«So hoch man auch steigt, im Geist ist man doch nur halb auf dem Baum»

  20.11.2017 Magden

Theater Magden bietet dem Publikum Unterhaltung und Denkstoff

In Peter Ustinovs Komödie «Halb auf dem Baum» entlarvt ein grossartiger Hansjörg Adler als General Fitzbuttress die Selbstbezogenheit seiner «Hippie»-Kinder. Nach den ersten beiden Aufführungen kann man das Stück am 22., 24. und 25. November nochmals sehen.

Clara Rohr-Willers

Als sei er aus dem Hippie-Musical «Hair» in den Magdener Gemeindesaal 2017 geschlüpft, begrüsst der Schauspieler und Regisseur Roland Graf singend das Publikum mit «I got life, sister, I got love, brother». Viel Leben und Liebe, das bietet das Theater Magden einem gut gelaunten Publikum an der Premiere am Samstagabend. Wer aber denkt, dass es in diesem Stück um eine weitere Glorifizierung der 68er gehe, täuscht sich. Peter Ustinov nimmt in bekannter englischer Manier auch diesen «Way of Life» gewaltig aufs Korn.

Figuren mit Tiefgang
«Mich faszinieren Rollen, die nicht eindimensional sind, sondern einen Abgrund haben», sagt Roland Graf, verantwortlich für die künstlerische Leitung des Theaters Magden und denkt dabei an Figuren wie den Detective Trotter in Agatha Christies Stück «Die Mausefalle» (Spielzeit 2015). «Es ist eine Herausforderung, die verschiedenen Gesichter einer Person glaubhaft zu spielen», stellt Roland Graf fest. Nach den erfolgreichen Aufführungen der letzten Jahre ist klar, dass das hiesige Publikum sowohl heitere Stücke als auch anspruchsvollere Werke schätzt. So sind auch die Figuren in Peter Ustinovs «Halb auf dem Baum» keine Klischees ihrer selbst, sondern Menschen mit Ecken und Kanten.

Verkehrte Welt
1967 kehrt General Sir Mallalieu St. John Fitzbuttress von seinem langjährigen Auslandsposten zurück, wo er «gegen die britische Regierung kämpfte». Seine ganze Familie findet er wortwörtlich in anderen Umständen vor. Gattin Doris verheimlicht ihm seit einem Vierteljahrhundert eine Liebschaft mit dem Nachbarn und mimt die aalglatte Ehefrau. Sohn Robert flog von der Universität, weil er sich öffentlich gegen das Establishment aussprach und die schwangere Tochter Judy erinnert sich nicht mehr an den Vater ihres Kindes. Als wahre Hippies werfen die beiden dem Vater vor, der «veraltete General» repräsentiere alles, was junge Menschen krank mache.

Zur Überraschung verhält sich der General nach dem Coming-out seiner Familie anders als erwartet. Anstatt brüskiert an die Decke zu gehen, findet der gewiefte Stratege eine bessere Lösung und steigt auf den Baum.

Generationenkonflikt wie wir ihn alle kennen
Die Komödie «Halb auf dem Baum» zeichnet mit viel Wortwitz und Ironie einen Generationenkonflikt, der in seinen Themen auch heute gültig ist. Wer kennt nicht das Gefühl, die eigenen Eltern in ihren Denk- und Eigenarten zu belächeln? Wer war nie der Überzeugung, dass die ältere Generation mit ihren Vorstellungen rückständig sei? Peter Ustinovs Kunst ist es, auf britische Art die Figuren in ihrem Egoismus und ihrer Selbstbezogenheit zu entlarven, ohne verletzlich zu werden. Das Theater Magden zeigt dem Publikum im Stück «Halb auf dem Baum», dass wir alle im selben Boot sitzen und das Gefühl der Freiheit oft ein flüchtiges ist.

Das Stück «Halb auf dem Baum» wird am 22., 24. und 25. November jeweils um 20 Uhr im Gemeindesaal Magden nochmals gezeigt.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote