Budgetberatung als Herkulesaufgabe

  22.11.2017 Gansingen, Finanzen

AARAU. Auch im 2017 ist die Budgetberatung eine schwierige Aufgabe. Dies war schon seit Anfang Jahr bekannt. Die Sanierungsmassnahmen wurden von der Regierung ab Sommer immer bekannter und alle Fraktionen haben sich auf die Sitzungen im November gut vorbereitet und ihre eigenen Schwerpunkte festgelegt. Das sich abzeichnende strukturelle Defizit von 250 Millionen Franken pro Jahr muss irgendwie verhindert werden. Ob aber durch höhere Einnahmen und Erhöhung der Steuern, oder durch Einsparungen, da scheiden sich die Geister doch gewaltig. Bevor der Showdown beginnen konnte, wurde Frau Prof. Dr. Andréa Belliger als neues Mitglied des Bankrates der AKB in Pflicht genommen. Die von der Regierung vorgeschlagene und an der letzten Sitzung Gewählte, wird den Bankrat als einzige Frau mit ihrem Wissen digitale Transformation sicher gut ergänzen.

Bewilligung der Nachtragskredite für 2017
Bei der Sammelvorlage für Verpflichtungskredite und Nachtragskredite 2017 ging es um einen Verpflichtungskredit für das Pilotprogramm Integrationsvorlehre INVOL, einen Zusatzkredit für die archäologischen Grabungen, einen Nachtragskredit Strafverfolgung und Spitalfinanzierung sowie für die Denkmalpflege. Gegenüber den Vorjahren (46 – 62 Millionen) waren dieses Mal nicht einmal 10 Millionen Franken zu bewilligen. Die Integrationsvorlehre wird grösstenteils durch den Bund finanziert. Die INVOL ist eine einjährige vorbereitende Ausbildung und somit ein Brückenangebot in die Berufsbildung. Neben der Sprachförderung und der Vermittlung von berufsfeldbezogenen Kompetenzen ist auch der Erwerb von Methoden-, Sozialund Selbstkompetenzen Teil der IN-VOL. Gespart wurde 2017 im Bereich der Prämienverbilligung. Der zu erwartende Nettoaufwand im Bereich der Prämienverbilligung fällt um rund 20 Millionen Franken tiefer aus. Die Anzahl Personen, welche Prämienverbilligung beziehen, ist mit 143 600 Personen praktisch gleich dem Budgetwert von 150 000. Das heisst, mit den gewählten Berechnungsparametern wurden die potenziell anspruchsberechtigen Personen erreicht, indes ist die Höhe der durchschnittlichen Prämienverbilligung tiefer wie angenommen. Damit konnten die Mehrkosten im Spitalbereich von 28 Mio. beinahe kompensiert werden.

Sanierungsmassnahmen 2018
Das Zurückbezahlen der Schulden soll ausgesetzt werden können. Das hat der Grosse Rat mit 87 zu 46 Stimmen nach einer hitzigen Debatte beschlossen. Es geht um rund 41 Millionen Franken pro Jahr. Konkret schuf der Grosse Rat die Rechtsgrundlage, um die Schuldentilgung der «Spezialfinanzierung Sonderlasten» bis zu vier Mal unterbrechen zu können. Auf diese Weise kann der Staatshaushalt entlastet werden. Der Vorschlag des Regierungsrats stiess bei den Parteien auf wenig Begeisterung. Allerdings gab es mehrheitlich eine Einsicht, dass der Kanton angesichts seiner angeschlagenen Finanzen in den sauren Apfel beissen muss. Der Kanton erhält so etwas Luft und Handlungsfreiheit. Eine weitere Massnahme betraf die Gebühren für Steuermahnungen. Im Mahnwesen wird der Kanton kostendeckende Gebühren einführen. Das beschloss der Grosse Rat mit 113 zu 17 Stimmen. Im Gegensatz zu anderen Kantonen erhebt das Kantonale Steueramt für Mahnungen und Betreibungen bislang keine Gebühren. Im Einzelnen geht es um eine Gebühr von 35 bis 100 Franken. Das ergibt Gebühreneinnahmen von 5 Millionen Franken pro Jahr. Diese Einnahmen sollen auf den Kanton und die Gemeinden mit einem Schlüssel 60:40 verteilt werden.

Budgetberatung
Die bürgerliche Mehrheit im Parlament will auf alle Fälle ein Defizit verhindern. Der Weg dazu ist lang. Das Parlament hat erste Sparentscheide gefällt. Kräftig sparte der Grosse Rat bei der Intensivweiterbildung für Lehrpersonen. Das Angebot wird nach 40 Jahren zu Beginn des kommenden Schuljahres 2018/19 ersatzlos gestrichen. Dies beschloss das Parlament mit 67 zu 63 Stimmen. Vergeblich versuchten Bildungsfachleute der SP, CVP und anderen Mitteparteien dies zu verhindern. Weiter diskutierte der Grosse Rat ausführlich über den sogenannten Mutationseffekt. Es geht dabei um Auswirkungen, dass ein neuer, jüngerer Angestellter zu geringeren Lohnkosten führt als ein älterer Mitarbeiter, der kündigt oder in die Pension geht. Der Grosse Rat beschloss mit 89 zu 42 Stimmen, den Mutationseffekt nicht mehr in die Berechnung der Lohnsumme miteinzubeziehen. Der Mutationseffekt schlägt für das Jahr 2018 mit 10,7 Millionen Franken zu Buche.

Die Diskussionen ums Budget 2018 werden am kommenden Dienstag fortgesetzt. Dann geht es auch um die Fragen, ob die Lohnsumme für die Staatsangestellten und Lehrpersonen erhöht werden soll. Für die Zeit ab 2019 steht zudem eine Steuererhöhung im Raum.


KOMMENTAR
«Sparen» am richtigen Ort

Ein ausgeglichenes Budget für 2018 und die Planjahre ist nur mit grosser Anstrengung und Sparwillen zu erreichen. Nach 3 Sparrunden tut jede der Massnahmen auch weh. Trotzdem müssen neue oder höhere Gebühren und auch Reduktionen gut überlegt und vertretbar sein. Mühe habe ich dort, wo Sachen abgeschafft werden die sich bewährt haben, wie die Intensivweiterbildung der Lehrpersonen.

Der Aargau hat mit verschiedenen Instrumenten wie Schuldenbremse und Schuldentilgung gute Instrumente, dass die Schulden begrenzt bleiben. Die Sonderlasten aus der Ausfinanzierung der Pensionskasse und für die Sanierung der Sondermülldeponie Kölliken sowie andere Schulden konnten in den vergangenen 12 Jahren um rund 2 Milliarden Franken abgebaut werden. Nun macht es ja wohl kaum Sinn Schulden abzuhaben und damit wieder neue Schulden zu generieren. Mit der Schuldenbremse wirkt sich dies dann gleich doppelt schlecht aus. Eine Aussetzung der Schuldenabtragung ist beschränkt sicher tolerierbar. Die Neukonzessionierung des Kraftwerks Klingnau kommt gerade im richtigen Zeitpunkt. Mit der Kombination des Ausgleichstopfes, können diese Millionen gut über mehre Jahre helfen, einen ausgeglichenen Rechnungsabschluss zu erreichen bis alle Sanierungsmassnahmen greifen.

MARTIN STEINACHER,

GANSINGEN


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