Der Retter des Helliker Totenapfels

  11.05.2017 Hellikon, Persönlich, Porträt, Unteres Fricktal

Von Valentin Zumsteg

Der Helliker Totenapfel lässt sich Zeit. Der Baum ist im Frühling immer einer der letzten, der Blätter bekommt und blüht. Dies erzählt Amandus Brogle. Zusammen mit dem Naturschutzverein Hellikon darf Brogle als Retter dieser besonderen Apfelsorte bezeichnet werden.

 

«Kulturgut für die Nachwelt erhalten»

Vor ein paar Jahren gab es nur noch einen einzigen Baum, der den Helliker Totenapfel trug. «Wäre dem Baum etwas passierte, gäbe es die Sorte heute nicht mehr», so Brogle. Er nahm sich der Sache an und sorgte dafür, dass dieser Apfel eine Zukunft hat. In einer ersten Aktion konnten in Hellikon und Möhlin rund 20 neue Bäume gepflanzt werden. Dazu wurde die Sorte auf junge Bäumchen gezweit.

Diesen Herbst sollen nochmals rund 20 Bäume dazu kommen. «Es ist uns ein Anliegen, dieses Kulturgut für die Nachwelt zu erhalten. Mit den bald 40 Bäumen haben wir eine Basis gelegt, dass es diese Sorte künftig noch geben wird», erzählt der 61-Jährige. Doch damit ist für ihn die Arbeit noch nicht getan. Er probiert immer wieder Neues aus, um herauszufinden, wie man den Apfel nutzen kann. «Er schmeckt etwas säuerlich. Es ist eher ein Most- als ein Tafelapfel. Im vergangenen Jahr habe ich einen sortenreinen Most gemacht, der sehr gut ist.» Gedörrt schmecke der Apfel ebenfalls ausgezeichnet. «Ich finde es wichtig, dass die Sorte nicht nur erhalten, sondern die Früchte genutzt werden», erklärt Brogle.

 

Woher kommt der Name?

Woher die Bezeichnung  Helliker Totenapfel  stammt, weiss man heute nicht mehr genau. Es gibt eine Theorie, wonach der Name etwas mit dem Helliker Schulhausunglück von 1875 zu tun haben soll. Damals brach bei einer Weihnachtsfeier ein Treppenhaus ein. 76 Menschen starben, darunter sehr viele Kinder. Amandus Brogle glaubt aber nicht an diese Erklärung. «Das halte ich für unwahrscheinlich. Die Sorte ist älter. Ich glaube nicht, dass man einen Apfel zum Gedenken an ein Unglück benannt hat. Wahrscheinlicher ist aus meiner Sicht, dass der Helliker Totenapfel so genannt wurde, weil der Baum immer spät austreibt und daher im Frühling für „tot“ gehalten wurde.» Herausfinden wird man es wohl nie mehr genau.

Doch das ist eigentlich egal. Amandus Brogle freut sich, dass die Rettungsaktion bisher gelungen ist. Ein Exemplar des Baums wächst heute sogar in Cuxhaven (D). «Das ist eine lustige Geschichte: Ein Deutscher hatte über unsere Aktion gelesen und fragte an, ob wir ihm einen Trieb für seinen Obstgarten schicken. Das habe ich getan. Jetzt gedeiht der Helliker Totenapfel auch an der Nordsee.»

 

«Viel im Garten»

Die Natur ist Brogle schon seit Kindsbeinen ein steter Begleiter. Er wuchs auf einem Bauernhof in Wegenstetten auf. «Ich habe mich immer für Pflanzen interessiert und war viel im Garten.» Bei der Berufswahl musste er nicht lange überlegen: Er machte eine Gärtnerlehre. Später wurde er als Gärtner bei einer Agroforschungsfirma eingestellt, wo er heute noch als Laborant tätig ist. Zusammen mit seiner Frau wohnt er seit vielen Jahren in einem schönen Haus am Dorfrand von Hellikon. Hier kann man den Blick ins Grüne schweifen lassen. «Die Natur gibt mir sehr viel. Ich bin oft draussen und erlebe schöne Momente. Kein Tag ist gleich. Man sieht immer wieder Neues.»

Während Jahrzehnten war er Präsident und treibende Kraft des Naturschutzvereins Hellikon. Auch heute noch engagiert er sich im Vorstand und ist für Projekte zuständig. Viele Stunden investiert er in Naturschutz-Projekte, um im Kleinen etwas zu verbessern. «Viele verstehen die Zusammenhänge in der Natur nicht», sagt Brogle. Der Umgang der Menschen mit der Natur gibt ihm zu denken: «Es macht mir Sorgen, wenn der Regenwald aus wirtschaftlichen Gründen im grossen Stil abgeholzt wird. Das hat Auswirkungen auf das Klima weltweit.» Aber auch bei uns könne man mehr für die Natur tun.

Neben dem Naturschutz sind das Velofahren und das Fotografieren zwei weitere grosse Hobbys. In den Sommermonaten fährt er oft mit dem Velo zur Arbeit nach Stein. Pro Saison spult er locker 5000 bis 6000 Kilometer ab. Auch auf dem Velo kann er die Natur, die ihm so wichtig ist, erleben. Und natürlich freut er sich auf die Apfelernte im Herbst – vor allem, wenn es viele Helliker Totenäpfel gibt.


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