Seine grosse Leidenschaft

  31.07.2017 Persönlich, Rheinfelden, Porträt, Unteres Fricktal

Von Hildegard Siebold

 

Das erste, was bei der Begegnung mit Marcel Schlienger ins Auge sticht, ist sein unbändiger Humor. Er ist eine Frohnatur, ansteckendes Lachen begleitet seine Worte, wenn er von seinem Garten und aus seinem Leben erzählt. Denn nach 41 Jahren Arbeit als Gärtner bei der Reha Rheinfelden ist es sein Park geworden. Alles trägt seine Handschrift: Die bunten Blumenwiesen, die stattlichen Bäume, die blühenden Sträucher und die Kleinstrukturen. Etwa die von Marcel Schlienger angelegten Bollensteinhaufen, in denen Eidechsen ihre Heimat gefunden haben. Oder die Asthaufen, die Igeln und anderen Kleintieren ein Zuhause geben. Eine ganz besondere Pracht ist das von Schlienger gebaute Wildbienenhaus, das Nistmöglichkeiten für unterschiedlichste Bienen bietet. Voller Stolz zeigt der Gartenfachmann, so darf er sich mit Fug und Recht nennen, auf das grosse Vogelbad aus Stein, auf den Spielplatz und die Treppe, die er mit eigenen Händen angelegt hat. Marcel Schlienger liebt den Garten der Reha und er betreut ihn mit großem Engagement. «Die Begeisterung kommt mit dem Können», sagt er. Und die Erfahrung helfe einem weiter, mache die Sache leichter. Leicht war es sicherlich nicht immer in den vergangenen 41 Jahren. Er erinnert sich noch genau an seinen ersten Arbeitstag in der Reha Rheinfelden. Das war am 1. Juli 1976. «Die Arbeit war mir vertraut», sagt er.  Schliesslich hatte er bis dahin zwei Jahre lang die Grünanlagen im Rheinfelder Stadtteil Augarten gepflegt und war schon von Kindesbeinen an mit der Natur vertraut.

 

Einen Tag nach dem Einstellungsgespräch trat er die neue Stelle an

Er wuchs mit elf Geschwistern auf einem Bauernhof in Wegenstetten auf. Da galt es mitanzupacken draussen in der Natur. Als Jugendlicher half er zudem in einer Baumschule aus und verdiente sich ein paar Franken Sackgeld. Als er das Stelleninserat der Reha entdeckte, rief er dort an. Sein Projekt im Augarten war befristet und lief gerade aus. Da passte die Suche der Reha nach einem Gärtner wunderbar. Und er passte der Reha wunderbar, seine Erfahrung überzeugte. Schon einen Tag nach dem Einstellungsgespräch trat er seine neue Stelle als Gärtner der Reha an. Nur die Arbeit in den beiden grossen Treibhäusern war für Schlienger neu. «Ein grosser Teil des Parks war Gärtnereiareal», erinnert er sich. Geranien, diverse Sommerblumen, Tomaten, Gemüse und Schnittblumensetzlinge wurden gezogen und rund 500 Weihnachtssterne, die in der Adventszeit im Verkaufsladen über die Theke gingen. Es gab grosse Wiesenflächen mit Apfelbäumen. Kunstdünger und Herbizide gehörten damals einfach dazu, man wollte einen Rasen ohne blühende Beikräuter, weil man befürchtete, die Bienen könnten die Patienten in die Füsse stechen. Für all diese Aufgaben stand nur ein kleiner Maschinenpark mit Rasenmäher, Heckenschere und Bodenfräse zur Verfügung. «Für den Abtransport diverser Waren gab es einen Wagen, den wir zu zweit von Hand ziehen mussten», erinnert er sich.

 

Würdigung seiner Arbeit

Als sein Chef in den Ruhestand ging, übernahm Schlienger 1988 die Verantwortung für den Park. «Ein wenig Nerven brauchte das schon, aber ich habe mir nichts anmerken lassen», schmunzelt er. Chef werden sei das Beste gewesen, was er machen konnte. Trotzdem war es eine Erleichterung, als anno 2000 die Treibhäuser zu Gunsten des Neubaus des Physio-Gebäudes abgerissen wurden. «Mit den Treibhäusern und der Gärtnerei war es bisweilen schon ein Sau-Stress», sagt Schlienger.  Heute zeigt sich der Park in einem ganz anderen Gesicht. Grossen Anteil an der Veränderung hatte Marcel Schlienger. Er setzte auf einen naturnahen Garten. Möglichst viele einheimische Sträucher und Bäume, bunte Blumenwiesen, Kunstdünger oder Chemie nur im Notfall, keinerlei Unkrautvernichter. Das Konzept sollte sich auszahlen: 2007 wurde der Park erstmals mit dem Qualitätssiegel ausgezeichnet, 2012 und 2017 folgten die Rezertifizierungen. Darauf ist Marcel Schlienger  schon stolz, schliesslich ist damit seine Arbeit in den vergangenen 41 Jahren gewürdigt worden. Am 21. September wird er 63 Jahre. Ans Aufhören denkt er noch keine Sekunde. «Das ist überhaupt kein Thema für mich», versichert er und fügt hinzu: «Ich liebe meinen Job, s’isch alles guet.»

 

Die Natur ist sein Zuhause

Er möchte bis zu seiner Pensionierung gesund dabei sein, weiterhin gute Arbeit für die Reha Rheinfelden leisten und vielleicht noch einen Naturteich auf den Weg bringen. «Der fehlt in unserem Naturpark noch», findet Schlienger. Und weil sein Beruf gleichsam sein Hobby ist, hat er auch zuhause in Hellikon einen Gemüsegarten – samt kleinem Hühnerhof. «Für mich gibt es nichts Schöneres, als frisches Gemüse aus dem eigenen Garten zu holen», sagt er. Und wenn er gerade mal nicht gärtnert, dann ist er mit seiner Frau Dorothea draussen in der Natur unterwegs oder geniesst das Familienleben mit Sohn Matthias und den Töchtern Daniela und Susanne. Und dann ist da ja noch die vierjährige Leonie, Marcel Schliengers erstes Enkelkind.


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