Die Juden wurden im Fricktal nur geduldet

  27.05.2016 Aargau, Rheinfelden, Nordwestschweiz, Olsberg, Kultur, Unteres Fricktal

Von Valentin Zumsteg

Die Juden waren im Fricktal immer nur eine verschwindend kleine Minderheit: «Mehr als 60 oder 70 Personen jüdischen Glaubens haben niemals gleichzeitig hier gelebt», erklärt Diemuth Königs. Die Olsberger Historikerin und Autorin widmet sich in ihrem neuen Buch der Geschichte der Juden in den Bezirken Laufenburg und Rheinfelden.

 

«Es war ein Abenteuer»

Auf das Thema kam sie per Zufall: Als sie vor Jahren das Buch «Die Zisterzienserinnen in Olsberg – Die Geschichte des Klosters Hortus Dei» schrieb, stiess sie auf Geschäftsverbindungen zwischen Olsberger Klosterfrauen und einer Jüdin. «Das hat mich überrascht. Ich wollte deshalb herausfinden, ob es Juden im Fricktal gegeben hat», erzählt Königs. Über zwei Jahre lang recherchierte sie in Archiven im In- und Ausland. Sie studierte Judenordnungen, Kirchenbücher, Gerichts- und Ratsprotokolle aus 600 Jahren.

«Es war ein Abenteuer. Diese Grundlagenarbeit hat sich aber gelohnt. Bis jetzt gibt es keine gründliche Abhandlung über das Thema.» Insgesamt viereinhalb Jahre lang hat sie am Buch gearbeitet, das unter dem Titel «Juden im Fricktal – Geschichte einer Minderheit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert» am 23. Juni im Schwabe-Verlag erscheinen wird.

 

«Die Schicksale haben mich berührt»

Es gab unterschiedliche Phasen im Verhältnis zwischen Einheimischen und Juden, erfreulich war es jedoch selten, wie Königs feststellte: «Angezogen durch neue Märkte und die judenfreundliche Politik der österreichischen Herzöge kamen Ende des 13. Jahrhunderts jüdische Geldverleiher und Kaufleute nach Laufenburg und Rheinfelden. Bis zu den Pestpogromen in der Mitte des 14. Jahrhunderts sind hier keine Übergriffe dokumentiert», schildert sie. Danach verschlechterte sich die Situation. «In Rheinfelden führte um 1650 die Verschuldung eines grossen Teils der Bürgerschaft bei drei jüdischen Händlern zu Spannungen, die sich in einer konzentrierten Aktion von Geistlichen und Bürgern entluden», so Königs.

Für die lokale Wirtschaft und die Versorgung der Bauern waren die jüdischen Waren-, Pferde- und Viehhändler von Bedeutung. «Die Schicksale dieser Händler, oft arme Teufel, haben mich berührt. Insgesamt wurden die Juden als unwillkommene Fremde betrachtet», berichtet Königs. Das gilt nicht nur für das Mittelalter: «Eine solche Haltung findet sich bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts. Sie äusserte sich in Laufenburg und Rheinfelden in kleinlichen Schikanen  und Denunziationen gegen die wenigen dort niedergelassenen jüdischen Kaufleute und Viehhändler.»

Mit ihrem Buch will Diemuth Königs eine möglichst breite Leserschaft ansprechen und auf einen Aspekt der Fricktaler Geschichte hinweisen, der bislang kaum beleuchtet wurde.

 

Das Buch «Juden im Fricktal – Geschichte einer Minderheit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert» erscheint am 23. Juni im Schwabe-Verlag. Die Vernissage wird am 29. Juni um 19.30 Uhr im Fricktaler Museum in Rheinfelden durchgeführt. Für die musikalische Umrahmung sorgt Teddy Ezra (Klarinette).


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote