunkt, Möhlin, Tradition, Wohltätigkeit, Unteres Fricktal

Von Ronny Wittenwiler

Hier ein bemalter Suppenteller. Dort ein Besteck-Set. Kleider, ein Bild, Rollschuhe. Gesellschaftsspiele. Für einen paar Franken geht’s über den Ladentisch. Jetzt zur Weihnachtszeit, mit den diversen Dekorationsartikeln, nimmt die Frequenz gar nochmal zu. Süsser die Kassen nie klingeln? Einspruch. Von wegen. So eine Brockenstube macht doch niemanden reich. Wenn man sich da nur nicht mal täuscht…

Wie vor zwanzig Jahren alles begann
Standort Schallen, in Möhlin. Uschi Kaufmann vom Gemeinnützigen Frauenverein bittet zu Tisch. Quasi im Hinterzimmer der Brockenstube. Dort ist Anneliese Hirzel gerade damit beschäftigt, Preisschildchen anzuschreiben. Sie tut es zum Nulltarif. Genauso wie Kaufmann, verantwortliche Leiterin der Brockenstube. Keinen Franken gibt es für den unermüdlichen Einsatz hier «Uf Schalle»; für niemanden. «Hier zu arbeiten ist das Beste, das ich je machen konnte», sagt Kaufmann. «Wenn ich all diese Sachen betrachte. Manchmal könnte ich ausflippen vor lauter Freude.» Ausflippen zum Nulltarif. Das hat seinen tieferen Grund. Mit der NFZ blickt Kaufmann zurück.

Es ist der 6. Dezember 1997. An diesem Tag öffnen erstmals die Tore der Brockenstube in Möhlin. Niemand hätte damals auch nur im Geringsten ahnen können, welche Zahlen bald einmal zu Buche schlagen. 2009 war die erste Million beisammen. 2019 dürfte die zweite Million folgen. Bruttoeinnahmen. Generiert aus dem Verkauf. Steter Tropfen höhlt den Stein und am Ende könnte dieser wertvoller nicht sein. Den Erlös spendet der Gemeinnützige Frauenverein jeweils für wohltätige Zwecke, an soziale Institutionen, an Vereine. 64‘980 Franken waren es im Jahr 2012, lässt Uschi Kaufmann im Anschluss an das Gespräch ausrichten. Sie hat die jüngsten Zahlen für die NFZ herausgesucht. 92‘626 Franken an Vergaben und Spenden waren es im 2013, 66‘305 Franken waren es im 2014 und auch 2015 (69‘454) sowie 2016 (62‘783) liess man sich nicht lumpen.

Soforthilfe, ganz unbürokratisch
Allein diese Zahlen machen deutlich, dass dieses kostenlose Arbeiten von unschätzbarem Wert ist. Vereine im Dorf und aus der Region, die aus dem Reinerlös nachhaltig Unterstützung erfahren. Aber auch Einzelpersonen immer wieder das Jahr hindurch. Familien, die am Rande oder unter dem Existenzminimum leben und nicht wissen, womit die Krankenkasse bezahlen. Oder die Rechnung für eine Zahnkorrektur. Möglichst schnell und unbürokratisch helfen zu können, nicht Armut heilen, aber immerhin Not lindern vielleicht – da erscheinen die Worte von Uschi Kaufmann in einem ganz besonderen Bild, wenn sie eben sagt: «Hier zu arbeiten ist das Beste, das ich je machen konnte.» Sie spricht davon, mit dem persönlichen Engagement etwas weitergeben zu können. Vielleicht auch ein Stück vom Glück, das einem das Leben beschert hat. Ein solches Credo schreibt sich der Gemeinnützige Frauenverein Möhlin generell auf die Fahne: das soziale Engagement. Seit Anbeginn zeichnet der Verein für die Trägerschaft der Brockenstube verantwortlich und entscheidet jeweils über die Vergabe von Geldern aus dem Reinerlös. Kaufmann ist seit der ersten Stunde dabei. Anneliese Hirzel kam vor zwei Jahren hinzu. «Zu sehen, wenn jemand hier in der Brockenstube etwas findet, das er gebrauchen kann. Das macht unglaublich Freude», sagt sie und liefert damit die Erklärung, dass nicht bloss der Reinerlös aus dem Verkauf viel bewegen kann. So viele Gegenstände, die sonst irgendwo entsorgt würden, stattdessen nochmals über den Ladentisch gehen und so dem Kunden ein Lächeln ins Gesicht zaubert – soll noch einer sagen, die Brockenstube mache niemanden reich. Was hier über die Theke geht, kostet nicht viel. Was man damit aber in den letzten zwanzig Jahren erreicht hat – das ist schlicht unbezahlbar.


Jubiläumsfest am 25. November
Einer der treibenden Kräfte für die Realisierung der Brockenstube «Uf Schalle» in Möhlin war Heinz Richner. Er zeichnete sich auch als erster Leiter verantwortlich. Von ihm übernahm Uschi Kaufmann später das Amt. Das Team der Brockenstube besteht aus rund 26 Personen, wovon regelmässig sieben bis acht Männer. Geöffnet ist die Brockenstube jeweils mittwochs von 14.30-18 Uhr und samstags von 9-12 Uhr. AmSamstag, 25. November, findet das Fest anlässlich des 20-Jahre-Jubiläums statt. Die Ryburger Tambouren treten auf und den Kunden wird Kaffee und Kuchen sowie ein Mittagessen offeriert. «Auch wollen wir die Kunden mit einem kleinen Präsent überraschen», sagt Uschi Kaufmann. (rw)


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